Wasserreiches Vorarlberg
TV Hinweis: „WASSERREICH – Vorarlbergs Bäche, Seen und Wasserfälle”, 30. September um 21.00 Uhr auf 3Sat
Den Bodensee kennt man. Vorarlberg verfügt darüber hinaus über einen enormen Wasserreichtum – an Seen, Bächen und auch an Niederschlägen. Es ist eine der niederschlagsreichsten Regionen Europas. Genügend Wasser zu haben, ist ein großer Schatz, auf den auch aufgepasst werden muss.
„Wir leben in einer sehr wasserreichen Gegend. Es regnet auf die Landesfläche im Durchschnitt rund 1900 Millimeter im Jahr, also 1900 Liter pro Quadratmeter. Das ist sehr viel“, sagt der Leiter der Wasserwirtschaft Vorarlbergs, Thomas Blank. „Österreichweit sind es 1100 Millimeter im langjährigen Mittelwert, im Burgenland gar nur 500 Millimeter, in Konstanz etwa 700“. Es gibt mehrere Gründe dafür: Vorarlberg liegt im Nordstau-Bereich der Alpen, in einer West-Wind-Zone. Wolken stauen sich an den Alpen zum ersten Mal, regnen also an den Gebirgen um die 2500 und 3000 Meter richtig ab. Dazu kommt noch der Bodensee. Hier saugen sich die Luftmassen noch mal richtig voll mit Wasserdampf, der als Niederschlag zu Boden geht.
Vorarlberg verfügt über 700 dokumentierte und genutzte Quellen. Manches Quellwasser bleibt längere Zeit in luftgefüllten Hohlräumen, das kann bis zu sechs Jahre sein. Diese lange Verweildauer im Berg ist ein großer Schatz für den Fall einer Verschmutzung oder Kontaminierung anderer Quellen. Vorarlberg zählt zudem weit über 600 Seen und Weiher, sowie über 4710 fließende Gewässer.
Wie wird sich der Klimawandel auswirken? Thomas Blank meint, dass er spürbar wird; vor allem lokale Stürme und Starkregen werden erwartet, so die Prognosen von Klimaforschenden, führt Blank weiter aus. Die Jahresniederschlagsmenge von heute dürfte aller Voraussicht nach die nächsten Jahre erhalten bleiben, meint der Experte, man rechnet also damit, dass man ausreichend Wasser-Reserven haben wird. Ein Prozent des jährlichen Niederschlages reicht übrigens aus, um das ganze Land mit Wasser zu versorgen.
Wasser ist Lebensraum, Wasserqualität sagt viel aus über die Tier- und Pflanzenwelt; auch über die Vielfalt im und am Wasser. Das zeigt sich im Tal ebenso wie im Hochgebirge. Ein Beispiel für Artenvielfalt ist die Region um den Verbella-Bach im hinteren Montafon. Der Gewässerökologe Alexander Düregger vom Umweltinstitut kommt geradezu ins Schwärmen, wenn er von der Artenvielfalt erzählt. „Es ist tatsächlich so, dass die Natur einen enormen Reichtum hat, einen Schatz an unterschiedlichen Organismen, die die Evolution zu Tage gebracht hat. Und wenn man dann mit offenen Augen durch die Natur schreitet und sich vielleicht auch das eine oder andere Mal hinsetzt und ringsum schaut, dann kann man sich eigentlich nicht satt sehen“. Während er erzählt, wird er von verschiedensten Insektenarten, Käfern, Faltern, Fliegen und anderem Getier umschwärmt. „Auf jedem Quadratmeter sind Dutzende verschiedene Insektenarten zu finden, man muss sich nur mal hinsetzen in der Natur und beobachten, dann sieht man, was die Natur alles parat hat!“
Manche Tiere leben lange Zeit im Wasser, so wie die „Perla Grandis“, eine spezielle Fliegenart, sie wird bis zu fünf Zentimeter groß; sie lebt im Hochgebirge. Düregger ist begeistert: „Das sind Überlebenskünstler. Wenn man sieht, was sich in einem Gebirgsbach abspielt, da sind Räuber, Vögel und Fische, und da gehen Lawinen ab in den Bach – und diese Larven überleben bis zu drei Jahre, um dann für nur ein paar Wochen an Land zu sein, um sich fortzupflanzen, das ist immer wieder faszinierend.“
„In Sachen Diversität ist das Verständnis der Zusammenhänge nicht immer gegeben,“ räumt Alexander Düregger ein. Doch bei der jüngeren Generation orte er mehr Verständnis für die Erhaltung der Artenvielfalt. „Als Ökologe wünsche ich mir natürlich mehr Platz für Gewässer“, meint er nachdenklich, „wenn Arten verschwinden, dann sind sie weg, das kann man nicht per Knopfdruck wieder rückgängig machen“.
Das wasserreiche Vorarlberg hat aber noch andere Besonderheiten zu bieten. Süßwasserkrebse. In der Dunkelheit kommen sie aus ihrem Versteck. Sie leben in ruhig fließenden Bächen mit hoher Wassergüte, die mit Steinen und Pflanzen Nischen anbieten. Die Krebse sind absolut geschützt. Das war nicht immer so. Einst gab es viele Edelkrebse in Vorarlbergs Gewässern, erzählt Gerhard Hutter, Gewässer-Ökologe im Umweltinstitut in Bregenz. „So wird beispielsweise in der Emser Chronik aus 1616 vom edlen Krebsbach in Lustenau berichtet und in zwei Kochbüchern aus einem Kloster bei Bludenz aus dem 18. Jahrhundert finden sich eine Reihe von Rezepten zur Zubereitung von Flusskrebsen.“ „Die Schalentiere häuten sich im Wachstum, man kann also durchaus einen geöffneten Panzer finden, der abgestreift wurde, damit ein größerer wachsen kann. „Der Krebs ist die Gewässerpolizei am Bach, er frisst Algen, Insekten, aber auch tote Fische und manche sind gar Kannibalen, sie fressen auch Artgenossen“. Wo sie leben, ist das Wasser von sehr guter Qualität.
Kommentare