Martina Strolz

* 1971 in Bregenz, Ausbildung zur Grafikerin in der Werbeakademie in Wien, Agenturjobs in Wien und Bregenz, danach selbstständige Grafikerin. Seit 1998 unterstützende Tätigkeiten im Gastronomiebetrieb ihres Mannes, zwei Kinder, lebt in Lochau und Lech.

(Foto © Roswitha Schneider)

Als ob du jetzt ein Buch verlegst

November 2018

Wenn Karl geahnt hätte, was ihn hinter der ominösen Türe erwartet, die jeden Tag in einem anderen Stockwerk des Hotels auftaucht, hätte er den Schlüssel vielleicht nicht genommen. Jetzt aber steckt er schon viel zu tief in der geheimnisvollen Geschichte von Omnia, der Welt hinter der Türe. Als die ätherische Königin Mimosa ihm eine ihrer Tränen gibt und ihn um Hilfe bittet, ist klar: Nun gibt es kein Zurück mehr. Es tun sich Hindernisse auf, die kaum zu überwinden sind. Zum Glück gesellen sich Karls Schwester Alma und ein paar seltsam anmutende Gestalten aus Omnia an seine Seite. Und das ist gut so, denn das Grauen ist Karl und seinen Gefährten dicht auf den Fersen und hat nur ein Ziel: Karl zu stoppen – koste es, was es wolle. Eine fesselnde Geschichte von zwei Welten, die einander brauchen, um bestehen zu bleiben.“

So lautet der Klappentext meines ersten All-Age-Romanes, der vor zwei Wochen erschienen ist, und doch fast NICHT erschienen wäre. Vor genau einem Jahr durfte ich hier an dieser Stelle schon einmal über das Schreiben schreiben. Damals stand ich mitten im Trubel zwischen einer Korrektorin, die sich bei der Beseitigung meiner Freestyle-Beistrichsetzung sämtliche Haare ihres Wuschelkopfes raufte, und dem Versuch von diversen Lektoren, ein Feedback zu meinem Manuskript zu ergattern, was einem Tanz auf rohen Eiern sehr nahe kam: anrufen darf man nicht, mailen darf man nicht, hinfahren nach Hamburg oder Leipzig schon gar nicht – so lauten zumindest die schriftlichen Anweisungen der Verlags-Websiten bei Manuskripteinreichungen.

Zwischendurch kamen immer wieder aufmunternde Worte aus den Lektoraten: „ich habe mich so wohl gefühlt mit Ihrer Geschichte“, „ich habe mich festgelesen“, „das gehört auf alle Fälle veröffentlicht.“ Verbunden waren diese Seelenschmeichler leider trotzdem mit Absagen: „wir haben gerade etwas Ähnliches verlegt“, „so dicke Bücher geben wir nicht heraus“, „wir verlegen nur gänzlich problemfreie Plots.“ 

Eine Lektorin erklärte mir gar, nach Vorgabe ihrer Marketingabteilung müsste sie im Moment nach einem Roman suchen, dessen Protagonistin ein Mädchen sei, ein geheimnisvolles Portal samt damit verknüpfter Liebesgeschichte enthielte und dass das gesuchte Werk 175 Seiten keinesfalls übersteigen dürfe. Ähm ... damit konnte ich leider nicht dienen. Bei mir versucht Karl in einem schäbigen Hotel in Wien während 400 Seiten die Anderwelt zu retten.
Als endlich Angebote von zwei Verlagen kamen, musste ich ablehnen, weil sie meine Geschichte bis zur Unkenntlichkeit verbogen hätten.
Was tut man in der Situation? Alles hinschmeißen? Mein pragmatischer Mann meinte an einem Morgen, als ich in zunehmendem Frust an die tausend Mal unseren Küchenblock umrundet hatte, bis der völlig konfus war: „Wenn Du jetzt aufgibst, dann ist das so, als wärst Du einen Marathon gelaufen und 200 Meter vor dem Ziel stehengeblieben. Das bereust Du irgendwann.“ Also raffte ich mich auf, schickte den Küchenblock in die Psychiatrie und suchte mir eine Druckerei. 
Wow! Ich konnte nun alles selbst entscheiden! Als Grafikerin gestaltete ich das Cover selbst, machte den Satz, suchte das Papier aus, den Lack, das Format, das Vorsatzpapier, das Lesebändchen, die Größe der Schrift, ... 1000 Entscheidungen. 
Was zuerst noch einen großen Reiz hatte, entpuppte sich bald als große Bürde, denn immer war ich selbst meine letzte Instanz. Das war Herausforderung und Anstrengung in einem. In mir wuchs der Wunsch, zu unserem Küchenblock in die Reha zu fahren um mich an seine warme Seite zu kuscheln.
Um als No-Name in der Flut der Neuerscheinungen nicht unterzugehen, suchte ich nach einer Möglichkeit, die zwei Welten, in denen mein Buch spielt, am Cover optisch darzustellen und nach langem Tüfteln kam mir die zündende Idee: Als Kind der 70er war ich immer schon fasziniert von den kleinen Kippbildern der Bazooka-Kaugummis gewesen. Also ließ ich diese Technik in die Gestaltung einfließen und in einer speziellen Druckerei solche Lentikulardrucke produzieren, welche der Buchbinder in eine tiefgeprägte Aussparung am Cover klebte. Begleitet war dieser Prozess naturgemäß von zahlreichen Komplikationen. Der Küchenblock schrieb mir täglich Karten, ich solle kommen. Aber die Produktion lief, es gab jetzt kein Zurück mehr.
Drei Paletten sind geliefert, stehen in unserer Garage und dezimieren sich flott durch Auslieferungen an den Buchhandel und Online-Bestellungen. Das Abenteuer geht in die nächste Runde, ich arbeite an der Fortsetzung.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.