Ulrike Delacher

Die gebürtige Tirolerin studierte Germanistik und Integrierte Kommunikation. Sie leitet die Unternehmenskommunikation bei der Vlbg. Krankenhaus-Betriebsgesellschaft.

(Foto: © Matthias Weissengruber)

Ästhetik hilft und bringt Geld, aber …

Februar 2016

Plastische Chirurgie am LKH Feldkirch – viel mehr als Ästhetische Chirurgie.

Das medizinische Fach der Plastischen Chirurgie hat gerade in den letzten zwei Jahrzehnten einen enormen Aufwind erfahren – aus Gründen, die für Prim. Prof. Dr. Peter Kompatscher, Leiter der Schwerpunktabteilung des Landes am LKH Feldkirch, nicht die Schwerpunkte seiner Disziplin darstellen: „Freilich machen wir auch ästhetische Eingriffe. Unsere Behandlungsschwerpunkte und unser Versorgungsauftrag liegen allerdings in weit komplexeren Bereichen wie etwa der Tumor-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie sowie in den Verbrennungsbehandlungen.“ 

„Die Wiederherstellung bei Deformationen war dem Menschen immer schon ein Anliegen, mit dem Ziel, Form und Funktion des menschlichen Körpers wieder einzurichten“, beschreibt Kompatscher die Motivation für die Entwicklung der Disziplin der Plastischen Chirurgie. „Historisch ist belegt, dass die erste Nasenrekonstruktion bereits 700 v. Chr. durchgeführt wurde“, erklärt Primarius Kompatscher. In Vorarlberg, genauer, am Schwerpunktkrankenhaus Feldkirch wurde die Abteilung für Plastische Chirurgie im Jahr 1988 eingerichtet. Dabei ist die Plastische Chirurgie erst seit Mai desselben Jahres ein eigenes Nominalfach und war vorher ein Zusatzfach der Chirurgie. Heute müssen Mediziner ihre Facharztausbildung während sechs Jahren in sechs verschiedenen klinischen Modulen absolvieren, um „Plastische/r Chirurgin/Chirurg“ zu werden.

Individuelle Veränderung der Norm

Bei Eingriffen im Feld der Ästhetischen Chirurgie handelt es sich um Veränderungen von Normbefunden auf Wunsch der Patienten. Primar Kompatscher schildert, worin gerade in diesem Gebiet die Herausforderungen liegen: „Normen werden von der Gesellschaft aufgestellt, die Norm zur Ästhetik hat sich in der Wahrnehmung heute sehr verändert. Ursprünglich hat sich dieses Fachgebiet ebenfalls aus der Wiederherstellungchirurgie entwickelt, ist aber heute eine freiwillige Entscheidung des Patienten zu einem formverbessernden Eingriff. Wir stehen selbstverständlich mit unserer Expertise beratend zur Verfügung, nur: Die Indikation für diese Eingriffe ist immer der subjektive Leidensdruck und nicht ein verunstaltender Schaden.“

Behandlung von schweren Verbrennungstraumen

Verbrennungen können zum schwerstmöglichen Verletzungsbild des menschlichen Körpers führen. „Sind bei Brandverletzten über 20 Prozent der Körperoberfläche betroffen, sprechen wir von schweren Verbrennungen.“ Dann wird Spitzenmedizin geleistet, denn die Therapie ist schwierig – und langwierig. Die Plastische Chirurgie arbeitet hier eng mit der Intensivmedizin zusammen, um dem Betroffenen zu helfen. Im Laufe der Zeit müssen dann viele weitere Folgeoperationen an den verbrannten Stellen durchgeführt werden. „Am LKH Feldkirch haben wir neben dem AKH Wien als einziges österreichisches Krankenhaus zwei spezielle Intensivkojen für Brandopfer mit schweren Verbrennungen.“ Durch diese Units, die der Isolation dieser immunsupprimierten Patienten dienen, haben Patienten mit einem Verbrennungsgrad von 80 Prozent ihrer Körperoberfläche überlebt. „Ein Index für uns ist hier Alter in Relation zur verbrannten Oberfläche. Allerdings haben sich solche Unfälle in den letzten fünf Jahren enorm reduziert, hier greifen die präventiven Maßnahmen am Arbeitsplatz und im Haushalt ausgezeichnet.“

Hand- und Mikrochirurgie

Eines der wichtigsten Behandlungsgebiete der Plastischen Chirurgie Feldkirch ist die Mikrochirurgie. Operiert werden beispielsweise angeborene Fehlbildungen wie überzählige oder zusammengewachsene Finger, Nervenerkrankungen, Tumor-erkrankungen oder auch Unfallverletzungen an der Hand. „Wir reparieren und ersetzen Defekte, auch mikroskopisch kleine Strukturen wie Nerven, Gefäße oder Sehnen, und arbeiten funktionsbezogen im Sinne der Wiederherstellungschirurgie. Dank der Weiterentwicklung der Medizintechnik ist es uns möglich, unser Operationsfeld enorm zu vergrößern (Visusverstärkung) und noch exakter zu arbeiten“, erklärt Kompatscher. Die Experten verwenden sogenannte Uhrmacherpinzetten von 0,1 mm Durchmesser, um die zum Teil hauchdünnen Strukturen zu reparieren.

Behandlung von Tumoren und Wiederherstellungschirurgie

Die Mikrochirurgie spielt grundsätzlich auch bei Tumoroperationen im Sinne der anschließenden Wiederherstellungs-chirurgie eine wichtige Rolle: „Wenn wir einen Defekt, der wichtige Gewebestellen betrifft, ersetzen müssen, etwa nach Speiseröhrenverlust oder einen Brustaufbau mit Eigengewebe, ist es notwendig, dass wir durchblutetes Gewebe von einem Ort des eigenen Körpers an einen anderen Ort verpflanzen. Bei diesem sogenannten Gewebstransfer nähen wir beispielsweise unter dem Mikroskop die ernährenden Blutadern zusammen“, beschreibt der plastische Chirurg die Herausforderungen. Geht es um das Gebiet der Tumorchirurgie, arbeitet das Ärzteteam rund um Kompatscher mit fast allen Abteilungen im LKH Feldkirch zusammen. Entstellende Tumorresektionen in sichtbaren Bereichen oder das Beheben von Funktionseinschränkungen zählen hier zu den Routineaufgaben, gleiches gilt für angeborene wie erworbene körperliche Defizite. 

In der Feldkircher Abteilung der Plastischen Chirurgie sind rund zehn Prozent der Eingriffe der Ästhetischen Chirurgie zuzuordnen, ebenfalls zehn Prozent der Behandlungen betreffen Verbrennungsopfer. Weit über die Hälfte der Operationen entfallen auf die Tumor- sowie die Wiederherstellungschirurgie. Mikrochirurgische Operationen erfahren rund 20 Prozent der Patienten.

Kommentare

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Schön zu lesen, dass man mit Handchirurgie zusammengewachsene Finger operieren lassen kann. Meine Tante und Onkel haben gestern ein Kind bekommen und bei einem Hand von ihm sind die Finger zusammen gewachsen. Glücklicherweise kann man das operieren. https://www.dr-hager.at/operative-handchirurgie/salzburg