FAIRantwortung – Gunz und Ölz auf den Spuren ihres Kakaos
Es war eine Reise voller Emotionen und unvergesslicher Eindrücke, die eine Handvoll österreichischer Lebensmittelunternehmen auf den Spuren des Kakaos in die Elfenbeinküste führte. Mittendrin mit Gunz und Ölz zwei Vorarlberger Firmen, die im Zusammenwirken mit der gemeinnützigen Organisation Fairtrade ein gutes Beispiel dafür geben, wie Unternehmertum mit Verantwortung geht.
Kakaofrüchte entstehen nach vier bis acht Monaten Reifezeit aus Kakaoblüten. Sie sind bis zu 25 Zentimeter lang, wiegen rund ein halbes Kilo und werden mit langen, scharfen Messern vom Baum geschnitten. Eingebettet in ein süßsäuerliches weißes Fruchtmus enthalten sie in ihrem Inneren die sogenannte Pulpe: Längliche, mandelförmige Samen, die nach der Fermentierung als Kakaobohnen meist von irgendwo in Westafrika ihre lange Reise hinaus in die Welt antreten. Am Ende dieser Reise hat die Ernte eines Kakaobaumes 25 Tafeln Schokolade ergeben. Ein Stück davon auf unserer Zunge – und wir sind glücklich. Die Bauern in den Hauptanbauländern Elfenbeinküste und Ghana oft weniger. Zu groß ist das Machtungleichgewicht in der Lieferkette. Wenige kakaoverarbeitende Konzerne beherrschen den Markt und diktieren Preise, die kaum zum Leben reichen. Das ist für die Elfenbeinküste als weltweit größtem Kakaoproduzenten besonders dramatisch.
Die Branche ist der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber des Landes. Für 14 Millionen Menschen in ganz Westafrika ist der Kakaoanbau Grundlage ihres Lebensunterhalts. Das jährliche Durchschnittseinkommen der Bauern beträgt knapp 5000 US-Dollar. Existenzsichernd wären 7500.
Im Kampf um ihre Zukunft haben die Bauern mit Fairtrade eine neue Perspektive bekommen. Ein langer, oft beschwerlicher Weg, der aber erste Erfolge zeigt. Mitverantwortlich dafür sind Partner aus der Lebensmittelbranche. Ölz der Meisterbäcker etwa setzt als erste Backwarenmarke weltweit zu 100 Prozent auf Fairtrade-Kakao. „Wir sehen das als klares Bekenntnis zu Menschlichkeit und Gerechtigkeit“, sagt Miteigentümer Florian Ölz. „Mit Liebe backen“, wie es im Slogan des Dornbirner Familienunternehmens heißt, bedeute auch, dies mit Respekt gegenüber den Menschen zu tun, die den Schoko-Genuss überhaupt erst möglich machen.
In dieselbe Kerbe schlägt Gunz-Geschäftsführer Michael Temel. Er hat in der Elfenbeinküste „eine materielle Armut erlebt, die wir mit unseren Worten fast nicht beschreiben können. Unsere gemeinsame Verantwortung ist es, die Menschen dazu zu befähigen, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.“
Ein wichtiger Schritt dabei ist die Zusammenarbeit mit Fairtrade. Ein gemeinnütziger Verein, dessen übergeordnetes Ziel die Minderung von Armut in Asien, Lateinamerika und Afrika ist. Zu den Mitgliedern in Österreich zählen rund 20 Organisationen aus den Bereichen Entwicklungspolitik, Kirche, Umwelt, Verbraucherschutz, Frauen und Soziales – darunter die Caritas, die Volkshilfe oder Global 2000. Fairtrade geht es vor allem darum, die Lebensbedingungen von Kleinbauern und Plantagenarbeitern nachhaltig zu verbessern. Ein zentrales Element dabei ist der Zusammenschluss der Bauern in sogenannten Kooperativen, die mit unseren Genossenschaften vergleichbar sind. „Dazu muss man wissen, dass 90 Prozent des Kakaos aus kleinen Familienbetrieben kommt. Erst in der Gruppe wird es möglich, einigermaßen wirtschaftlich zu agieren“, sagen Cornelia Gruber und Thomas Angerer von Fairtrade Österreich.
Von der Kooperation mit Fairtrade profitieren die Bauern mehrfach. „Als Partner bezahlen wir für den Kakao einen Preis, der existenzsichernd wäre, wenn alle Abnehmer das täten. Zudem verpflichten wir uns zu einer Prämie, mit der die Kooperativen dringend benötigte Projekte finanzieren“, berichtet Michael Temel. Straßen zum Beispiel, Bewässerungssysteme, aber auch Arbeitsgeräte und Transportmittel. Ganz wichtig ist der Bau von Schulen und generell die Aus- und Weiterbildung.
Gunz, ein familiengeführter Lebensmittelvertrieb mit Kunden in 100 Ländern, lässt sich dieses Engagement eineinhalb Millionen Euro im Jahr mehr kosten, als dies am freien Markt der Fall wäre. Wichtig ist Michael Temel aber die Feststellung, „dass wir keine Almosen nach Afrika schicken. Wir bezahlen nur anständige Preise für ehrliche Arbeit.“ Der Wermutstropfen bei der Geschichte: Gerade einmal vier Prozent der weltweiten Kakao-Produktion geht über Fairtrade. „Das zeigt sehr deutlich, wie ein Teil des Wohlstandes in den reichen Ländern nach wie vor auf der Ausbeutung von billigen Arbeitskräften und Rohstoffen beruht. Der Kakao der Elfenbeinküste ist ja leider nur ein Beispiel von vielen.“
Dass man auch mit vergleichsweise wenig viel bewirken kann, war eine weitere Erkenntnis der Reise nach Westafrika. „Wir haben Programme kennengelernt, die die Position von Frauen massiv stärken. Wir haben Kinder gesehen, die unendlich dankbar sind, dass sie in von Fairtrade errichteten Schulen unterrichtet werden. Wir haben hautnah erfahren, welche Fortschritte möglich sind, wenn in die wirklich einfache Infrastruktur investiert wird“, erzählt Michael Temel.
Fortschritte, die sich auch an Zahlen festmachen lassen. Über Fairtrade haben beispielsweise 30.000 Menschen an Schulungen teilgenommen. Sie werden dabei in landwirtschaftlichen Themen genauso unterrichtet wie in Fragen der Buchhaltung. „In kurzer Zeit konnte der Kakaobohnen-Ertrag pro Hektar von 437 auf 625 Kilogramm gesteigert werden. Gleichzeitig hat sich das Einkommen der Bauern um 85 Prozent erhöht“, erklären Cornelia Gruber und Thomas Angerer. In die Freude über den Erfolg mischt sich im selben Moment aber wieder die Sorge. „Unterm Strich ist das immer noch viel zu wenig“, wissen die beiden. Und appellieren an die Konsumenten, ihren Teil beizutragen. „Wir sollten stolz darauf sein, mehr für das Richtige auszugeben. Die Menschen hinter unseren Produkten verdienen es.“
Fotos: © William Devy Kouadio/Fairtrade
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