Barbara Kolm

Österreich entflechten!

April 2015

Es wird höchste Zeit, dass die österreichischen Staatseinnahmen, ähnlich wie in der Schweiz, besser verteilt werden. Um das zu erreichen, muss der Finanzausgleich vor allem transparenter und einfacher werden.

Im Jahr 2012 verblieben in der Schweiz 34,5 Prozent der Einnahmen beim Bund. In Österreich waren es 65,1 Prozent. 42,3 Prozent der Einnahmen flossen in der Schweiz an die Kantone zurück resp. verblieben dort; in Österreich waren es nur 23,4 Prozent, die an die Länder zurückflossen. Auch die Schweizer Gemeinden erhielten mehr bzw. durften 23,3 Prozent ihrer Abgaben behalten; in Österreich erhielten die Gemeinden nur 11,5 Prozent zurück.

Österreichs Finanzminister Schelling muss bis Ende 2015 einen neuen Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ausverhandelt haben. Im Mittelpunkt der Debatte stehen ein aufgabenorientierter Finanzausgleich und die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten.

Aufgaben klar verteilen

Das setzt aber ein einfaches, transparentes und flexibles System voraus, in dem eindeutig festgelegt ist, wer künftig welche Aufgaben zu erfüllen hat: Was sind Pflichtaufgaben für die Länder, die Gemeinden bzw. den Bund, und was sind freiwillige Aufgaben? Derzeit ist das zersplittert in diversen Landes-und Bundesgesetzen sowie auch im Finanzverfassungsgesetz festgelegt.

Der Großteil der Steuern wird vom Bund eingehoben. Damit die Länder und Gemeinden für ihre diversen Verpflichtungen und Aufgaben ausreichend Mittel zur Verfügung haben, bekommen sie einen bestimmten Anteil an den gesamten Steuereinnahmen – nämlich rund 33 Milliarden Euro im Jahr 2014. Davon erhalten die Länder 23 Milliarden, die restlichen zehn Mil­liarden bekommen die Gemeinden.

Insgesamt gibt es drei Möglichkeiten, wie Länder und Gemeinden Geld vom Bund bekommen können:

  1. Über die Ertragsanteile am gesamten Steueraufkommen. Die Aufteilung erfolgt nach einem fixen Verteilungsschlüssel.
  2. Über die zweckgebundenen Zuschüsse für Straßen- und Krankenanstaltenfinanzierung, für Kinderbetreuung und für den Pflegefonds.
  3. Über die Beteiligung des Bundes an bestimmten Kosten der Länder, wie Gelder für die Landeslehrer und für die Flüchtlingsbetreuung.

Eine genaue Analyse des Finanzausgleichs verdeutlicht, dass die Transferbeziehungen in den letzten Jahren zugenommen haben und der Steuerverbund immer stärker wird. 210.000 Transferströme pro Jahr finden allein auf Gemeindeebene statt.

Österreich benötigt zunächst eine Entflechtung und dann eine vollkommen neue Zuordnung der Aufgaben und Ausgaben auf die Gebietskörperschaften. Sobald die Reform des Finanzausgleichs eine neue eindeutige Aufgabenverteilung festgelegt hat, könnten die Länder auch mehr Einnahmenverantwortung übernehmen, also mehr eigene Steuern einheben. Sowohl bei der Einkommen- als auch bei der Lohnsteuer ist eine gewisse Bandbreite für die Länder durchaus vorstellbar, ebenso bei der Kfz-Steuer, die wohnsitzbezogen betrachtet werden kann.

Ein neuer Finanzausgleich soll zudem eine nachhaltige Sicherstellung einer aufgabenadäquaten Finanzierungsbasis der bereitzustellenden Güter und Dienstleistungen aller Gebietskörperschaften und Fonds zum Ziel haben. Unter flexibler ist zu verstehen, dass der neue Finanzausgleich offen sein muss für künftige Änderungen in der Finanzierung der Gebietskörperschaften, wie zum Beispiel im Bereich der Steuerhoheit für die Länder.

Genau genommen hätte die Reform des Finanzausgleichs gleich Hand in Hand mit einer Steuerreform gehen müssen und auf diese auch abgestimmt werden sollen. Die Zeit drängt, weil intransparente Verfahren bzw. unklare Verantwortlichkeiten in Österreich immer öfter zu unwirtschaftlichen oder unzweckmäßigen Gebarungen bei den betroffenen Haushalten führen.

Die entscheidende Voraussetzung für den Finanzausgleich Neu sei ein harmonisiertes Haushaltsrecht, die damit betraute Arbeitsgruppe komme gut voran, so Schelling: „Wir brauchen vergleichbare Daten, um Doppelgleisigkeiten überwinden und das Förderungswesen reformieren zu können.“ Die Frage der Steuerhoheit für die Länder sei völlig offen, insbesondere jene, welche Steuern sie umfassen könnte.

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