Belinda Rukschcio

 Geschäftsführerin Werkraum Bregenzerwald

Wissen weitergebenBe

April 2021

Das World Wide Web wurde 1998 erfunden, fünf Jahre nach Beginn meines Architekturstudiums. Das Erlangen von Wissen nahm damals viel Platz ein. In der Wohnung befanden sich ein großer Zeichentisch und viele Modelle. Den größten Platz nahm eine stetig wachsende Anzahl an Fachliteratur im Bücherregal in Beschlag. Heute ist ein Laptop mit CAD-Programm ausreichend. Durch die Digitalisierung sind physische Wissensvermittler inzwischen nicht mehr zwingend notwendig. Im Internet sind Bücher, Archive und Bibliotheken zu finden. Virtuelle Touren machen Gebäude weltweit zugängig. Nach dem Prinzip sharing is caring wird Wissen gerne öffentlich geteilt und gleichzeitig zur Markenbildung genutzt. Bekanntestes Beispiel einer kollaborativen Wissensverbreitung ist die Internet-Enzyklopädie Wikipedia, auf der inzwischen knapp 56 Millionen Artikel in 300 Sprachen veröffentlicht wurden.
Wissen setzt sich jedoch immer aus zwei Komponenten zusammen: Information und Erfahrung. Erst durch Anwendung wird Wissen tatsächlich erworben. Das ist einer der Grundsätze im Handwerk. Zeit, Beobachtung und Handlung sind dabei feste Parameter. Zum Beispiel wird man in Japan erst nach 30 Jahren oder 60.000 Arbeitsstunden zum Takumi-Meister. Fällt die Erfahrung durch Anwendung im Handwerk weg, geht das spezifische Wissen unweigerlich verloren. Es kann nicht mehr erlernt werden.
Darin zeigt sich die Gleichzeitigkeit ungleicher Entwicklungen: Die Anzahl an frei verfügbaren Informationen und Daten wächst, während in der Handwerkskultur relevantes Wissen durch den Wegfall von Anwendungsmöglichkeiten verloren geht. Daher kommen der Wissensteilung und Zusammenarbeit im Handwerk, aktuell in der Ausstellung im Werkraum Bregenzerwald zu sehen, so eine große Bedeutung zu.