Simon Groß

Vorarlberger Gemeindeverband

Subrs Ländle, schwere Musik

Februar 2020

Metal, ein sogenanntes Genre der Rockmusik, das mindestens ebenso viele Ausprägungen hervorgebracht und Verschmelzungen mit anderen Musikrichtungen durchgemacht hat, wie es Sterne am Himmel gibt, hat auch in Vorarlberg eine treue Anhängerschaft.

Die Metal-Szene im Land ist äußerst lebendig – regelmäßig gibt es erstklassige Clubkonzerte und Events im Dreiländer-Eck. Außerdem pilgern viele Vorarlberger jedes Jahr zu den Fixstartern des Metal-Festivalsommers in ganz Europa: With Full Force, Rock im Park und Rock am Ring, Download, Graspop, Novarock und viele mehr stehen hoch im Kurs, das Mekka für Metal-Fans aus ganz Europa ist aber ganz klar das Wacken-Open Air. Es empfiehlt sich, das schnell zu googlen – immerhin gibt es einen aufschluss- und facettenreichen Einblick in die Welt der schweren Musik. Und die besteht nicht (nur) aus langen Haaren und schwarzen Kutten, Bierbäuchen und stupiden Grölereien oder dem Hang zum Okkulten, zu Tod, Verderben und so weiter. Nachschauen lohnt sich, wirklich: Es gibt Metal-Fans wie auch Musiker, die sich vegan ernähren, sich für Menschenrechte, Klima- oder Tierschutz engagieren, ja es gibt auch christliche Metalbands. 

Beim „Wacken-Open Air“ sind vor ein paar Jahren vier Vorarlberger aufgetreten und haben mit ihrem brachialen Sound ordentlich Aufmerksamkeit erregt. „The Sorrow“, so ihr missmütiger Bandname, waren die neue Hoffnung für erstklassigen Metal aus Vorarlberg und eigentlich ein ganz netter Haufen. Ausbildung absolviert, erfolgreich im Beruf. Mit ihrem Sound haben die Hohenemser sogar den Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie „Hard&Heavy“ abgeräumt. Mozart höchstpersönlich wäre vom Material, das „The Sorrow“ hervorgebracht hat, sicherlich entzückt – zumal sein rebellisches Naturell ohnehin Gefallen an der Metal-Kultur gefunden hätte ... Bei „The Sorrow“ folgten jedenfalls Awards und Tourneen mit international bekannten Bands, bis sie sich Anfang 2017 auflösten.

Heißt aber nicht, dass dann Schluss war mit Metal im Land. Die Musik samt Szene war auch vor „The Sorrow“ nichts Ungewöhnliches. Es gibt seit Langem einen festen Kern an Anhängern der von Spießern und Chart-Bobos als rebellischer und ungehobelter Krawall verpönten Musikrichtung. Heute müssen sich Metal-Fans und -Musiker nicht mehr unbedingt Judas Priests „Breaking The Law“ auf die Fahnen schreiben. Und obwohl sich das Genre wie erwähnt in unzählige Ausprägungen, Stile, Interessen oder Motive zersplittert hat, scheint sich eine konsolidierte Metal-Kultur in der heute so toleranten und offenen Norm-Gesellschaft dennoch immer wieder erklären zu müssen. Dabei ist es neben dem Umgang mit Trauer oder Wut doch auch einfach die gemeinsame Freude an der Musik, am gemeinsamen Feiern, an einer Möglichkeit, sich mit sich selbst und eben dieser normativen Gesellschaft auseinanderzusetzen, in der vieles nicht „rund“ läuft. Und das gilt es auszusortieren.

Bühne frei für „Sortout“ aus Vorarlberg. Über Geschmack lässt sich streiten, ja. Aber unter Kennern: Das ist Metal feinster Güteklasse – und von großer Vielfalt: „Sortout“ verbindet gekonnt verschiedene Stilelemente wie Thrash Metal, Melodic Death Metal, Hardcore oder Groove Metal. Jedes Bandmitglied hat seine Vorlieben und musikalischen Backgrounds mitgebracht, und immerhin spielte die Formation bereits mit absoluten Szenegrößen wie Machine Head, Trivium, Bullet for my Valentine, Caliban oder Amon Amarth. „Sortout“ gilt als neue Hoffnung der Szene. Im Video zu ihrer aktuellen Single „Illusions“ zeigt die 2008 gegründete Metalcore-Formation (wieder ein Subgenre!), für was ihr Bandmotto „Arise. Sort out. Overcome.“ steht. „Wir sind keine Oberlehrer, die den Leuten die Welt erklären. Davon gibt es mehr als genug. Uns ist viel wichtiger, eine positive Message zu transportieren und den Leuten Mut zu machen. Dabei wollen wir vor allem authentisch bleiben. „Bei diesem Selbstdarstellungswahn heutzutage haben die Leute keinen Bock auf fünf weitere Fake-Typen“, betont Sänger Benjamin Herter. „Wir möchten durch unsere Musik aufzeigen, dass es immer einen Ausweg und eine Lösung gibt. Wichtig ist, vor Problemen nicht wegzurennen, sondern sich diesen mutig zu stellen, sie aus dem Weg zu räumen und gestärkt aus dem Ganzen hervorzugehen. Unser Bandname kommt nicht von ungefähr: Auch wir müssen Dinge in Ordnung bringen oder aus der Welt schaffen“, hakt Gitarrist Aaron Schedler ein. Die Ausdruckskraft von Metal helfe dabei ungemein: „Die unglaubliche Energie, Power und auch die Emotionen, die transportiert werden können, sind für uns unvergleichlich. Ein paar gute Metal-Scheiben nach einem stressigen und anstrengenden Arbeitstag – natürlich richtig laut aufgedreht – können Wunder bewirken“, sagt Schedler.

Gegen jedes Klischee?

Große Emotionalität, transportiert auf musikalisch wie textlich höchstem Niveau. Haben Sie sich Metal so vorgestellt, ganz ohne dumpfe Klischees? Gut, am Ende geht es im Video dann aber doch nicht ganz ohne eine amüsante und selbstironische Hommage: Die „Rote Patrona“ darf in dem von den MATAK-Studios, dahinter stecken Markus Gmeiner und Karin Faltejsek, produzierten Video nicht fehlen – auch wenn sie die eingangs erwähnte Abgrenzung von den biertrinkenden Metal-Horden konterkariert. Aber so ist Metal eben. Nicht nur in Vorarlberg, sondern überall. Nicht nur traditionell und linear, sondern immer auch ein bisschen neu, verblüffend und unerwartet, manchmal wieder bitterernst, manchmal sogar fast etwas gefühlsduselig, aber meistens vielfältig, ehrlich und – Hauptsache – schön „heavy“!

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