
Es war ein ungleicher und äußerst brutaler Kampf, zwischen Bauern und Söldnern: Szene aus dem Bauernkrieg – Gemälde von Wilhelm Volkhart. Foto: Düsseldorfer Auktionshaus
„Freiheit braucht Courage“ – der Bauernkrieg vor 500 Jahren
April 2025
1525 erfasste ein Aufstand von Bauern, Knappen, aber auch kleinen Bürgern Süddeutschland mit Schwaben, Vorarlberg, Tirol und Graubünden. Die Privilegien von Adel und Klerus wurden im Zuge der reformatorischen Ideen abgelehnt und bekämpft. Im Sommer vor 500 Jahren wurden diese Aufstände vom Schwäbischen Bund blutig niedergeschlagen.
Der deutsche Bauernkrieg wurde auch als „Revolution des gemeinen Mannes“ bezeichnet, er umfasste mehrere Aufstände der unterdrückten Bevölkerung zur ökonomischen, religiösen und politischen Befreiung. Einerseits war der Katholizismus die Grundlage für den von Gott gesandten Herrscher, andererseits lebte auch der Klerus von den Spenden, dem Ablasshandel und dem Zehnten der Untergebenen. Die Bauern trugen aber nicht nur diese Last, sondern auch die der feudalgesellschaftlichen Oberschicht: Fürsten, Adelige, Beamte. Neben dem Zehnt mussten die Bauern auch Pacht, Steuern, Zölle und Zinsen berappen und zudem noch Frondienste für ihre Grundherren leisten. Ein Anwachsen der Privilegierten und eine verminderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bauern und Handwerker führte in Folge zu den Aufständen der Bauern und Kleinbürger.
Die Veröffentlichung von Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ legte nicht nur die Missstände in der katholischen Kirche offen, sondern lehrte die Menschen auch, dass es keiner Vermittlung durch die Kirche und deren Vertreter brauche, um den Weg zu Gott und seinem Seelenheil zu finden. Damit wurde die Macht der katholischen Kirche untergraben, ja sie widerspreche sogar dem göttlichen Recht.
Am Höhepunkt dieser Revolution stand die Proklamierung der „Zwölf Artikel von Memmingen“, die als eine frühe Forderung von allgemein gültigen Menschenrechten angesehen werden kann.
Aufgrund des Buchdruckes konnte diese Proklamation der „Zwölf Artikel von Memmingen“ in großer Zahl unter die Menschen gebracht und verbreitet werden. Sie umfassten die Forderungen der Bauern und Bürger und gelten als eine der ersten geschriebenen Forderungen für Menschen- und Freiheitsrechte und sind im Stadtarchiv Memmingen verwahrt.
1. Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu entsetzen (abzusetzen), wenn er sich ungebührlich verhält. Der Pfarrer soll das Evangelium lauter und klar ohne allen menschlichen Zusatz predigen, da in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können.
2. Von dem großen Zehnten sollen die Pfarrer besoldet werden. Ein etwaiger Überschuss soll für die Dorfarmut und die Entrichtung der Kriegssteuer verwandt werden. Der kleine Zehnt soll abgetan (aufgegeben) werden, da er von Menschen erdacht (und nicht biblisch begründet) ist, denn Gott der Herr hat das Vieh dem Menschen frei erschaffen.
3. Ist der Brauch bisher gewesen, dass man uns für Eigenleute (Leibeigene) gehalten hat, welches zu erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus alle mit seinen kostbarlichen Blutvergießen erlöst und erkauft hat, den Hirten gleich wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum ergibt sich aus der Schrift, dass wir frei sind und sein wollen.
4. Ist es unbrüderlich und dem Wort Gottes nicht gemäß, dass der arme Mann nicht Gewalt hat, Wildbret, Geflügel und Fische zu fangen. Denn als Gott der Herr den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt über alle Tiere, den Vogel in der Luft und den Fisch im Wasser gegeben.
5. Haben sich die Herrschaften die Hölzer (Wälder) alleine angeeignet. Wenn der arme Mann etwas bedarf, muss er es für das doppelte Geld kaufen. Es sollen daher alle Hölzer, die nicht erkauft sind (gemeint sind ehemalige Gemeindewälder, die sich viele Herrscher angeeignet hatten), der Gemeinde wieder heimfallen (zurückgegeben werden), damit jeder seinen Bedarf an Bau- und Brennholz daraus decken kann.
6. Soll man der Dienste (Frondienste) wegen, welche von Tag zu Tag vermehrt werden und täglich zunehmen, ein Einsehen haben und uns nicht so sehr belasten, so, wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.
