Michael Willis

Primar, Chefarzt der Stiftung Maria Ebene, Frastanz

Online-Spielsucht

Juli 2018

Sie kennen das, beim Ausgehen sitzen Jugendliche am Tisch und starren in ihr Handy. Wie oft passiert es uns, dass wir auf dem Weg zur Arbeit im Zug von lauter Menschen umgeben sind, welche sich nicht mehr miteinander unterhalten, sondern gebannt aufs Handy schauen. Heutzutage ganz normal. Für viele ist das nur eine Phase, die vorübergeht. Manche jedoch können sich längerfristig nicht mehr vom Internet losreißen, geraten in eine Abhängigkeit und verlieren die Kontrolle über die Internetnutzung. In der am 18. Juni präsentierten elften Auflage der Internationalen Klassifikation für Krankheiten (ICD-11) wird die Online-Spielsucht als eigenständige Erkrankung geführt. Ein erster Schritt in Richtung Anerkennung in den letzten Jahren neu entstandener Abhängigkeitserkrankungen. In einigen Kommentaren wird vor einer Pathologisierung lieb gewonnener Freizeitaktivitäten wie Computerspielen oder dem stundenlangen Verweilen in sozialen Netzwerken gewarnt. Doch es gibt sie wirklich – Menschen, welche von der Online-Spielsucht betroffen sind. Schätzungen zufolge betrifft die Online-Spielsucht circa ein Prozent der Bevölkerung, bei Jugendlichen sind es bis zu vier Prozent. Diese Erkrankung ähnelt in vielen Symptomen anderen Suchterkrankungen. So sind etwa zunehmender Kontrollverlust über die Dauer des Spielens ein wichtiges Symptom. Des Weiteren kommt es zur Vernachlässigung sonstiger sozialer Aktivitäten und die Einengung der Gedankenwelt. Auch bei der Online-Spielsucht kann es zu Entzugssymptomen kommen. Diese äußern sich als innere Unruhe, fehlende Ausgeglichenheit und Stimmungsschwankungen, welche sich erst durch erneutes Spielen bessern. Die Anerkennung der Online-Spielsucht durch die Weltgesundheitsorganisation ist ein wichtiger Schritt, den Zugang zu Therapien für diese Patientengruppe zu erleichtern.