Peter Freiberger

Der Tatwaffe auf der Spur

Juni 2016

Aus einer Zastava M92, dem serbischen Nachbau der ebenso berühmten wie gefürchteten russischen Kalaschnikow, feuerte der Amokläufer von Nenzing im Mai die tödlichen Schüsse auf die Gäste des Motorradclubfests. Die heimischen Kriminalisten versuchen nun zu klären, wie die in Österreich verbotene Waffe nach Vorarlberg gelangte.

Bei der Zastava handelt es sich um eine Art Maschinengewehr. Sie ist als Kriegswaffe eingestuft und deshalb in Österreich verboten. Unter anderem verwenden die kurdischen Peschmergakämpfer diesen Waffentyp. Das „Vorbild“ für die Zastava, die ähnlich aussehende russische Kalaschnikow, kommt in sämtlichen Krisengebieten der Welt zum Einsatz. Sie wurde nach dem Entwickler des Urmodells dieses Waffentyps, Michail Timofejewitsch Kalaschnikow, benannt. Das Urmodell stammt bereits aus dem Jahr 1947.

Im Auto des Todesschützen, der sich schließlich selbst gerichtet hat, stellte die Polizei neben der Tatwaffe noch eine zweite Zastava M92 sicher. In der Wohnung des 27-jährigen Bludenzers wurden außerdem eine Gaspistole und Munition entdeckt. Die Gaspistole hätte der Schütze, der mit einem aufrechten Waffenverbot belegt war, ebenfalls nicht besitzen dürfen.

„Die Zastava M92 feuert mit sehr schneller und besonders gefährlicher Munition“, informiert Nobert Schwendinger, Leiter des Ermittlungsbereichs Leib-Leben im Landeskriminalamt. Sie gilt selbst aus größerer Entfernung als treffsicher. Rund 30 Schüsse hat der Bludenzer aus gut 80 Metern mit dieser Langwaffe auf die Festgäste abgegeben. Zwei Menschen starben, zwölf Personen erlitten – zum Teil schwere – Verletzungen. Eines der Opfer schwebte bei Redaktionsschluss nach wie vor in Lebensgefahr.

Seriennummer auf jeder Waffe

Eine der brennenden und noch ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit der Tragödie ist, wie der Attentäter in den Besitz der beiden verbotenen Kriegswaffen und der Gaspistole gelangte. „Jede Waffe trägt eine Seriennummer des Herstellers“, sagt Norbert Schwendinger. Die könnte die Behörden weiterbringen. „Aber nur theoretisch“, schränkt der Ermittler ein, zumal die Waffen wohl nicht legal erworben wurden. So bleibt – vor allem bei den beiden Zastavas – die Seriennummer eine vage Hoffnung, die Herkunft und der Weg nach Vorarlberg zu eruieren.

Die beiden besonders gefährlichen Langwaffen könnte der 27jährige jedenfalls aus dem Ausland hierher geschmuggelt haben. Die Kriminalisten denken in erster Linie an das Herstellerland Serbien. Möglich sei aber ebenfalls, dass er sie am Schwarzmarkt in Österreich erstanden hat. Waffen dieses Typs sind vereinzelt bereits in Vorarlberg aufgetaucht. „Wir arbeiten an der Klärung der Herkunft aller sichergestellten Waffen“, sagt Schwendinger. Dabei legt man den Schwerpunkt auf die Kriegswaffen. Die Umstände, wie der Bludenzer zur Gaspistole kam, habe derzeit keine Priorität.

Keine regelmäßigen Kontrollen

Hätte die Tragödie durch konsequente Kontrolle des Waffenverbots seitens der Exekutive verhindert werden können? Schwendinger: „Regelmäßige Kontrollen halte ich nicht für realistisch. Wir können außerdem nicht einfach eine Hausdurchsuchung machen, nur um das Waffenverbot zu überprüfen.“ Lediglich im Zuge von Routinekontrollen sei dies möglich und werde natürlich auch gemacht.

Die Erfahrung zeige, dass legal in Vorarlberg im Umlauf befindliche Schusswaffen grundsätzlich keine Probleme bereiten. „Hier reichen die im Waffengesetz vorgesehenen Kontrollen aus, um Missbrauch zu vermeiden.“ Dies ließe sich jederzeit mit Fakten belegen. Schwendinger: „Das Problem stellen vielmehr die illegalen Waffen dar.“
Für die scheint es in Vorarlberg einen – wenngleich begrenzten – Schwarzmarkt zu geben. Der Großteil der illegalen Schusswaffen stamme freilich aus dem Ausland.
Die Lehren, die sich aus dem Amoklauf von Nenzing ziehen lassen, sind laut Norbert Schwendinger ebenso einfach wie ernüchternd: „Gegen solche Taten sind wir machtlos. Niemand kann sie vorhersehen, nicht einmal durch die besten Prognosen.“

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