7. Soll die Herrschaft den Bauern die Dienste nicht über das bei der Verleihung festgesetzte Maß hinaus erhöhen. (Eine Anhebung der Fron ohne Vereinbarung war durchaus üblich).
8. Können viele Güter die Pachtabgabe nicht ertragen. Ehrbare Leute sollen diese Güter besichtigen und die Gült nach Billigkeit neu festsetzen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.
9. Werden der großen Frevel (Gerichtsbußen) wegen stets neue Satzungen gemacht. Man straft nicht nach Gestalt der Sache, sondern nach Belieben (Erhöhungen von Strafen und Willkür bei der Verurteilung waren üblich). Ist unsere Meinung, uns bei alter geschriebener Strafe zu strafen, wonach die Sache gehandelt ist, und nicht nach Gunst.
10. Haben etliche sich Wiesen und Äcker, die einer Gemeinde zugehören (Gemeindeland, das ursprünglich allen Mitgliedern zur Verfügung stand), angeeignet. Die wollen wir wieder zu unseren gemeinen Händen nehmen.
11. Soll der Todfall (eine Art Erbschaftssteuer) ganz und gar abgeschafft werden, und nimmermehr sollen Witwen und Waisen so schändlich wider Gott und Ehre beraubt werden.
12. Ist unser Beschluss und endliche Meinung, wenn einer oder mehr der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären …, von denen wollen wir abstehen, wenn man es uns auf Grund der Schrift erklärt. Wenn man uns schon etliche Artikel jetzt zuließe und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund an tot und ab sein. Desgleichen wollen wir uns aber auch vorbehalten haben, wenn man in der Schrift noch mehr Artikel fände, die wider Gott und eine Beschwernis des Nächsten wären.
Weil diese Forderungen die katholische Kirche und den Adel in seinen Grundfesten erschütterten, war eine militärische Antwort die Folge. Im Allgäu stellte der Schwäbische Bund der Adeligen mit Truchsess Georg von Waldburg-Zeil eine Armee von über 10.000 Landsknechten und Reitern zusammen und warf die meist mit bäuerlichem Gerät bewaffneten Bauern nieder. Viele Bauern, die überlebten, mussten weiterhin als Geächtete ihren Höfen fernbleiben und wurden „vogelfrei“, also ohne jegliche Rechte. Den Bauernkriegen fielen vor 500 Jahren um die 70.000 Menschen zum Opfer.
Der Bauernschlächter von Ems
Der adelige Merk Sittich I. von Ems (1466-1533) hatte nicht nur ein Geschick für die militärische Führung, sondern auch als Unternehmer – er war Söldner der Mächtigen, Kaiser Maximilians I. (1459-1519), mit einem vorauseilenden Ruf, den er sich im Schweizerkrieg oder in den Schwabenkriegen verdiente. Auch in der Schlacht von Pavia, 1525, konnte er sich unter Kaiser Karl V. (1500-1558) empfehlen. Einen grausamen und gefürchteten Ruf bekam er allerdings in den Bauernkriegen. Nachdem er im Leiblachtal bis zu fünfzig aufständische Bauern an Eichen zur Abschreckung aufhängen ließ, wurde er zum Bauernschlächter. Mit den Lingenauer Bauern war er milder gestimmt, die ließ er am Leben und bestrafte sie mit einer weitgehenden Entrechtung. Ihr Gericht fiel an das von Alberschwende. Seine Söldnerdienste konnte er sich in Folge gegen die Bauern im „aufständigen Tirol“ in barer Münze vergelten lassen. Erst der Geldmangel anlässlich des Ersten österreichischen Türkenkrieges verschlechterte seine ökonomische und seine physische Gesundheit. Er starb nach langem Leiden auf der Bregenzer Burg und wurde in Hohenems beerdigt.
COURAGE gestern und heute
Das grenzüberschreitende EU-Projekt COURAGE verknüpft das Bauernkriegsjubiläum 2025 mit den Grundlagen der Demokratie. Denn so wie vor 500 Jahren breite Bevölkerungsschichten ihre Rechte erkämpfen mussten, so sei Demokratie und soziale Inklusion auch heute nicht selbstverständlich, sondern erfordere das Engagement aller Bürgerinnen und Bürger. Dazu gibt es in diesem Jahr mehrere Ausstellungen, Vorträge und Gedenkstelen an historisch relevanten Orten.
Mehr unter www.regio-v.at/projekte/courage/
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