Herbert Motter

Vom Prinzip Hoffnung zum Bildungsmonitoring

Mai 2017

Für Christoph Jenny, Bildungssprecher in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, ist angesichts des aktuell schlechten Abschneidens Vorarlbergs bei den bundesweiten Bildungsstandards ein transparenterer Umgang mit den Ergebnissen unerlässlich. Er fordert ein „Bildungsmonitoring“ für Vorarlberg und damit einen offeneren Umgang mit Bildungsdaten.

Es gibt schlechtere Ratgeber als das Bauchgefühl. Allerdings auch bessere, deutlich bessere. Wer gute Bildungsstrukturen will, braucht gutes Monitoring. Ein strategisch klug aufgesetztes Bildungsmonitoring ist die Basis für Steuerung und Qualitätskontrolle. „Daran führt aufgrund der jüngsten Resultate aus den Bildungsstandards kein Weg vorbei“, ist Christoph Jenny von der Wirtschaftskammer überzeugt. Jedes Unternehmen beschäftige sich mit Kennzahlen, über die dann der Unternehmenserfolg definiert wird. Im Bildungsbereich warte er vergebens darauf. Evaluation gehöre dort nicht zur üblichen Vorgehensweise.

73.000 Schüler der achten Schulstufe wurden zuletzt österreichweit in den Kompetenzbereichen Lesen, Schreiben, Sprachbewusstsein und Zuhören getestet. Mit unerfreulichen Ergebnissen für Vorarlberg. Hierzulande – über 3700 Schüler absolvierten die Tests – erreichten nur 27 Prozent die gewünschten Standards. Vorarlberg ist damit mit Wien Schlusslicht.

Es passiert zu wenig

Seit 2012 werden in Österreich Schüler der vierten sowie der achten Schulstufe im Rahmen der Bildungsstandards in den Gegenständen Deutsch, Mathematik und Englisch getestet. Auch wenn die Sinnhaftigkeit solcher Vergleichstests immer wieder infrage gestellt wird, sind sie ein nicht zu unterschätzender Indikator für den Leistungsstand der Jugendlichen. „Seit Jahren hinken die Bildungserfolge unserer Kinder und Jugendlichen in internationalen und nationalen Vergleichstests hinterher. Besonders störend daran ist, dass nach einer Schrecksekunde die Ergebnisse zwischenzeitlich mit ein paar Erklärungsversuchen zur Kenntnis genommen werden, bevor dann auch schon wieder zur Tagesordnung übergegangen wird“, stellt WKV-Bildungssprecher Christoph Jenny kritisch fest.

Was bei den Bildungsstandards nicht gelungen ist, erhoffen sich Vorarlbergs politische Bildungsverantwortliche wie auch die Schulaufsicht nun bei der derzeit laufenden Zentralmatura – nämlich bessere Resultate. Die spürbare Nervosität sei darauf zurückzuführen, dass auch am Ende des Gymnasiums kaum zählbare Erfolge aufscheinen. Im vergangenen Jahr schafften es mehr als 33 Prozent aller angetretenen Schüler an den 14 Gymnasien nicht, eine positive Klausur bei der Zentralmatura zu schreiben. Eine desaströse Leistung.

Maßnahmen kommen offensichtlich nicht an

Erstaunt zeigt sich Jenny über die Aussagen der Bildungsverantwortlichen, dass ihnen die Stellschrauben bekannt seien und man sich beim nächsten Mal bessere Ergebnisse erwarte. „Daran wird ersichtlich, dass in der Vorarlberger Bildungspolitik weiter das Prinzip der Hoffnung regiert. Die Stellschrauben zu kennen ist das eine, an ihnen richtig zu drehen das andere.“ Die Politik investiere, so der WKV-Bildungssprecher, zweifellos viel in die Rahmenbedingungen – es wurde das VS-Paket geschnürt, die neue Mittelschule umgesetzt – und trotzdem lassen die Erfolge beziehungsweise positiven Ergebnisse zu wünschen übrig. Das kann nur bedeuten, dass die Maßnahmen nicht in den einzelnen Schulen ankommen. „Aus unserer Sicht muss daher an den Schulen und damit auch bei den Lehrpersonen angesetzt werden. Die Schulen im Land brauchen offensichtlich mehr Unterstützung, und zwar in ihrer individuellen Schulentwicklung“, erklärt Jenny. 

Transparentes Bildungsmonitoring statt Geheimniskrämerei

Schulentwicklungsprozesse machen aber auch nur dann Sinn, wenn sie in den einzelnen Schulen evaluiert werden. Dazu braucht es mehr Transparenz. Jenny kritisiert, dass die Wirkung von Maßnahmen zu wenig aufgearbeitet werde. So wisse man etwa nichts über Erfolge durch das Volksschulpaket von 2013. Die aktuellen Tests lassen darauf jedenfalls keine Rückschlüsse zu, im Gegenteil. Vielmehr müsse man in die Schulen genau hineinschauen, um feststellen zu können, warum die einen besser oder schlechter sind als andere.

Dazu soll laut Jenny ein Bildungsmonitoring, heruntergebrochen auf die Regionen im Land, installiert werden, das über einen kontinuierlichen und systematischen Prozess die Erfassung, Auswertung und Darstellung von Daten erlaubt. Nur so würden nützliche Aussagen zur Bildungssituation und Bildungsqualität in einem Bildungssystem möglich. Nur so könne man sich verbessern, allerdings immer unter der Voraussetzung von Evaluierungen auf transparente Art und Weise. Dazu folgend braucht es konkrete Ziele sowie Maßnahmen. Und das permanent. Christoph Jenny kann sich zudem vorstellen, nationale wie internationale Schulexperten, die bewiesen haben, wie es gehen kann, als professionelle Entwicklungsbegleiter in Vorarlbergs Schulen einzusetzen.   

Neben einer aktiveren Begleitung der Schulen in ihrer Entwicklung müsse der Umgang mit den Ergebnissen solcher Vergleichstests rasch ein anderer werden: „Die bisher immer praktizierte Geheimniskrämerei bringt uns nicht wirklich weiter. Gerade Schulen, die eine gute Arbeit machen und mit ihren Schülern auch entsprechende Bildungserfolge erzielen, haben sich mehr Transparenz und eine Würdigung ihres Engagements verdient. Das erzeugt Wettbewerb und erhöht den Druck auf andere, es ihnen gleichzutun“, ist WKV-Bildungssprecher Jenny überzeugt.

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