Sabine Barbisch

„L.A. ist, was man daraus macht“

Mai 2018

In der kalifornischen Millionenmetropole Los Angeles hat Linda Christina Riedmann die perfekte Stadt für die Realisierung ihres großen Traums gefunden: Im „Thema Vorarlberg“-Gespräch berichtet sie, wie hart sie an ihrer Karriere als Filmproduzentin arbeitet und warum Durchhaltevermögen und Eigeninitiative entscheidend dafür sind.

Schon bei der Auswahl des Ortes für ihren ersten längeren Auslandsaufenthalt, den sie nach der Matura an der Riedenburg plante, um ihr Englisch zu perfektionieren, bewies die damals 18-jährige Linda Christina Riedmann Mut: Sie verbrachte ein Jahr an der La Salle High School Pasadena, in einem Vorort von Los Angeles in Kalifornien gelegen. Für längere Zeit zurück nach Vorarlberg kehrte sie nach dieser eindrucksvollen Erfahrung nicht mehr: Die Filmliebhaberin und Cineastin entschied sich für das Bachelorstudium Filmwissenschaft am Kings College in London. Fasziniert von ihrem ersten Auslandsjahr, nutzte Linda Riedmann während dem Studium in London die Chance auf ein Semester an der University of California in Los Angeles (UCLA). „Nachdem ich in Los Angeles gelebt hatte, kam mir London geradezu familiär und intim vor. London ist eine Stadt mit einem starken Charakter, Los Angeles dagegen riesengroß und vielfältig, hier scheint nichts unmöglich. Es heißt, dass man Los Angeles liebt oder hasst – ich habe mich in diese Stadt verliebt und mich nach dem Studienabschluss in London für den Master zur Produzentin an der UCLA entschieden.“ Ihren Master hat sie im Juni 2017 erfolgreich abgeschlossen, eine Rückkehr nach Europa habe sich danach einfach nicht ergeben, erzählt Riedmann: „Ich liebe L.A., weil es ist, was man daraus macht. Hier kann jeder sein Leben frei gestalten, ohne von anderen beurteilt zu werden. Ein großer Ansporn ist für mich, dass hier jeder ein Ziel verfolgt – und scheint das noch so utopisch, das Wort ‚unmöglich‘ existiert nicht.“

Von großen Zielen

Ihr eigenes großes Ziel verfolgt Linda Christina Riedmann deshalb mit großem Engagement: Als Produzentin ihre eigene Firma zu leiten. Dabei denkt sie weniger an riesige Produktionen, sondern vielmehr an Filme und Serien, bei denen ein tieferer Sinn hinter der Unterhaltung steht. „Ich fühle mich mehr zu sogenannten Prestige- und Indiefilmen hingezogen, die bei internationalen Filmfestivals und Preisverleihungen für ihre künstlerischen und inhaltlichen Aspekte im Mittelpunkt stehen, anstatt zu Blockbusters, die zur Unterhaltung der Masse dienen. Natürlich ist es wichtig, finanziell zu profitieren, aber für mich bedeutet es genauso viel, dass die Projekte, die ich produziere, etwas über uns als Menschen oder über unsere Gesellschaft aussagen.“ Mit Los Angeles, der Vier-Millionen-Einwohner-Metropole in Südkalifornien und Zentrum der internationalen Film- und Fernsehbranche, hat sie sich für die Verwirklichung dieses Traums ein hartes Pflaster ausgesucht: „Natürlich ist die Filmindustrie eine sehr spezielle Branche und man braucht viel Durchhaltevermögen, um bestehen zu können“, sagt die junge Produzentin, die fest an ihre Karriere in der Filmindustrie glaubt. Das Schwierige daran? „Für diesen Beruf, diese Passion, gibt es keinen vorgezeichneten und geradlinigen Pfad zum Ziel. Ich weiß oft nicht, was der nächste Schritt sein wird. Es gibt keine Decke und keinen Boden, es kann sich jederzeit alles ändern.“ Mit dieser Unsicherheit musste die ehrgeizige Schülerin erst lernen umzugehen: „Wichtig ist, sich selbst Ziele zu setzen und Eigeninitiative und Mut zu zeigen, wenn es darum geht, auf Leute zuzugehen und sich selbst ins Spiel zu bringen.“ Mittlerweile hat sie sich damit arrangiert, nicht alles planen zu können: „Nicht zu wissen, was als nächstes kommt, ist befreiend, weil ich dadurch sehr offen und flexibel für Neues bin.“

