
Die endliche Ressource Boden
Eine beträchtliche Hürde für die langfristige Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts ist die knapper werdende Ressource Boden. Im Sinne einer Flächenkonkurrenz spitzt sich die Debatte über die Nutzung von Bodenflächen weiter zu.
Geografisch bedingt verfügt Vorarlberg über wenig Nutzfläche, die wiederum zahlreichen Flächennutzungsansprüchen gerecht werden sollte: Wohnraum und Erholungsraum für die zunehmende Vorarlberger Bevölkerung, Raum für Landwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung – all das muss auch in Zukunft unter einen Hut gebracht werden. Das Land hat mit der Kleinstrukturiertheit der vorhandenen Flächen und eben diesem Interessenkonflikt zwischen Landwirtschaft, Siedlungsgebiet, Tourismus und Gewerbe stark zu kämpfen. Das hat Auswirkungen auf mögliche Expansionsflächen der heimischen Unternehmen und damit auf den Erhalt und die Gewinnung von Arbeitsplätzen, wie Joachim Heinzl, Geschäftsführer der Wirtschafts-Standort GmbH Vorarlberg, bestätigt.
Gefahr der Abwanderung
„Wir sehen zurzeit am Standort eine Verknappung von Betriebsflächen ab einer Größe von ca. 5.000 Quadratmetern. In diesem spezifischen Bereich steht einer hohen Nachfrage als Folge des starken Wirtschaftswachstums ein nur eingeschränktes Angebot gegenüber. Bei Erweiterungsinvestitionen regionaler Leitbetriebe sind in der Regel Flächen im Ausmaß von ca. 15.000 m2 bis 50.000 m2 notwendig“, skizziert Joachim Heinzl die aktuelle Situation.
Sind diese Flächen nicht vorhanden, schränke das mittelfristig das Wirtschaftswachstum ein, weil Großinvestitionen nicht getätigt werden können. Und an diesen Investitionen hängen zugleich zahlreiche Aufträge für die Binnenwirtschaft, etwa im Bereich Bau und Baunebengewerbe, aber auch für kleine Unternehmen als Zulieferer. Ein Blick auf eine Bautafel bei Großbaustellen genüge, erklärt Heinzl, um zu erkennen, wie viele einzelne Unternehmen aus der Region von Großinvestitionen profitieren. Die Treue zum Standort kann auch Grenzen haben, wenn die Möglichkeit zur Erweiterung fehlt. „Unsere Betriebe sind dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt und stehen zunehmend unter Druck, eine entsprechende Entwicklung aufzuweisen. Wenn Entwicklungen aufgrund von Standortnachteilen, eben fehlenden Flächen, nicht möglich sind, steigt der Druck zur Standortverlegung enorm“, warnt WKV-Präsident Manfred Rein. Vorarlberg verfüge über einen traditionell starken Produktionssektor, dem müsse auch in der Bereitstellung von Flächen Rechnung getragen, Grundstückspekulationen und damit einer künstlichen Verteuerung hingegen ein Riegel vorgeschoben werden.
Unterschiedliche Ausgangslagen
Selbst das Langzeitprojekt Vision Rheintal hat klar aufgezeigt, dass es notwendig ist, Lösungen für eine langfristig planbare Entwicklung von Betrieben und Betriebsstandorten zu erarbeiten, etwa durch gemeindeübergreifende Gesamtkonzepte zur gemeinsamen Betriebsgebietsentwicklung. In manchen Regionen geht es erst noch um eine gezielte Gewerbegebietsentwicklung für eine gute Kombination zwischen Wohn- und Betriebsgebiet. In anderen Gebieten ist es, abgesehen von der Grundeigentümerproblematik, allein schon aus topografischen Gründen schwierig, geeignete Betriebsstandorte zu finden. Um diese Herausforderung zu lösen, braucht es einen Mix an unterschiedlichen Maßnahmen. Gefordert ist hier die öffentliche Hand. Ihre Aufgabe muss es sein, im Falle eines Versagens des Marktes die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Rückwidmung etwa von Flächen bei Nichtnutzung der widmungsgemäßen Verwendung stellt sowohl politisch wie auch juristisch ein sehr sensibles Instrument dar. Diese Frage wird sich insbesondere dann zuspitzen, wenn Flächen aus der Landesgrünzone für weitere Betriebsgebiete geöffnet werden. Spätestens dann muss man sich auch in Vorarlberg klar werden, wie mit den neuen Flächen umgegangen wird. Trotzdem wird die Schaffung zusätzlicher Betriebsflächen am Standort eine der wesentlichen Aufgaben der nächsten Jahre bleiben.
Über die Grenzen hinweg
Es gelte verstärkt in Regionen- und Gemeindekooperationen zu denken, um über die Grenzen hinaus gemeinsam an Planungen zu Betriebsansiedelungen in Randzonen zu arbeiten. Hier kommen, sagt Heinzl, auch schon erste Impulse aus der Landespolitik. Im Arbeitsprogramm 2014–2019 der schwarz-grünen Regierung heißt es vage: „Um längerfristig die Entwicklung der Unternehmen unseres Landes gewährleisten zu können, muss der Sicherung ausreichender Betriebsflächen großes Augenmerk gewidmet werden. Konkret sind damit folgende Aufgaben verbunden: Verbesserung des Betriebsflächenangebots, Entwicklung und Erschließung von überregionalen Betriebsgebieten unter Einbeziehung eines Pilotversuchs zur gemeinschaftlichen Aufteilung der Kommunalsteuer, aktives Flächenmanagement des Landes und Schutz bestehender Betriebsgebiete vor heranrückender Bebauung.“
Für die Gemeinden wird es künftig nicht darum gehen, Betriebsflächen zu horten oder durch deren Verkauf Gewinne zu erzielen, sondern die Entwicklungs- und Erschließungskosten abzudecken und die Gebiete im Sinne einer nachhaltigen Betriebsansiedelungs- und -betreuungspolitik der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen. Manfred Rein: „Es sollte das ureigenste Interesse der Gemeinden sein, leistungsfähige Betriebe und Arbeitsplätze im Ort zu haben und damit Steuereinnahmen zu generieren. Hier braucht es künftig noch mehr Hinwendung zu einem professionelleren Betriebsflächenmanagement. Gemeinden können im Bereich der Infrastruktur durchaus Akzente setzen, etwa durch eine gute öffentliche Anbindung oder ein entsprechendes Breitbandangebot.“
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