Wirtschaft und Föderalismus
Als entscheidender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg eines Staates erweist sich heute immer mehr, ob durch bürokratische Vorschriften die Wirtschaft gelähmt wird oder stattdessen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die wirtschaftliche Innovationen ermöglichen, eine Stabilität des Rechtssystems garantieren und eine rasche Abwicklung von Verfahren gewährleisten.
Zahlreiche Studien belegen, dass Regionen, die eine gewisse Eigenständigkeit aufweisen, wirtschaftlich erfolgreicher sind als solche, die streng zentralistischen Systemen untergeordnet sind. Ihre Autonomie macht es ihnen möglich, der regionalen Wirtschaft genau solche Rahmenbedingungen zu setzen, dass sie im globalen Wettbewerb besser bestehen kann.
Bereits von daher zeigt sich, dass Föderalismus auch für die Wirtschaft ein Erfolgsmodell sein kann, wenn die Kompetenzen gut verteilt sind und darüber hinaus Anreize für sparsames Verhalten der Gebietskörperschaften vorhanden sind, im optimalen Fall auch Steuerautonomie auf der Ebene der Länder besteht.
Es überrascht daher nicht, dass im internationalen Vergleich föderale Staaten und Kleinstaaten, was die Wirtschaftskraft betrifft, am besten abschneiden – man denke an Deutschland, die Vereinigten Staaten und Kanada. Nun könnte man entgegenhalten, dass diese Staaten viel größer als Österreich sind. Dass Föderalismus auch für Kleinstaaten ein praktikables Instrument ist, beweist allerdings unser erfolgreicher Nachbar Schweiz, der sich trotz einer ausgeprägten föderalen Struktur mit insgesamt 26 Kantonen durch besondere Wettbewerbs-fähigkeit auszeichnet.
In der öffentlichen Diskussion in Österreich wird der Föderalismus häufig für eine hohe Staatsquote oder für die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger besonders belastende Vorschriften verantwortlich gemacht. Natürlich trifft es zu, dass auch die Länder zuweilen bürokratische Regelungen erlassen. Aber die immer wieder genannte Zahl der in den Betrieben zu bestellenden Beauftragten – vom Abfallbeauftragten über den Giftbeauftragten und den Datenschutzbeauftragten bis hin zum Gleichstellungsbeauftragten – sind beispielsweise ausschließlich durch bundesrechtliche Vorschriften bedingt. Dasselbe gilt für die vielen Berichts- und Meldepflichten, die in den Betrieben einen enormen administrativen bürokratischen Aufwand schaffen.
Häufig wird auch beklagt, dass die länderweise unterschiedlichen Vorschriften, etwa auf dem Gebiet der Bautechnik, für die Unternehmen, die bundesweit agieren, eine Belastung seien. Tatsächlich kann Rechtszersplitterung schädlich sein. Allerdings haben die Länder viele bautechnische Vorschriften schon angeglichen. Außerdem wird heute Vereinheitlichung ohnehin über die Normierung technischer Fragen durch die Normungsinstitute hergestellt. Mitunter stellen die Ö-Normen bereits eine größere finanzielle Belastung für Wirtschaft und Bürger dar als unterschiedliche, aber dafür an spezifische Verhältnisse angepasste bautechnische Vorschriften.
Dies ist auch der Schlüssel für die Beurteilung, ob Föderalismus positive oder negative Auswirkungen hat: Der Umstand, dass ein Gesetz einheitlich in ganz Österreich gilt, bedeutet noch lange nicht, dass es für die Wirtschaft besser ist als neun verschiedene Gesetze, deren Vielfalt mitunter unübersichtlich sein kann, die aber näher an der Sache und am Menschen sind.
Gesetze und Verordnungen sind nichts Schlechtes, es kommt darauf an, welchen Inhalt Rechtsvorschriften haben. Im Bereich der Landesgesetzgebung ist es vonseiten der Wirtschaft viel leichter möglich, bereits im Begutachtungsverfahren auf Probleme, die durch die Rechtsetzung ausgelöst werden, hinzuweisen. Die größere Nähe zu den Entscheidungsträgern ermöglicht auch eine problembewusste Herangehensweise. Der Vergleich der schlanken Vorarlberger Landesgesetze mit vielen Bundesgesetzen, von der Gewerbeordnung über das Abfallwirtschaftsgesetz, das Chemikaliengesetz und das Arbeitnehmer-Innenschutzgesetz bis hin zu den diversen Umweltschutzgesetzen, macht sicher.
Wichtige Vorteile des Föderalismus sind die Flexibilität und seine Innovationskraft, beides Eigenschaften, die in unserer Zeit besonders gefragt sind. Vorschriften auf Landesebene lassen sich zudem rascher ändern als auf der Bundesebene, nicht nur, weil die Apparate weniger schwerfällig sind, sondern weil lediglich auf die spezifischen Verhältnisse in dem betreffenden Land Rücksicht genommen werden muss.
Noch ein Wort zur Beschleunigung von Verwaltungsverfahren: Mit der Bündelung der Abwicklung der Anlagenverfahren bei den Bezirkshauptmannschaften war Vorarlberg österreichweit ein Vorreiter und hat dafür von der Bundeswirtschaftskammer den „Amtsmanager des Jahrzehnts“ verliehen bekommen. Die überwiegende Zahl von Betriebsanlagenverfahren wird innerhalb von drei Monaten durchgeführt. Hätte Vorarlberg auf den Bundesgesetzgeber warten müssen, wäre es wohl noch immer so, dass Verfahren parallel von jeweils verschiedenen Sachbearbeitern abgewickelt werden.
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