Kurt Bereuter

geboren 1963, studierte BWL, Philosophie und Politikwissenschaften. Organisationsberater und -entwickler, freier Journalist und Moderator, betreibt in Alberschwende das Vorholz-Institut für praktische Philosophie.

News per KI – eine Hiobsbotschaft?

September 2025

Zumindest der deutsche Informationsdienst für Medien, „Kress“, sieht das so und ist damit nicht allein. Künstliche Intelligenz (KI) schafft nicht nur gefakte Bilder und verbreitet Fake-News, sie gefährdet den Qualitätsjournalismus an der Wurzel und verleibt sich die Früchte ein, zumindest so lange, bis das Pflänzlein abstirbt. Und dann?

Noch ist Österreich ein Fernsehland, ein Radioland, ein Zeitungsland, wie Josef Trappel von der Universität Salzburg bei der Präsentation des „digitalnewsreports 2025“ konstatierte. Das betrifft vor allem Ältere und nicht Jüngere. Bei den Jüngeren verändert sich die Nachrichtennutzung weiter massiv und dieses Verhalten werden sie beibehalten, auch wenn sie dann einmal älter geworden sein werden.

Nachrichten über das Netz 
Über Influencer via YouTube, TikTok oder Instagram beziehen immer mehr Menschen ihre Nachrichten, wie auch über Soziale Medien, Podcasts und Plattformen wie „X“. Medium: Smartphone. Je jünger, desto mehr. Vorinstalliert: KI-App. Google-Suche oder Wiki, veraltet. KI beantwortet die Fragen und schafft den vermeintlichen Überblick, auch über aktuelle News, gerne auch personalisiert über ihren persönlichen Algorithmus, der weiß, was sie lesen möchten. Verarbeitung personalisierter Daten und personalisierter Werbung inklusive. Quellen: vorhanden, aber interessieren kaum und werden nicht angeklickt, was den Traffic auf deren Online-Seiten verhindert und sie als Werbemedium uninteressant macht und deren Finanzierung gefährdet.

Woher kommen die Inhalte für die KI?
Noch kann die KI auf die Inhalte, die von traditionellem Journalismus erarbeitet wurden, replizieren und auf verantwortungsvolle und verantwortliche Quellen zurückgreifen. KI-Quellen sind gratis und kosten nichts. Professioneller Journalismus kostet aber, von etwas müssen Journalistinnen und Journalisten und die Medieninstitutionen leben. Der ORF wird über die staatlich verordneten Gebühren finanziert, Printmedien erhalten Presseförderung – vor allem für die Zustellung von Printprodukten – und beide genieren Werbeeinnahmen. Die Werbung folgt der Nutzungshäufigkeit und wandert immer mehr ins Netz. Alle Medien tendieren ins Netz und bieten Online-Formate, auf die die KI wunderbar zugreifen kann. Aber auch die Online-Präsenz der klassischen Medien mit deren journalistischen Ergebnissen muss finanziert werden, durch Online-Bezahlformate oder durch Gebühren oder durch Werbung oder Lobbying-Gruppen. Investigativer, recherchierter, in Kontext gestellter Journalismus, vor allem auf regionaler Ebene, kann KI ohne den professionellen Journalismus im Hintergrund nicht leisten – zumindest noch nicht. Denkbar ist, dass die KI in Zukunft auch investigativ tätig wird, in dem sie zum Beispiel die Durchfallquoten von Fahrprüfungen selbst „recherchiert“ und präsentiert. Dann müssen allerdings wieder Behörden oder gesellschaftliche Gruppen aktiv werden. Möglich wird das sein, aber im Hintergrund lauert die Gefahr der Steuerung durch jene, die Zugriff auf die KI-Maschinen haben. Jedes nichtdemokratische System bemächtigt sich zuallererst der Informationsverbreitung und ob das die demokratischen Gesellschaften früh genug bemerken und die entsprechenden Selbsterhaltungsmaßnahmen ergreifen (können), steht in Frage.

Hiob zwischen Gott und Teufel
Was ist eine Gesellschaft bereit, für ihre vierte Säule der Demokratie zu opfern, monetär und zeitlich. Oder welche Opfer dürfen verlangt werden, um die Säule der Demokratie zu erhalten? So weit wie Hiob, der auch seine Kinder opferte, werden wohl die wenigsten gehen, aber Demokratie ohne guten und verantwortungsvollen und verantwortlichen Journalismus ist wie Kindergarten ohne Pädagoginnen und Pädagogen. Auf der anderen Seite wird sich immer jemand oder ganze Gruppen zu diesen Pädagogen aufschwingen und ihre Narrative unabhängig von lästigen und recherchierenden Journalisten im Netz verbreiten. Einordnung, wenigstens versuchte objektive Berichterstattung und seriöse Kommentierung? Fehlanzeige. Wen interessiert’s? Freie Meinungsäußerung eines jeden, einer jeden und Meinungspluralismus im Netz, wo sich jeder seine subjektive Wahrheit zusammenwischen kann, gerne mit Algorithmen im Hintergrund, damit nicht jede noch so gegensätzliche und gut recherchierte journalistische Arbeit aufpoppt, heißt die Devise der Algorithmen der KI.

Guter Journalismus wird immer kosten
Guter, unabhängiger Journalismus wird immer kosten. Am besten ist er einer demokratischen Gesellschaft etwas wert, in Form von Gebühren für einen Öffentlich-Rechtlichen, für ein oder zwei Printmedien oder eben für Online-Abos aus der Privatkassa. Damit kann die Zukunft für professionellen Journalismus gesichert werden. Und – zugleich, dass die KI auf diese Inhalte professionellen Journalismus zurückgreifen kann. Henne oder Ei ist hier keine Frage. Allerdings sollte auch die KI sich an den Kosten von Qualitätsjournalismus beteiligen (müssen) – dafür braucht es eine Urheberabgabe der KI-Anbieter, die Quellen nutzen. So wie es der deutsche Springer-Verlag pauschal erreichen konnte, ist das keine systemische Lösung. Aber hoffen wir, dass diese Mittel auch für Journalistinnen und Journalisten verwendet werden, die machen nämlich den Qualitätsjournalismus. Wer soll das in Zukunft leisten, wenn sich niemand mehr für die Quelle interessiert, sondern alle nur mehr am Output – zur Verfügung gestellt von KI, zusammengestellt nach persönlichem Nutzeralgorithmus oder nach Intentionen von Mächtigen, die sich die KI unterworfen haben?
Es braucht keine Umkehr, die gibt es nicht, aber die Sicherung von Qualitätsjournalismus durch die demokratische Gesellschaft durch eine faire Finanzierung, wie immer sie aussehen mag.

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