Gerhard Siegl

Historiker, Wirtschaftsarchiv Vorarlberg

History sells!

September 2019

Auf den ersten Blick haben Wirtschaft und Geschichte nichts gemeinsam. Wie soll das zusammengehen? Wirtschaft auf der einen Seite, die sich gewinnorientiert dem täglichen Konkurrenzdruck stellt, Güter und Dienstleistungen produziert und verkauft. Und Geschichte auf der anderen Seite, eine Geisteswissenschaft, die wertvolle Kulturleistungen erbringt, aber wenig Verkaufbares herstellt. Erstere verschafft den Menschen Arbeit und Brot, zweitere gilt mitunter als „brotlose Kunst“. Treffen hier zwei unvereinbare Welten aufeinander?
Keineswegs, denn diese klischeehaften Zuschreibungen greifen viel zu kurz. Wirtschaften ist mehr als nur produzieren und verkaufen, und ebenso ist auch Geschichte weder Last noch Luxus. Die vermeintlichen Gegensätze haben sich jüngst auf dem Feld der „Public History“ neu entdeckt. Wirtschaftsbetrieben wird verstärkt bewusst, dass ihnen Geschichte ein Alleinstellungsmerkmal verleiht, dass Geschichte Sympathie, Verlässlichkeit und Seriosität vermittelt. Diese Attribute machen sich in Werbung und PR gut, „history sells“. Und mit der Aufarbeitung auch dunkler Flecken ihrer Geschichte beweisen Unternehmen zudem gesellschaftliche Verantwortung. Für manche Unternehmer ist Geschichte allerdings noch immer ein rotes Tuch, weil sie das „Herumstochern“ in ihren Archiven und eine seriöse Aufarbeitung der Firmengeschichte eher als Bedrohung denn als Gewinn empfinden. Die eigene Geschichte zu negieren, hieße aber, auf ihre Inwertsetzung zu verzichten und ihr Potential zu verkennen. Denn moderne Geschichtsschreibung will weder moralisch aburteilen noch richten, sondern erklären, verstehen helfen und versöhnen. Mit dieser Lesart werden Wirtschaft und Geschichte künftig noch öfter erfolgreich kooperieren und voneinander profitieren.