Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

„Es war nie einfacher, sich selbstständig zu machen.“

September 2019

Das Gründerservice der WKV lädt am 8. Oktober zur Veranstaltung „Der Weg in die Selbstständigkeit“. Referent und Startup-Coach Felix Thönnessen (39) sagt im Interview vorab, was einen erfolgreichen Gründer ausmacht und welchen zentralen Fehler man auf dem Weg in die Selbstständigkeit nicht begehen sollte. So manches Start-up in der VOX-TV-Reihe „Die Höhle der Löwen“ verdankt seinem Coaching übrigens den entscheidenden Investoren-Zuschlag.

23 eigene und über 1000 begleitete Gründungen stehen bei Ihnen zu Buche. Mit Ihrer ganzen Erfahrung gesprochen, was macht denn den erfolgreichen Gründer aus?
Persönlichkeit! Ein erfolgreicher Gründer muss mit Rückschlägen und mit Scheitern umgehen können. Man muss damit umgehen können, dass nicht alles unbedingt so funktionieren muss, wie man sich das anfangs ausgemalt hat; man muss sich selbst immer wieder neu motivieren können, um schwierige Situationen zu überstehen. Denn in der Regel ist es so, dass Sachen passieren, die man zuvor gar nicht auf dem Schirm hatte.

Samuel Beckett sagte: „Immer versucht. Immer gescheitert. Einerlei. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Sollte sich ein Gründer an diese Erkenntnis halten?
Absolut. Scheitern gehört zwangsläufig mit dazu. Und es ist die Frage, wie ich mit diesem Scheitern umgehe, wie ich daraus lerne. Da gibt es ja auch den schönen Satz: entweder gewinne ich, oder ich lerne …

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt? 
Definitiv! Gründen hat immer auch ein Stück weit etwas mit Risiko zu tun, mit der Bereitschaft, diesen allerersten Schritt überhaupt zu gehen. Ich habe einen Leitsatz im Leben. Der lautet: Was kann im schlimmsten Fall passieren? Und was kann nun im schlimmsten Fall passieren, wenn ich mich selbstständig mache? Es funktioniert nicht, ich habe einen Bankenkredit aufgenommen, den ich wieder zurückzahlen muss und ich muss vielleicht wieder zurück in ein Angestelltenverhältnis. Gemessen an dem, was Menschen widerfahren kann, ist Scheitern nicht einmal so schlimm.

Wer scheitert, ist dank unserer nicht vorhandenen Fehlerkultur allerdings stigmatisiert …
Das ist eine große Problematik. In Deutschland, in Österreich und in der Schweiz haben wir uns da fast schon ein kleines Monopol geschaffen, während das in anderen Ländern nicht ganz so schlimm ist. Bei uns ist Scheitern institutionell und gesellschaftspolitisch ein großes Problem, weil wir mit Scheitern immer auch Erfolgslosigkeit verbinden und deswegen niemandem einräumen, scheitern zu dürfen. Im Übrigen haben die meisten, die Scheitern verurteilen, selbst noch nie versucht, sich selbstständig zu machen. Es ist geradezu obszön, dass derjenige, der das Risiko nicht eingeht, denjenigen, der das Risiko eingegangen ist, verurteilt. 

Gibt es eine Erklärung dafür, dass das gerade im deutschen Sprachraum so verankert ist?
Es ist relativ schwierig, im Konkreten zu begründen, warum wir diese Einstellung haben. Meiner Meinung nach hat das aber damit zu tun, dass Selbstständigkeit bei uns nicht als die höchste Form der beruflichen Verwirklichung gilt – im Gegensatz zu anderen Ländern. 

Welches ist das zentrale Argument für eine Selbstständigkeit?
Das zentrale Argument? Die Selbstverwirklichung. Entscheiden zu können, wann ich wie wo was mache. Meistens liegt die primäre Motivation nicht einmal darin, reich zu werden, sondern darin, seine Idee, seine Passion, seine Träume ein Stück weit umzusetzen.

Vor welchem Fehler sollte man sich auf dem Weg in die Selbständigkeit hüten?
Ich empfehle jedem Gründer: Teste frühestmöglich deine Idee im Markt und sei es nur in Form von Umfragen – bevor du jahrelange Arbeit investierst, nur um dann herausfinden zu müssen, dass niemand deine Idee, dein Produkt oder deine Leistung haben will. 

In welcher Branche gibt es aktuell die besten Zukunftsaussichten?
Da gibt es sogar relativ viele Branchen! Weil Digitalisierung in jeder Branche eine Rolle spielt, kann man festhalten, dass es nie einfacher war, sich selbstständig zu machen – es ist einfacher denn je, beispielsweise Produkte aus dem Ausland zu beziehen, sich im Internet explizit weiterzubilden und Informationen zu sichern.

Bräuchte die Gesellschaft mehr Unternehmer und damit auch mehr Eigenständigkeit?
Definitiv! Man sollte mehr Menschen dazu anregen, etwas Eigenes zu schaffen! Man muss mehr Menschen ermutigen, diesen Schritt ins Unternehmertum zu gehen! Jedes Unternehmen ist ja letztlich auf eine einzelne Person zurückzuführen, die den Mut hatte, einen eigenen Weg zu gehen, da gibt es viele Bespiele, Amazon, Tesla oder wer auch immer. Also wenn man eine solche Kultur in der Wirtschaft braucht, und die braucht man in der Wirtschaft, muss sich was ändern: Nach dem Vorbild der Wirtschaftsverbände und Wirtschaftskammern sollten auch der Staat und die verschiedenen Institutionen viel energischer aufzeigen, wie der Weg in die Selbstständigkeit aussehen kann, welche Möglichkeiten es da gibt und was man machen kann. 

Welches Fazit würden Sie denn ziehen?
Mehr Menschen sollten den Mut haben, diesen Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen, vor allem diejenigen, die aktuell in ihrem Angestelltenverhältnis unglücklich sind. Zugleich sollten Staat und Gesellschaft diejenigen, die diesen Weg gehen, besser unterstützen – beziehungsweise Gründer, die nicht erfolgreich waren, nicht verurteilen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Veranstaltungstipp!

Der Weg in die Selbstständigkeit 2019
Dienstag, 8. Oktober 2019, 18.30 Uhr im Montforthaus Feldkirch
Die Teilnahme ist kostenlos! Anmeldung unter www.wkv.at/events/derweg

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