Klaus Feldkircher

(geb. 1967) lehrt an der FH Vorarlberg, ist als freier Journalist tätig und betreibt das Kommunikationsbüro althaus7. Als Autor, Texter und Konzepter hat er bereits zahlreiche Sachbücher veröffentlicht. Weiters ist er in der Erwachsenenbildung tätig und lehrt Deutsch und Latein an der Schule Riedenburg/Bregenz.

Wenn David Rat gegen Goliath sucht

November 2024

Herr B. hat eine Vorschreibung von der Gemeindebehörde für diverse Abgaben erhalten. Aus verschiedenen Gründen war der Betrag nicht rechtzeitig einbezahlt worden. Jetzt flattert ein unheilvolles Schreiben ins Haus: Die Gemeinde habe sich an ein Inkassobüro gewandt, um die Gebühren einzutreiben.
Herr B. ist zunächst perplex und hält diese Vorgangsweise für einen schlechten Scherz. Nach Rückfrage stellt sich aber heraus, dass es bitterer Ernst ist. In seiner Not kontaktiert er den Landesvolksanwalt für Vorarlberg, der sich der Causa annimmt. Der Landesvolksanwalt vertritt dazu die Auffassung, dass das Übertragen der Einhebung von Gemeindeabgaben an Dritte – in den meisten Fällen an Rechtsanwälte und Inkassobüros – rechtswidrig sei. Die Gemeinde wird nun auf diesen Sachverhalt hingewiesen, der Auftrag an das Inkassobüro in der Folge storniert. Jetzt übernimmt sie selbst die Betreibung der offenen Forderungen.

Volksanwaltschaft – wichtige Errungenschaft
Situationen wie diese gehören zum Aufgabenbereich einer für die Bürgerschaft wichtigen Behörde, der Volksanwaltschaft. Doch was sind eigentlich die Agenden, die vom Volksanwalt und seinem Team wahrgenommen werden? Als Kontrollorgan des Vorarlberger Landtags steht der Landesvolksanwalt den Bürgern mit Auskünften zur Seite und prüft die verschiedenen Verwaltungsbehörden auf Landes- und Gemeindeebene. Weiters geht er möglichen Missständen nach und liefert der Gesetzgebung und der Verwaltung Verbesserungsvorschläge. Außerdem fungiert er als Antidiskriminierungsstelle und wacht über die Einhaltung der Menschenrechte.
Grundsätzlich können sich Betroffene bei einem behaupteten Missstand in der Vorarlberger Verwaltung an den Landesvolksanwalt wenden. Dieser geht jeder Beschwerde nach und teilt den betroffenen Personen das Ergebnis seiner Prüfung mit. Bei vermuteten Missständen kann der Landesvolksanwalt auch von sich aus tätig werden. Er überprüft, berät und vermittelt in Konflikten zwischen Behörden und Bürgern bei Verfahren der öffentlichen Verwaltung. Für die geprüften Einrichtungen besteht dabei die Pflicht zur Amtshilfe.

Ursprünge in den 1970er Jahren
Der Einführung der Volksanwaltschaft auf Bundesebene gingen lange Debatten voraus. Knapp nach Ende des Zweiten Weltkrieges forderten Politiker wiederholt die Einsetzung eines „Ombudsmannes“ nach dem Vorbild skandinavischer Staaten. Die erste Ankündigung in diese Richtung erfolgte 1970 durch Bundeskanzler Bruno Kreisky in seiner Regierungserklärung, die in einen vielbeachteten Entwurf für eine Novelle der Bundesverfassung Anfang 1971 mündete. Doch erst 1977 stimmten alle Abgeordneten des Nationalrates dem neuen Bundesgesetz über die Volksanwaltschaft zu. Die ersten drei Volksanwälte Robert Weisz, Franz Bauer und Gustav Zeillinger nahmen am 1. Juli 1977 ihre Arbeit auf. Und in Vorarlberg? Die Aufgaben und Rollen der Landesvolksanwaltschaft sind in der Vorarlberger Landesverfassung und im Gesetz über den Landesvolksanwalt aus dem Jahr 1985 festgeschrieben: Sie fungiert für die einzelnen Bürger als Kontrollorgan, Mediatorin und Ombudsmann beziehungsweise -frau gegenüber der öffentlichen Verwaltung. Erster Landesvolksanwalt war übrigens Nikolaus Schwärzler.

Landesvolksanwalt Klaus Feurstein
An der Spitze der Behörde steht heute Klaus Feurstein. Der Bregenzer ist gelernter Jurist, der sein Studium in Wien absolviert hat. Nach ersten beruflichen Erfahrungen in der Telekommunikationsbranche war er einige Zeit in einer Vorarlberger Rechtsanwaltskanzlei tätig, anschließend wechselte er zu einer großen Vorarlberger gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft. Von 2014 bis 2021 fungierte Feurstein als Stadtamtsdirektor der Landeshauptstadt Bregenz. „Diese Erfahrungen in verschiedenen Funktion helfen mir in meiner Tätigkeit als Landesvolksanwalt enorm weiter“, sagt der Jurist, der am 14. April 2021 mit der erforderlichen Dreiviertel-Mehrheit zum Landesvolksanwalt für Vorarlberg bestellt wurde. Seine Funktionsperiode beträgt sechs Jahre.
„Grundsätzlich kann sich jeder Bürger und jede Bürgerin in Vorarlberg an uns wenden“, erklärt Feurstein, „und erhält von mir oder von einem Mitglied aus unserem Team die notwendigen Rechtsauskünfte.“ Allfällige Beschwerden können direkt an die Landesvolksanwaltschaft gerichtet werden. So sei gewährleistet, dass für alle ein freier und gleichberechtigter Zugang für deren Dienstleistungen möglich sei. Die Dienste sind kostenlos, zudem finden Sprechtage in allen Landesteilen online oder persönlich statt. Feurstein betont jedoch, dass eine anwaltliche Vertretung durch die Volksanwaltschaft keinesfalls vorgesehen sei. 
„Wir sehen uns als Ausgleich zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung“, berichtet der Landesvolksanwalt, „in dieser Funktion sind wir Übersetzer, Dolmetscher und Kontrollorgan im Sinne aller Bürger.“

Lernende Verwaltung
Der Landesvolksanwalt dokumentiert seine Tätigkeit schriftlich in einem öffentlichen jährlichen Bericht und steht den Abgeordneten im Landtag vier Mal im Jahr Rede und Antwort. Dabei ist es Feurstein wichtig anzumerken, dass „wir parteiunabhängig prüfen und aktiv für die Verbesserung der Qualität der öffentlichen Verwaltung und der öffentlichen Dienstleistungen arbeiten.“ Ziel seien die Förderung einer guten, funktionierenden Verwaltungspraxis und die Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben. 
Denn in einer „lernenden Verwaltung“ nehme ein funktionierendes Qualitätsmanagement eine wichtige Rolle ein. Es sei von großer Wichtigkeit, Fehler nicht um der Fehler willen aufzuspüren, sondern dass Behörden „Beschwerden als Möglichkeit sehen, konstruktiv mit den Beschwerdeführern zu kommunizieren und Mängel in den Dienstleistungen der Verwaltungsbehörden zu beheben.“ In diesem Zusammenhang lobt Feurstein die Zusammenarbeit mit den Behörden explizit und spricht von einem „guten, respektvollen Austausch“.

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