Christian Zoll

Geschäftsführer der Industrieellenvereinigung Vorarlberg 

„Not in my backyard“ – aber wo dann?

September 2021

Allmählich kennt man die Argumente, warum man wichtige Infrastrukturprojekte wie die S18 in Vorarlberg besser nicht machen sollte. Man müsse in anderen Mobilitätsformen als den Straßenverkehr denken, solle unzählige andere Varianten prüfen. Und die Bevölkerung stehe sowieso nicht dahinter.
Als Befürworter der S18 als Entlastung für die Lustenauer Bevölkerung möchte ich gar nicht auf die Für und Wider des Straßenverkehrs eingehen. Wie gesagt: Man kennt die Argumente. Was mich aktuell mehr beschäftigt ist die Tatsache, dass bestimmte Anrainer-Gruppen immer wieder Großprojekte ins Wanken bringen, von denen Tausende profitieren würden. Natürlich ist es mehr als verständlich und auch gut so, dass sich negativ Betroffene artikulieren. Es ist ihr gutes Recht, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um solche Projekte zu verhindern. Die Frage ist viel mehr, wie lange so etwas gut geht.
Die „Not in my backyard“-Mentalität ist nichts Neues. Nicht nur bei Straßenbauprojekten, sondern auch bei Betriebsansiedlungen, Windrädern oder Strommasten. Jeder möchte von der Wertschöpfung, von guten Arbeitsplätzen und hohen Steueraufkommen profitieren, aber die Toleranz für eben diese Projekte in der eigenen Umgebung sind nahe bei null. Ebendiese „Not in my backyard“-Mentalität ist ein Luxus, den wir uns aktuell leisten können, so scheint es zumindest. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem wir als Standort nicht mehr attraktiv sind, wir uns mit Absiedelungen von Betrieben und damit dem Verlust von Arbeitsplätzen und mangelnder Infrastruktur konfrontiert sehen. 
Wenn wir weiter machen wie bisher, werden wir früher oder später den Wohlstandsverlust spüren. „Not in my backyard“ endet dann schneller als man denkt in „Not in our wallet“.