Thomas Feurstein

* 1964 in Bregenz, Studium der Germanistik und Geografie, Biblio­thekar und Leiter der Abteilung Vorarlbergensien an der Vorarlberger Landes­bibliothek seit 1998.

 

© Fotos: Helmut Tiefenthaler/Vorarlberger Landesbibliothek

Vorarlberg auf dem richtigen Weg

Oktober 2018

In etlichen Ländern Europas hat Helmut Tiefenthaler Wanderwege ausgekundschaftet und Wegmarkierungen fotografiert auf die Frage hin, welche Angebote am ehesten zukunftsfähig sind. Dahinter steckte der berufliche Auftrag, für Vorarlberg ein einheitliches Wegekonzept zu entwickeln. Er war als Geograf im Amt der Vorarlberger Landesregierung, Abteilung Raumplanung, beschäftigt und hat seit seiner Pensionierung zahlreiche Wanderführer für Vorarlberg verfasst. In der Entwicklungsphase für das Wegekonzept sind etwa 600 Fotografien entstanden, die Wanderwege, aktuelle und historische Wegweiser sowie Wegmarkierungen zeigen. Die Fotos von Helmut Tiefenthaler sind seit einigen Tagen online auf der Fotoplattform „volare“ der Vorarlberger Landesbibliothek zu sehen. www.vorarlberg.at/volare

Der flächendeckenden Erneuerung der Wegweiser und Markierungen in ganz Vorarlberg ging eine mehrjährige Entwicklung voran, die von Helmut Tiefenthaler an mehreren Stellen ausführlich beschrieben wurde. Er skizziert die Situation im 19. Jahrhundert, als der aufkommende Tourismus und Alpinismus es notwendig machten, Wanderwege zu errichten und diese auch dementsprechend mit Wegweisern für jedermann benutzbar zu machen. Es bildeten sich vielerorts sogenannte Verschönerungsvereine, die es sich auch zum Ziel setzten, den Touristen ein Angebot an Spazier- und Wanderwegen anzubieten. Aus dem Jahr 1871 findet sich im Stadtarchiv Bregenz einer der frühesten Vermerke: „Zu den Bequemlichkeiten des fremden Publikums gehören auch die Wegweiser und sollten solche besonders auf jenen Fuß- und Bergsteigen angebracht werden, welche auf die besuchtesten Aussichtspunkte hinführen.“ Später war es dem Alpenverein zu verdanken, dass zumindest für die alpinen Regionen ein System entwickelt wurde, das eine einheitliche Wegweisung vorschlägt. So gab er schon 1893 Richtlinien aus, die im ganzen Alpenraum Anwendung finden sollten. Demnach sind Wegweiser „an den Hauptpunkten anzubringen, also vor allem in der Ortschaft, beziehungsweise an der Hauptstraße, dann auch dort, wo verschiedene Touristenwege sich scheiden oder zusammentreffen“. Da die Zuständigkeiten für die Wanderwege aber weiterhin auf Gemeinden, Verkehrsvereine und in den Hochlagen auf den Alpenverein aufgeteilt blieben, konnte sich kein einheitliches Wegenetz mit einheitlichen Standards etablieren. Nachdem während und nach dem Zweiten Weltkrieg sämtliche dahingehende Aktivitäten verständlicherweise erlahmt waren, stellte es sich Walter Flaig, Landeswegewart des Österreichischen Alpenvereins, Sektion Vorarlberg, zur Aufgabe, einheitliche Standards für die Ausgestaltung, Betafelung und Markierung der Wanderwege zu entwickeln. Obwohl viele Gemeinden die neuen Richtlinien übernahmen, kam es nie zu einer flächendeckenden Realisierung. 

Mit den Vorarbeiten zum Vorarl­berger Tourismuskonzept nahm sich schließlich 1990 die Raumplanungsabteilung der Landesregierung des Problems an. Der Geograf Oskar Wiederin erfasste in deren Auftrag beispielhaft den Zustand des Wegenetzes an der Sonnseite des Walgaus und kam zu folgendem Schluss: „Bei den meisten Wanderungen mußten Mängel in der Beschilderung festgestellt werden. Bei Weggabelungen oder -kreuzungen sind vielfach gar keine Wegweiser vorhanden.“ Zur Behebung verschiedenster Mängel wurde dann 1995 das Wanderwege-Konzept Vorarl­berg beschlossen, das zu einer durchgängigen und einheitlichen Beschilderung führen sollte. Da der Beschluss der Landesregierung aber keine gesetzlichen Bindungen zur Folge hatte, mussten Gemeinden, Tourismusverbände und alpine Vereine von der Sinnhaftigkeit überzeugt werden. So übernahm etwa das Land Vor­arlberg die gesamte Planung, die Kosten für die neuen Wegweisertafeln sowie die Kurse für die zuständigen Wegewarte. Ein besonderer Verdienst kommt dabei dem langjährigen Landeswegewart Bruno Fink zu, der sein Fachwissen in zahllosen Kursen den regionalen Wegewarten vermittelte. Bereits im Jahr 2005 waren 5600 Kilometer und damit schon 96 Prozent des Vorarlberger Wegenetzes nach dem neuen Konzept erschlossen. Heute (Stand 31. Dezember 2017) sind es schon 5549 Standorte – im Durchschnitt einer je Kilometer – mit insgesamt 19.033 Wegweisern. Insgesamt umfasst das Wegenetz 6197 Kilometer Weg und es würde laut Wegweiser 4181 Stunden benötigen, alle Wege abzugehen.

Die durchgängige Beschilderung der Vorarlberger Wanderwege hat nach wenigen Jahren so viel Anerkennung gefunden, dass inzwischen auch in anderen Bundesländern und in benachbarten bayerischen Landkreisen nach dem Vorarlberger Vorbild Wegekonzepte realisiert werden konnten.

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