Andreas Gapp

* 1974 in Innsbruck, Studium der Rechts­wis­senschaften an der Uni Innsbruck, Fachgruppen-Obmann der Vorarlberger Seilbahnen.

Was Kennedy mit der jetzigen Krise zu tun hat?

März 2021

Die aktuelle Krise verwirrt, und Verwirrung führt zu Angst. Diesen Zustand gilt es zu überwinden. Dazu müssen alle beitragen: die Politik, die Unternehmen, aber natürlich auch alle Privatpersonen – also jeder.

1. Gebt uns Ziele. Raus aus der Ungewissheit.

Nachdem es so schwierig ist vorherzusagen, wie es weitergeht, muss die Politik Annahmen treffen. Arbeitshypothesen. Annahmen über die weitere Entwicklung und auch darüber, was man erreichen möchte. Wir benötigen also greifbare Ziele – messbar und definiert, mit einem Zeitrahmen versehen. Und auch alternative Szenarien, wenn die geplante Entwicklung nicht eintritt. Die Szenarien müssen dann in die richtige Reihenfolge gebracht werden. So entsteht ein Plan. Daraus ergeben sich Ziele und Aufgaben bis zum Tag x. Es ist klar, was zu tun ist. Wir schaffen Ziele und Fokussierung. Die Ungewissheit verschwindet. Dann kann man Menschen auch motivieren, diesen Weg zu unterstützen und „mitzutragen“. Gemeinsam wird die Zukunft so klarer und auch gestaltbar.

2. Wir wollen unser Leben zurück. Und jeder muss seinen Beitrag leisten.

Eine der Fragen, die mich beschäftigt, ist, ob wir alle mit den Lockdowns auf Dauer leben können und müssen? Was kann man tun, um wieder ins Leben zu kommen? Es geht um Eigenverantwortung. Dazu passt das Zitat von John F. Kennedy: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!“
Das trifft auf unterschiedlicher Ebene zu. Im Privaten und auf das Unternehmertum. Unternehmen müssen mit aller Kraft an den Szenarien mitarbeiten dürfen. Die Politik und Behörden brauchen Unterstützung. Es sind neue Ideen gefragt – anhand der Szenarien. Was früher nicht ging, geht vielleicht jetzt. Raus aus dem alten Denken! Zwischen Schwarz und Weiß gibt es auch viele andere Möglichkeiten. Es geht nicht um Selbstoptimierung. 
Es geht um die Umsetzung der Ziele: hygienetechnisch, politisch, netzwerktechnisch sowie produktionstechnisch. Alles spielt zusammen beziehungsweise soll zusammenspielen. Vielleicht ein wenig wie John F. Kennedy, der am 25. Juni das Apollo-Programm verkündete. Daraus entstand ein nationaler Kraftakt.* Und die Privaten – was sollen sie machen? Auch hier gilt: Es geht nicht um Selbstoptimierung, um: Was ist denn gerade noch erlaubt? Es geht darum, mit aller Kraft die definierten Maßnahmen zu unterstützen, das heißt „testen, testen, testen“ und so schnell wie möglich „impfen, impfen, impfen“ und natürlich auch darum, Vorgaben einzuhalten. So erreichen wir auch die in den Szenarien gesteckten Ziele. Jeder kann daran mithelfen. 
Wie das erreicht werden kann? Mit klarer Kommunikation. Und Verlässlichkeit dessen, was gesagt wird. Was heute gesagt wird, gilt auch morgen. Dafür braucht es eben die Szenarien, um Glaubwürdigkeit zu erreichen. Im Ergebnis: Anstatt die Infektionen im Nachhinein durch Contact-Tracing zu suchen, findet man die Positiven früher – bevor sie andere infizieren.

3. Vom Ende her denken!

Und die Unternehmen? Die Krise zeigt, dass diese massiv getroffen sind. Es fehlen Kunden, es fehlen Umsätze. Ein Großteil der Kosten bleibt bestehen. Hier muss die Devise heißen: „Wir lassen niemanden zurück.“ 
Aber wie? Fixkostenzuschuss? Umsatzersatz? Die Diskussion über die Treffsicherheit und Zielgenauigkeit von Maßnahmen ist im Vorhinein absurd. Keiner weiß, wie lange die Krise dauert und was noch kommt. Und keiner weiß, wie das Ende ausgeht. Vielleicht muss man gerade deshalb einmal vom Ende her denken. Was wir wissen, ist, dass wir am Ende weiterhin Unternehmen benötigen, die Arbeitsplätze sichern sowie Wertschöpfung und somit Wohlstand schaffen. Wenn wir das wollen, müssen wir die Zeit bis dahin überbrücken. Bis dahin braucht es zwei Punkte. 1. keine Insolvenz bei Überschuldung und 2. Liquidität. Für Zielgenauigkeit bleibt dann immer noch genügend Zeit. Wir schalten sozusagen auf „Pause“.
Wie das geht? Erstens kann man regeln, dass alle Unternehmen in dieser Zeit eine positive Fortführungsprognose per Gesetz erhalten. Und zweitens benötigt es Überbrückungskredite. Das Geld muss am Ende der Krise zurückbezahlt werden – ganz oder nur zum Teil, kann später geregelt werden. Zur Sicherheit kann die Kreditzahlung an ein „Gesundheitstestat“ (War das Unternehmen vor der Krise gesund?) des Steuerberaters (diesen hat jeder) beziehungsweise Wirtschaftsprüfers geknüpft werden. Dadurch würde die Lebensfähigkeit der Wirtschaft erhalten bleiben. Wer möchte, kann dies mit dem Marshallplan vergleichen: „Der Marshallplan, offiziell European Recovery Program (ERP), war ein historisch bedeutendes Wirtschaftsförderungsprogramm der USA für den Wiederaufbau der Staaten Europas nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Zeitraum von 1948 bis 1952 wurden Hilfen im Wert von insgesamt 13,12 Milliarden Dollar (entspricht 2020 rund 141,67 Milliarden Dollar) an viele, insbesondere westeuropäische Staaten geleistet.“ 
Sollte das Beihilfenrecht der EU diesem Vorgehen entgegenstehen, müsste der Rechtsrahmen geändert werden. Politik ist die Kunst des Möglichmachens. Die Banken konnten 2008 und später auch gerettet werden …

Was bedeutet das nun konkret?

  1. Es braucht Szenarien, wie wir durch die Krise kommen. 
  2. Ziele müssen formuliert werden, an deren Verwirklichung jeder mitmachen kann (zum Beispiel Testquoten). Mit dem Erreichen der Ziele muss man Erfolge verknüpfen (zum Beispiel der Handel geht dann wieder auf).
  3. Die Wirtschaft hat kreative Öffnungskonzepte zu erarbeiten.
  4. Das EU Beihilfenrecht muss ausgesetzt werden, um der Wirtschaft wirklich helfen zu können.

Und dazu passt wieder Kennedy: „Wann, wenn nicht jetzt? Wo, wenn nicht hier? Wer, wenn nicht wir?“ 

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