Raphaela Stefandl

Zehn Jahre lang Schweiz-Korrespondentin des ORF, seit Oktober 2021 freie Journalistin und Medientrainerin, langjährige Moderatorin und Sendungsverantwortliche von „Vorarlberg-Heute“, Redakteurin mit Schwerpunkt politische Berichterstattung. Foto: Alexander Roschanek

Wellenrauschen … wie der Traum vom eigenen Elektroboot Wirklichkeit wurde

August 2023

Dorina ist ihr ganzer Stolz. So heißt das Motorboot von Esther und Othmar Huser. Ruhig gleitet es über den See, kein Motorengeräusch ist zu hören, nur die Wellen und das Wasser. Ein leises Rauschen wie auf einem Segelboot. Dabei ist „Dorina“ ein Motorboot – allerdings fährt es voll elektrisch. Zwölf Jahre lang hat der gelernte Tischler aus dem schweizerischen Steinach am Bodensee getüftelt, gerechnet und gebaut – er wusste nur eines: „Ich will ein Elektroboot bauen und den See ruhig und ohne Dieselgeruch genießen“. Und das hat er geschafft. Das stattliche Schiff ist gut zehn Meter lang, wiegt vier Tonnen und ist mit allem ausgerüstet, was man in einem schwimmenden Ferienhaus so braucht. „Und das Beste“, sagt Othmar Huser, wir mussten alle vier Jahre, die wir jetzt mit ,Dorina‘ fahren, kein einziges Mal eine Steckdose benutzen, um zu laden“.
Das Geheimnis der „Dorina“ liegt am Dach des Bootes. Es ist eine Photovoltaik-Anlage mit zehn Quadratmetern Fläche und einer Leistung von 1,5 Kilowatt; die beiden Lithium Batterien können insgesamt 16 Kilowatt speichern. „Das ist ein dickes Polster, damit komme ich weit“, sagt der Hobby-Kapitän, der seine Urlaubstage auf der Motor­yacht am Bodensee verbringt „Die Sonne macht uns regelmäßig mehr Strom als wir verbrauchen und speichern können“ schmunzelt Othmar nicht ohne Stolz, „ich decke manchmal sogar das Dach ab“. Das Display am Führerstand des Holzbootes blinkt. „Hier habe ich alle Daten zur Verfügung für die Reise, ich weiß wieviel Strom ich bei wieviel Geschwindigkeit brauche, wieviel die Photovoltaik-Anlage gerade erzeugt, ich sehe also, wie weit ich komme und dabei fahre ich immer mit Reserve. Am Bodensee kann schnell ein Sturm aufziehen und so weiß ich auch, dass ich mal ordentlich Gas geben kann, um in einen Hafen zu fahren, wenn es mal brenzlig würde“. Apropos schnell fahren: „Wir sind mit vier Knoten gemächlich unterwegs“, meint seine Frau Esther, „wir sind ja in der Freizeit am Bodensee, wir haben also keine Eile.“ Der Motor hat eine Leistung von maximal 13 Kilowatt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Boot für 4,5 Knoten etwa vier Kilowatt benötigt.
„Dorina“ ist komfortabel eingerichtet: „Alles selbst gemacht“. Es verfügt über einen Wohn-Essbereich, vier Schlafplätze, Stauraum, WC, Kühlschrank, Kaffeemaschine, Induktionskochplatte und Backofen. „Da mach ich gerne Kuchen, wenn wir unterwegs sind“, erzählt Esther, während beide das sanfte stille Gleiten über den See genießen. 
Der E-Motor stammt aus Lustenau. Die Firma Kräutler baut schon seit 1971 elektrische Motoren für Industrie und Bootsbauer, vom Flautenschieber für Segelboote bis zu Motorbooten. „Mein Vater“, erzählt Harald Kräutler, einer der beiden Brüder, die die Firma führen, „hat schon früh mit dem Bau von Elektromotoren begonnen. Wir machen Spezialanfertigungen und arbeiten auch für Bootsfirmen“. Die E-Motoren-Käufer kommen vom Neusiedler-See oder von den Grachten in Holland, „eben von überall dort, wo Diesel und Benzin-Motoren ganz oder eingeschränkt verboten sind. Dazu zählen auch einige andere österreichische Seen“. Und am Bodensee: Das erste große Projekt am See war die Motorisierung der Elektro-Fähre „Mainau“ der deutschen Bodenseeschifffahrt. „Die haben den Betrieb vor einem Jahr gestartet, das läuft ganz gut, mal sehen, ob es Nachahmer geben wird …“ schmunzelt Harald Kräutler. „Aber am Bodensee ist es sonst schwierig, da können sich die Anrainerstaaten nicht einigen, die Verbrenner-Motoren einzuschränken oder zu verbieten. Von Entkarbonisierung am See keine Spur.“ Dabei bräuchte es laut Harald Kräutler keine große Umbauten in den Häfen. Boote mit mittleren und kleineren Motoren – vor allem Segelboote – würden mit den Steckdosen in den Häfen auskommen. „Nur für schnelle Boote wären Schnell-Ladestationen nötig“. Dabei stelle sich die Frage, warum man am See generell herumrasen müsse, man sei ja in der Freizeit.
Die internationale Konkurrenz im E-Motoren-Bereich ist groß. Kräutler stellt seine Motoren alle in Lustenau her, das steckt viel Handarbeit drin – bis zur Wicklung der Spulen. „Wir schaffen es immer wieder, bei Entwicklungen mit dabei zu sein“, meint Harald Kräutler. So bestückte die Traditionsfirma ein Schiff, das völlig autonom fährt und für Forschungszwecke aufs Meer geschickt wird; derzeit wird es in England gebaut. Es soll noch im Herbst in See stechen. „Als wir in den 1990er Jahren Segelboote mit E-Motoren ausgestattet haben, wurden wir belächelt. Die Entwicklung geht heute rasch weiter.“
Zurück zum Elektro-Holzboot der Husers. Er habe viel Pioniergeist gebraucht, aber so ist es bei allem, was neu ist. Die Kosten? Die sind schon höher als bei einem Verbrenner-Motor, meint Othmar, aber das kommt über die Jahre wieder herein. „Ich muss ja nicht mehr tanken, der Sonnenstrom ist gratis und der Motor ist praktisch wartungsfrei, muss kein Öl wechseln – und nichts stinkt mehr und macht Geräusche. Das ist doch gut für alle am Bodensee, das muss man alles sehen“.

Sendungs-Tipp : Österreich-Bild zum Thema „E-Mobilität in Vorarlberg“ aus dem Landesstudio Vorarlberg am Sonntag, 3. September 2023 um 18.25 Uhr auf ORF 2.

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