Kurt Bereuter

56, studierte BWL, Philosophie und Politikwissenschaften. Organisationsberater und -entwickler, freier Journalist und Moderator, betreibt in Alberschwende das Vorholz-Institut für praktische Philosophie.

Journalismus und Demokratie im Spiegel des Vertrauens

Februar 2024

Einer neuen Umfrage des Gallup-Institutes zufolge gibt es einen Zusammenhang von Mediennutzung und der Beteiligung an Wahlen. Es mag jetzt nicht verwundern, dass jene, die Medien stärker nutzen, sich auch eher an Wahlen beteiligen. Ist Demokratie doch eine Regierungsform, bei der sich eine Gesellschaft darauf geeinigt hat, dass die Lenkung durch die Politik vernunftgeleitet sein soll und es einen Austausch von Argumenten wenigstens geben soll. Demokratie muss also durchschaubar und ihre Entscheidungen in der Entstehung nachvollziehbar sein. Damit vernunftgeleitete Entscheidungen durch die Bürgerschaft möglich und akzeptiert werden, bedarf es also guter Argumente und die setzen wiederum Informiertheit der Wählenden voraus.

Vertrauen in Informationen und politische Akteure
Aber auch bei repräsentativen Demokratien ist es entscheidend, dass Wählende gut informiert sind, die getroffenen Entscheidungen gut akzeptieren und deren demokratisches Entstehen respektieren können. Überspitzt formuliert, könnte man theoretisch behaupten, je besser informiert die Wählenden sind, desto eher werden vernunftgeleitete Entscheidungen zustande kommen, beziehungsweise akzeptiert werden. Dass dem aber so ist, braucht es Vertrauen in die Informationen und Vertrauen in die politischen Akteure. Die einen müssen gut recherchiert, gut aufgearbeitet und gut präsentiert werden und die anderen müssen vernunftgemäß agieren. Deshalb gibt es – zumindest theoretisch – in liberalen Demokratien das freie Mandat, bei dem der oder die politisch Verantwortlichen an ihre Vernunft und ihr Gewissen gebunden sind und gerade nicht an ihre Wählerklientel. Auf die werden sie ein Auge werfen müssen, sofern sie wiedergewählt werden wollen, aber sie sollten gerade nicht „nur“ nach deren Meinung agieren, sonst werden sie zu Populisten. Letztlich müssen sie immer auch „das Große und Ganze“ im Auge behalten und nach reiflichem Überlegen vor ihre Wählerschaft hintreten und ihre Entscheidung vertreten und bestenfalls auch argumentativ erklären.

Die Gallup-Umfrage zu den Nachrichtenmedien
Knapp unter 80 Prozent der Befragten informiert sich laut Umfrage mindestens täglich einmal in den Medien über aktuelle Ereignisse. Aber knapp über 80 Prozent der Befragten halten Nachrichten für sich wichtig. Wobei die Zahl jener, die Nachrichten nicht mehr regelmäßig nutzen, steigt, was auch in früheren Studien schon festgestellt wurde. Interessant und auffällig ist der Zusammenhang von Nachrichtennutzung und der Teilnahme an Wahlen. 85 Prozent der überzeugten Wähler und Wählerinnen geben an, dass sie mindestens einmal täglich Nachrichten nutzen, während es bei den überzeugten Nichtwählern nur 48 Prozent sind, die mindestens einmal täglich Nachrichten nützen. Ähnlich ist es bei den Demokratiezufriedenen und den Demokratieunzufriedenen, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Demokratiezufriedene nutzen Nachrichten häufiger als Demokratieunzufriedene. Dabei sind über 90 Prozent der Befragten der Meinung, dass unabhängige und kritische Nachrichtenmedien für unsere Demokratie sehr oder eher wichtig sind. Aber nicht einmal 60 Prozent geben an, dass die österreichischen Nachrichtenmedien für unsere Demokratie einen sehr oder eher großen Beitrag leisten. Das größte Vertrauen in eine richtige, faire und objektive Berichterstattung haben die Befragten in die Sportberichterstattung, bei der 79 Prozent sehr hohes oder eher hohes Vertrauen haben. Das geringste Vertrauen allerdings in der Berichterstattung über die Innenpolitik, die österreichische Politik, bei der nur mehr jede/r zweite Befragte/r sehr oder eher hohes Vertrauen in die österreichischen Nachrichtenmedien hat. Bei regionalen und lokalen Themen ist das Vertrauen bei fast Dreivierteln der Befragten zumindest eher hoch und bei der internationalen Berichterstattung ist dieses immerhin noch bei 57 Prozent mindestens eher hoch. Also an unterster Stelle liegt das Vertrauen in die österreichischen Medien bei Nachrichten aus der Innenpolitik. Dabei wäre den Befragten die Glaubwürdigkeit eines Nachrichtenmediums mit 80 Prozent sehr wichtig, trifft aber laut Umfrage nur auf 16 Prozent sehr zu. Andererseits ist den Nachrichtennutzern die „Aktuelle Nachricht“ nur zu 66 Prozent sehr wichtig und wird auch von 41 Prozent als sehr zutreffend beurteilt. Man könnte also festhalten, dass Aktualität möglicherweise auf Kosten der Glaubwürdigkeit in den Nachrichtenmedien geht: Speed kills?

Das Vertrauen in die österreichischen Parteien
Im Jänner 2024 wurde repräsentativ erhoben, dass den Aussagen der Parteivorsitzenden max. 36 Prozent der Befragten sehr oder eher vertrauen, wobei Andreas Babler diese Liste mit diesem Wert anführt, vor Werner Kogler (34 Prozent), Beate Meinl-Reisinger (34 Prozent), Karl Nehammer (32 Prozent), Dominik Wlazny (32 Prozent), Herbert Kickl (30 Prozent) und Günther Hopfgartner von der KPÖ mit 22 Prozent. Wobei zu beachten gilt, dass in diesem vorgeblich repräsentativen Sample mit 13 Prozent am meisten der Befragten angeben, dass sie der FPÖ sehr positiv gegenüberstehen. So trauen dann auch 35 Prozent der Befragten der FPÖ und der SPÖ sehr und eher zu in Österreich positive Veränderungen herbeizuführen und die Neos (33 Prozent) und die ÖVP (32 Prozent) folgen dahinter. Immerhin 23 Prozent würden sogar der KPÖ das sehr und eher zutrauen.

Der Spiegel des Vertrauens
Jede Demokratie ist so stark, wie das Vertrauen der Bürgerschaft in sie, egal ob bei eher direktdemokratischen oder repräsentativen Demokratiesystemen. Für dieses Vertrauen sind per se alle in einer Demokratie verantwortlich, die politisch aktiven Menschen in besonderem Maße. Dann sind aber schon die Nachrichtenmedien gefordert, dem Vertrauen der Nutzer zu entsprechen und mit diesem Vertrauen verantwortungsvoll umzugehen. Immerhin ist die Einstellung gegenüber Journalisten laut obiger Umfrage im letzten Halbjahr von 62 Prozent auf 68 Prozent „sehr und eher positiv“ gestiegen.

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