Thomas Feurstein

* 1964 in Bregenz, Studium der Germanistik und Geografie, Biblio­thekar und Leiter der Abteilung Vorarlbergensien an der Vorarlberger Landes­bibliothek seit 1998.

 

Katharine Drexel (1858–1955) Die Heilige mit Dornbirner Wurzeln

September 2015

Vertreter der weißen Bevölkerung beklagten 1905 in Nashville/Tennessee, dass der Bau von Wohnsiedlungen oder Schulen für Schwarze die Immobilienpreise der umliegenden Viertel ruiniere und mit Protesten und Aktionen dagegen zu rechnen sei. Katharine Drexel, die in den ganzen USA für die Errichtung von Bildungseinrichtungen für Farbige und Indianer kämpfte, ließ sich auch von solchen massiven Widerständen nicht einschüchtern oder gar von ihren Zielen abbringen.

Tucson/Arizona und Dornbirn-Hatlerdorf haben als kleine Gemeinsamkeit eine Straße, die jeweils nach der heiligen Katharine Drexel benannt ist. Verständlicherweise waren ganz unterschiedliche Motive dafür ausschlaggebend, der Ordensschwester aus Philadelphia in dieser Weise zu gedenken. In Dornbirn ist es die Herkunft, die einen Bezug zur Familie Drexel herstellt, war es doch ihr Großvater Franz Martin Drexel, der 1817 von Dornbirn in die USA auswanderte. Seine Söhne Francis und Anthony bauten dann die kleine Bank des Vaters zu einem der größten Bankhäuser der Vereinigten Staaten aus. In diese angesehene und wohlhabende Familie wurde 1858 Katharine geboren, als Tochter von Francis und zweites Kind ihrer Mutter Hannah Langstroth, die wenige Monate nach Katharines Geburt verstarb. 1860 heiratete ihr Vater dann in zweiter Ehe Emma Bouvier, eine Urgroßtante von Jacqueline Bouvier-Kennedy-Onassis. Es folgte eine Kindheit im materiellen Überfluss, mit Sommern im Landhaus, einer gediegenen Ausbildung und Europareisen, die Katharine nach Paris, London, Genf, Wien und in viele andere Städte führten.

Der plötzliche Tod des Vaters 1885 und eine Audienz bei Papst Leo XIII. ließen in Katharine Drexel den Entschluss reifen, sich vom Leben im Reichtum zu verabschieden und Ordensschwester zu werden. In einer Biografie wird sie „Apostle of the oppressed“ (Apostel der Unterdrückten) genannt, was ihre Leistung prägnant beschreibt. Sie setzte sich ein Leben lang mit ganzer Kraft und dem großen Vermögen, das sie geerbt hatte, dafür ein, die Lebensbedingungen von Farbigen und Indianern zu verbessern. So unterstützte sie etwa auch den Stamm der Yaqui-Indianer in der Region Tucson. 1891 gründete sie zu diesem Zweck den neuen Orden „Sisters of the Blessed Sacrament“, der noch heute seinen Hauptsitz in Bensalem/Pennsylvania hat.

Neben der Vermittlung des christlichen Glaubens sah sie den Aufbau von Bildungseinrichtungen als wichtigstes Instrument, den amerikanischen Minderheiten zu einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen. Insgesamt gründete sie über 60 Schulen, als bekannteste davon die Xavier University of Louisiana in New Orleans, wo sich 1925 erstmals Schwarze einschreiben konnten.

Die heilige Katharine Drexel ist in Vorarlberg schon lange keine Unbekannte mehr, da vor einigen Jahren Lydia Moser und Hubert Lenz, der jetzige Pfarrer von Hard, ihr Leben in einem kleinen Buch beschrieben haben. Nachdem sich die Vorarlberger Landes­bibliothek neben vielen anderen Themen auch für das Schicksal ausgewanderter Vorarlberger interessiert, war es naheliegend, auch über Katharine Drexel alle verfügbaren Publikationen zu beschaffen. Es handelt sich dabei um einige kleinere Beiträge aus Vorarlberg, zahlreiche Biografien in englischer Sprache sowie Dokumente der klassischen Heiligenverehrung wie etwa Gebetbücher.

Als Katharine Drexel 1955 nach langer Krankheit starb, unterrichteten in den 63 Schulen, die von ihrem Orden gegründet worden waren, über 500 Schwestern. 1988 wurde sie von Papst Johannes Paul II. selig- und dann im Jahr 2000 heiliggesprochen. Sie war damit die erst zweite auf dem nordamerikanischen Kontinent geborene Frau, die heiliggesprochen wurde.

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