
Flucht in die Gemeinnützigkeit
Fair Play – das fordert die Wirtschaft in Bezug auf die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht. Was im Osten und Süden Österreichs zu einem erheblichen Konflikt zwischen der Gastronomie und den Vereinen ausufert, scheint in Vorarlberg derzeit noch nicht diskussionsreif zu sein.
Die Registrierkassenpflicht erhitzt weiter die Gemüter, denn nicht nur Gewerbebetriebe, sondern auch Vereine, in deren Vereinslokalen jährlich mehr als 15.000 Euro umgesetzt werden und der Barumsatz im Jahr 7500 Euro überschreiten wird, müssen seit 1. Jänner Registrierkassen führen. Bei Vereinsveranstaltungen wie Feuerwehr- oder Musikfesten kann aber die Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht entfallen, sofern die Umsätze im Rahmen von geselligen Veranstaltungen einen Zeitraum von insgesamt 48 Stunden im Kalenderjahr nicht übersteigen. Zudem muss die Organisation der Veranstaltung sowie die Verpflegung bei der Veranstaltung durch die Vereinsmitglieder oder deren nahe Angehörige durchgeführt bzw. bereitgestellt werden.
„Für das Frühjahr 2016 ist in Ergänzung im Feuerwehrausbildungszentrum Feldkirch eine Informationsveranstaltung für die Feuerwehren vorgesehen. Aktuelle Anfragen der Feuerwehren zum Thema liegen vereinzelt vor. Erfahrungsgemäß werden diese Anfragen unmittelbar vor der Festsaison etwas zunehmen. Mit unseren Maßnahmen werden offene Fragen vermutlich schon im Vorfeld erfolgreich einer Lösung zugeführt. Die Feuerwehren und der Landesfeuerwehrverband stellen sich diesem Thema auf einer sachlich-professionellen Ebene“, erklärt Günther Watzenegger, Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbandes. Ähnlich handhabt es derzeit auch der Vorarlberger Blasmusikverband. Obmann Wolfram Baldauf: „Wir stellen fest, dass vermehrte Anfragen zu diesem Thema kommen. Wir informieren auf unserer Homepage und weisen auf die Richtlinien hin.“
Aufregung Richtung Osten steigt
Was in Vorarlberg also noch für wenig Aufsehen sorgt, wird, je östlicher man blickt, umso härter diskutiert. Zahlreiche Vereine bis hin zu politischen Organisationen scheinen derzeit die Flucht vor den neuen Regelungen rund um die Registrierkassenpflicht in die selbsternannte „Gemeinnützigkeit“ antreten zu wollen, um sich von Auflagen, Registrierkassen und letztlich sogar von Steuerpflichten zu befreien. Im Burgenland etwa läuft seit Mai 2015 eine Initiative der Jungen ÖVP zur Rettung der Vereinsfeste. Seitens der Landwirtschaft gab es zuletzt zahlreiche Vorstöße in diese Richtung, zuletzt vom Präsidenten des österreichischen Weinbauverbandes. Er hatte eine Art Rundruf in eigener Sache gestartet, mit dem Appell an politische Entscheidungsträger, man möge für Weinfeste Ausnahmen von der Registrierkassen- und Belegerteilungspflicht erwirken. „Der finanzielle Gewinn steht bei Weinfesten nicht im Vordergrund, sondern das Brauchtum“, so die Argumentation des Weinbauernverbandes.
Pointiert reagiert Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, auf diese Aussagen: „Wenn das so ist, dann gründen wir jetzt einen österreichweiten ,Verein zur Pflege der Geselligkeit und der Kulinarik‘, in dem alle unsere gastgewerblichen Betriebe Mitglied werden, und befreien sie damit von Auflagen und Abgaben.“„Ich bin nicht gegen das Vereinswesen, im Gegenteil“, hält die Obfrau fest. „Es geht uns in der Sache jedoch um Fair Play: Entweder halten sich alle an die vom Gesetzgeber verabschiedeten Regelungen, oder auch die gewerblichen Betriebe bekommen bei Registrierkassen und anderen Auflagen genau dieselben Ausnahmen wie Landwirtschaft, Vereine oder Parteiorganisationen.“
Andrew Nussbaumer, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Vorarlberg, sieht grundsätzlich in dieser Frage auch hierzulande ein Problem, „allerdings niemals in dem Ausmaß wie im Osten“. „Sollte es aber politisch durchgehen, dass Vereine von einer Registrierkassenpflicht befreit werden, geht auch bei uns die Gastronomie auf die Barrikaden“, weiß Nussbaumer.
Vorfeldorganisationen der Parteien in der Kritik
Kritik in Richtung der politischen Vorfeldorganisationen herrscht derzeit vor allem in Kärnten. Der dortige Wirtschaftskammer-Präsident Jürgen Mandl zeigt sich verärgert: „Nicht nur Vereine, auch politische Organisationen scheinen eine selbsternannte Gemeinnützigkeit vorgeben zu wollen, um sich von Auflagen, Registrierkassen und letztendlich sogar von Steuerpflichten zu befreien.“ Mandl betont, er sei ein Verfechter eines lebendigen Vereinswesens mit all seinen wichtigen gesellschaftlichen Funktionen. Es gehe aber einmal mehr um eine gerechte Betrachtung. Gerade bei der Gemeinnützigkeit gibt es sehr strenge gesetzliche Auflagen: Es muss eine Reihe von inhaltlichen und formalen Voraussetzungen erfüllt sein, um in den Genuss der steuerlichen Vorteile zu gelangen. Experten sagen, dass von den rund 119.000 Vereinen, die es in Österreich gibt, grob geschätzt 80 bis 90 Prozent bei einer strengen Prüfung durch die Finanzbehörden als steuerlich nicht begünstigt klassifiziert würden.
Die Vertreter der Gastronomie sind sich jedenfalls in ganz Österreich einig: „Vereine sollten bei ihren Festen grundsätzlich auf Kooperationen mit Gastronomen setzen. Damit sind die Veranstalter auf der sicheren Seite, denn Wirte kennen sich bei den Auflagen bestens aus. Gleichzeitig wird so auch die Wirtshauskultur im Land gestärkt. Und dafür ist es allerhöchste Zeit: Der Wildwuchs an gastronomischen Veranstaltungen durch Vereine hat dazu geführt, dass Gastronomiebetriebe gerade in ländlichen Regionen mit erheblichen Umsatzeinbußen zu kämpfen haben.“
Kommentare