Christoph Jenny

Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: © Dietmar Walser)

Falsch verstandene „Musterschüler-Mentalität“

Februar 2024

Vorarlberg wird sich in Zukunft einer steigenden Zahl an Umweltverträglichkeitsprüfungen stellen müssen, sei es nach landes- oder bundesgesetzlichen Vorschriften. Eine Anpassung der landesrechtlichen Vorschriften an vorgelagerte Regelungen ist notwendig, um die Verfahren unions- und völkerrechtskonform durchführen zu können. 
Die Ausweitung der verfahrenstechnischen Rechte von Umweltorganisationen bei Bewilligungsverfahren wird daher aktuell auf Landesebene diskutiert. Dabei geht es um die verfahrenstechnischen – nicht aber die inhaltlichen – Rechte von in Österreich anerkannten Umweltorganisationen.
Sollten Unternehmerinnen und Unternehmer in Vorarlberg nun aber geglaubt haben, dass ihre in den vergangenen Jahren immer lauter vorgebrachten Forderungen hinsichtlich kürzeren und unkomplizierteren Bewilligungsverfahren und weniger Bürokratie erhört werden, so werden sie mit diesem Gesetzesvorschlag enttäuscht.
Besonders den geplanten Wegfall der Präklusion sehen wir kritisch. Angemessene Fristen helfen, zeitraubende Wiederholungen und Verfahrensverschleppungen durch bewusst späte Vorbringungen zu unterbinden. Fällt das weg, kann das zu erheblichen Verfahrensverzögerungen führen. Zudem entspricht das keineswegs dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis. 
Jede Umweltorganisation und die betroffene Öffentlichkeit sind angehalten, sich rechtzeitig mit ihren Bedenken gegen das Vorhaben an die Behörde zu wenden. Den sehr gut organisierten Umweltorganisationen ist es sehr wohl auch weiterhin zumutbar, sich bereits in erster Instanz an einem Bewilligungsverfahren zu beteiligen.
Damit stellen wir die Bedeutung von Umweltorganisationen keineswegs in Abrede, vor allem dann nicht, wenn es darum geht, Wege aufzuzeigen, wie man Dinge umwelttechnisch und ökologisch besser machen kann. Aber noch mehr Rechte in die Hand zu bekommen, mit denen die Wirtschaft und damit unsere Unternehmen behindert werden, ist nicht akzeptabel.
Wird die Novelle umgesetzt, übererfüllen wir einmal mehr EU-Vorgaben. Dieses „Gold Plating“ führt zu weiteren bürokratischen Belastungen und ist ein Hemmschuh im internationalen Wettbewerb. Anstelle einer „Musterschüler-Mentalität“ mit Übererfüllung von EU-Recht braucht Österreich mehr Freiräume. Wie sagte es doch Präsident Wilfried Hopfner so passend: „Europa und auch Vorarlberg müssen aufpassen, nicht zu einem ökologischen Riesen und zu einem ökonomischen Zwerg zu werden.“

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