Armin Paul

Geschäftsführer von Schloss Hofen

Ist weniger mehr?

Februar 2019

Macht Besitz glücklich oder ist es eine Illusion? Die Frage nach dem Verhältnis zu Konsum und Besitz ist in unserer Wohlstandsgesellschaft nach wie vor aktuell. Laut Medienberichten können sich immer mehr Menschen viel mehr leisten, sie werden aber dadurch nicht zufriedener. Im Gegenteil: Seelische Erkrankungen werden unter anderem auf übermäßigen Konsum zurückgeführt. Fordert die Erfüllung unserer materiellen Wünsche ihren Tribut? Auf das soeben gestillte Bedürfnis folgt der nächste Wunsch. Unweigerlich setzt sich eine Spirale nach immer mehr und mehr in Gang. Übrig bleibt oft nur eine Leere.

Als Kind konnte ich mit dem Märchen „Hans im Glück“ der Brüder Grimm nichts anfangen. Für mich war Hans ein Tölpel, der sich von jedem über den Tisch ziehen lässt. Dabei musste Hans doch recht klug gewesen sein – hätte ihn sein Herr sonst so reichlich mit einem großen Goldstück belohnt? Hans tauschte bis ans Ende der Geschichte jeden Gegenstand gegen einen wertminderen, bis er nur noch zwei Steine hatte, die er scheinbar durch Ungeschicklichkeit verlor. Danach fühlte er sich glücklich und befreit, als er zu seiner Mutter nach Hause heimkehrte.
Heute sehe ich Hans anders. Er erkennt, dass Besitz allein nicht glücklich macht. Vor lauter kaufen verliert sich der Blick auf das Wesentliche: Familie, Freunde, Freiräume. Hans spürte, dass wenig Besitz und Bedürfnisreduktion auch Wohlempfinden verursachen können.

Gerade in unserer Wohlstandsgesellschaft fällt uns Verzichten, einen Wunsch aufgeben, vielleicht besonders schwer. Wenn wir lernen, unsere Wünsche und Bedürfnisse zu kontrollieren, kann diese Befreiung auch bei uns Glücksgefühle auslösen. Denn gute Gefühle lassen sich nicht „erkaufen“, indem wir was bekommen, sondern durch die Zuwendung zu anderen Menschen.