Diese Eigenschaften kommen wiederum der Realisierung ihres großen beruflichen Traums zugute, der sie aktuell fast ihre ganze Freizeit widmet. Ried­mann arbeitet Vollzeit im Verkauf und Verleih bei der Produktionsfirma „Participant Media“, welche dieses Jahr einen Oscar für „A Fanstastic Woman“ erhalten hat. Zusätzlich investiert sie in ihre Karriere als unabhängige Produzentin: „Meine Leidenschaft galt in den vergangenen Monaten fünf Musikvideos für die zweite EP ‚Boy Afraid‘ von Künstler Saro.“ Der junge Singer-Songwriter aus L.A. wurde 2017 vom renommierten Musikmagazin „Rolling Stone“ zu einem ihrer „New Artists You Need to Know“ („Neue Künstler, die man kennen muss“) ernannt. Die Premiere der Videos wird als Kunstinstallation in einer Galerie in Downtown L.A. stattfinden, bevor sie fortan Woche für Woche online verfügbar werden. Zusätzlich arbeitet Riedmann mit dem Regisseur der Videos, Merlin Camozzi, und der Kamerafrau, Julia Swain, an weiteren Projekten: „Die zwei sind mein kreatives Dream-Team und wir kollaborieren häufig. Einer unserer Kurzfilme, ‚Flesh & Blood‘, hat sich gerade an ,ShortsTV‘ verkauft, die auch die Oscar-Kurzfilme in Verleih bringen, und wird demnächst in Nordamerika zum Kauf verfügbar sein. Zuletzt habe ich gerade die Produktion für einen weiteren Kurzfilm, ‚Ribbon Girls‘, abgeschlossen, der als ,Proof of Concept‘ (kreatives Konzept) für einen Spielfilm dient.“ Riedmanns erster Spielfilm, „Mississippi Requiem“, feiert im Sommer im Laufe des Nashville Film Festivals Premiere. Das historische Drama mit James Franco und Topher Grace in den Hauptrollen basiert auf der Literatur William Faulkners.

Aber nicht nur in L.A., auch in Vorarl­berg nimmt Linda Christina Riedmanns Karriere als Produzentin Fahrt auf: „Vergangenen Sommer habe ich mit Hanna Mathis, einer jungen Filmemacherin aus Vorarlberg, für ihren Kurzfilm ‚Mission erfüllt‘ zusammengearbeitet, der mittlerweile an zwei Filmfestivals in Polen und zwei in Kanada angenommen wurde. Weitere folgen hoffentlich.“ Zusätzlich wird sie diesen August als Jurymitglied bei der Alpinale fungieren. Der Chance, sich im Zuge ihrer Karriere als unabhängige Produzentin auch den großen Traum einer Filmproduktion in Vorarlberg oder Österreich zu erfüllen, kommt sie damit einen weiteren Schritt näher.

Lebenslauf
Die Höchsterin Linda Christina Riedmann wurde am 10. Juni 1993 geboren, hat die Volksschule Höchst besucht und nach acht Jahren Gymnasium an der Riedenburg maturiert. Danach absolvierte sie ein freiwilliges zusätzliches Schuljahr an der La Salle High School Pasadena (Kalifornien, USA). Während ihrem Bachelor-Studium der Filmwissenschaft am Kings College London machte sie ein Auslandssemester an der University of California (UCLA). 2015 folgte der Umzug von London nach Los Angeles, wo Riedmann im Juni 2017 ihren Master zur Produzentin an der UCLA abschloss. Aktuell arbeitet sie im Verkauf und Verleih einer Produktionsfirma und baut ihre Karriere als unabhängige Produzentin auf.

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