Christoph Jenny

Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: © Dietmar Walser)

Zukunft? Bildung!

September 2018

So mancher medialer Blick auf die Jobs der Zukunft gleicht einem Horrorszenario. Breit berichtet wurde in den vergangenen Jahren, dass die Digitalisierung bis 2030 rund die Hälfte aller Jobs obsolet machen wird. Berufsbildungsexperten und Ökonomen sind da weitaus pragmatischer: Sie gehen nicht davon aus, dass es mittelfristig zu einem derart gravierenden Umbruch in der Berufswelt kommen wird. Das Institut für Höhere Studien erforschte beispielsweise, dass in Österreich nur neun Prozent der Arbeitnehmer überhaupt in Bereichen tätig seien, die – zumindest potenziell – durch neue Technologien ersetzt werden könnten. „Es werden oft Gespenster an die Wand gemalt“, sagte IHS-Chef Martin Kocher. Es lassen sich aber besonders zukunftssichere Bereiche definieren, etwa der IT-Bereich, Robotik und Mechatronik, Gesundheit und Pflege sowie das traditionelle Handwerk. Es lassen sich auch Fähigkeiten definieren, die immer stärker gefragt sein werden: Der Einzelne wird ein gesteigertes, breiteres Verständnis für Zusammenhänge über bestimmte betriebliche Abläufe hinaus haben müssen. Der Einzelne wird in einer zunehmend vernetzten Welt auch besser kommunizieren müssen. Und er wird die gesteigerte Bereitschaft haben müssen, zu lernen – ständig zu lernen.
Denn die Tätigkeiten und Anforderungen innerhalb so gut wie aller Berufe werden sich ändern. Neue Technologien, neue Erkenntnisse werden in einem immer stärkeren Maß in den Arbeitsalltag zu integrieren sein, die – geistigen – Anforderungen an den Arbeitnehmer werden ständig steigen. Wer über die Jobs der Zukunft sprechen will, muss zwingend über die Bildung der Gegenwart sprechen. Denn die gut ausgebildeten Schüler von heute werden die zukunftssicheren Jobs von morgen haben.
Und mit Blick auf die Zukunft ist es fahrlässig, was in Österreich in der Bildungspolitik weiterhin alles nicht geschieht. Teile unseres Schulsystems stammen aus Zeiten Maria Theresias, aber Bildung bleibt eine Diskussion über Türschilder: Es wird nach wie vor nur darüber diskutiert, wie die Schule der Zukunft genannt werden soll und nicht, was in ihr unterrichtet werden soll. Längst fällige Reformen bleiben aus und alte Lehrpläne in Kraft. Überalterte Strukturen werden verteidigt, es wird im Stillstand verharrt, Veränderung wird der Ideologie geopfert. Und damit will man sich für die Zukunft rüsten? „Auf den Menschen kommen ganz andere Herausforderungen zu, als nur das große Einmaleins zu können“, hatte Autor und Mathematiker Gunter Dueck auf dem Bildungsforum in Bregenz gesagt. Die Entscheidungsträger scheinen das nach wie vor nicht erkannt zu haben …

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