Matthias Sutter

*1968 in Hard, arbeitet auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung und Verhaltensökonomik, ist Direktor am Max Planck Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn und lehrt an den Universitäten Köln und Innsbruck. Der Harder war davor auch an der Universität Göteborg und am European University Institute (EUI) in Florenz tätig.

Wasser sparen durch konkrete Tipps

Juni 2023

Verhaltensökonomen beschäftigen sich nicht erst in Zeiten des Klimawandels damit, wie der Verbrauch der knappen Ressource Wasser reduziert werden kann. Einfache Tipps stellen sich dabei als sehr wirksam heraus, während unspezifische Appelle kaum eine Wirkung entfalten.

 
Im Jahr 2017 litt Namibia unter einer großen Dürre aufgrund ungewöhnlich geringer Niederschläge in den vorigen beiden Jahren. Das veranlasste den staatlichen Wasserkonzern, eine Kampagne zur Reduktion des Wasserverbrauchs zu starten. Dabei sollte nicht die naheliegende Variable – nämlich der Preis von Wasser – als Instrument verwendet werden. Die Preise in solche Höhen zu treiben, dass der Wasserverbrauch stark sinkt, hätte nämlich erhebliche soziale Nebenwirkungen, weil sich dann viele Haushalte Wasser kaum mehr leisten könnten. Eine ähnliche Debatte hatten wir kürzlich in der Energiekrise in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Wenn aber der Preis als Steuerungsinstrument für die Verwendung einer knappen Ressource – und Wasser ist hier nur ein Beispiel; man denke auch an Gas oder Strom – ausfällt, beziehungsweise aus politischen Gründen nicht erwünscht ist, kann man alternativ mit Informationskampagnen arbeiten, die auf eine Verhaltensänderung der Verbraucher abzielen. Dabei ist es allerdings von vornherein in keiner Weise klar, wie solche Kampagnen am besten aussehen und welchen Grad an Spezifizität sie haben sollten.
Darum hat der namibische Wasseranbieter die Zusammenarbeit mit einem Kollegen von mir am Max Planck Institut in Bonn, Sebastian Tonke, gesucht, um wissenschaftlich sauber zu ergründen, wie der Wasserverbrauch auf freiwilliger Basis am besten reduziert werden kann. In einer Studie mit rund 15.000 Haushalten untersuchte Tonke die Wirkung von drei verschiedenen Interventionen. Die Haushalte wurden per SMS kontaktiert. In allen Fällen wurden die Empfänger der Nachricht über die prekäre Wassersituation informiert und aufgefordert, etwas dagegen zu unternehmen und weniger Wasser zu verbrauchen. 
Danach aber unterschieden sich die drei Gruppen folgendermaßen: Eine erste Gruppe bekam drei ganz spezifische Tipps mitgeteilt, konkret:
›› Reduzieren Sie die Länge des Duschens um ein oder zwei Minuten.
›› Verwenden Sie Wasser, das Sie zum Kochen oder Putzen verwenden, danach noch für die Bewässerung von Pflanzen.
›› Fegen Sie im und um das Haus mit einem Besen, anstatt mit Wasser zu putzen.
Die zweite Gruppe bekam schon weniger konkrete Vorschläge, indem ihnen folgende Fragen gestellt wurden, die allerdings auf die gleichen Möglichkeiten wie in der ersten Gruppe hinwiesen:
›› Wann können Sie den Verbrauch von Wasser reduzieren (beispielsweise im Bad)?
›› Wie können Sie Wasser in Ihrem Haushalt wiederverwenden (beispielsweise von der Küche)?
›› Wie können Sie unnötigen Wasserverbrauch im und um das Haus vermeiden?
Die dritte Gruppe schließlich wurde aufgefordert, selbst Ideen zu entwickeln, wie sie den Verbrauch von Wasser reduzieren könnte. Dabei wurden die drei folgenden Punkte erwähnt:
›› Seien Sie aufmerksam, wo Sie weniger Wasser verbrauchen könnten.
›› Was können Sie persönlich tun, um weniger Wasser zu verbrauchen und Ihre Gewohnheiten beim Wasserverbrauch zu ändern?
›› Sparen Sie Wasser und machen Sie es auf Ihre eigene Art.
Grundsätzlich ist nicht ganz klar, welche Gruppe – wenn überhaupt eine – am meisten Wasser einsparen sollte. Die dritte Gruppe etwa ermuntert die Haushaltsbewohner, nach den für sie besten Wegen zu suchen. Wenn Bewohner wissen, wofür sie besonders viel Wasser verbrauchen, kann das eine effiziente Strategie sein. Die erste Gruppe hat den Vorteil, dass sie sehr klare und einfach umzusetzende Ratschläge bekommt. Aber gerade weil sie nur drei spezifische Verwendungen von Wasser ansprechen, könnte der Effekt unter Umständen nur gering sein.
Die Daten von Sebastian Tonke sprechen eine eindeutige Sprache. Die erste Gruppe spart im Vergleich zu einer Kontrollgruppe – die keine SMS bekam – am meisten Wasser ein. Der durchschnittliche Verbrauch in dieser Gruppe geht um knapp über fünf Prozent zurück – und das, obwohl die Haushalte einfach nur eine SMS bekommen hatten! Bei der zweiten Gruppe geht der Verbrauch um rund zwei Prozent zurück, bei der dritten praktisch überhaupt nicht.
Je spezifischer die Tipps sind, umso besser. Das wirft die Frage auf, warum das so ist. In einer sehr detaillierten Befragung von Haushalten fand Tonke heraus, dass 92 Prozent der Haushalte von sich aus nicht in der Lage waren, mehr als eine Möglichkeit zu nennen, den Wasserverbrauch in ihrem Haushalt zu reduzieren. Das legt den Schluss nahe, dass den allermeisten Menschen einfach kaum bewusst ist, wo sie überhaupt Wasser sparen können. In einer solchen Situation aber nützt es gar nichts, an die Leute zu appellieren, sie mögen eigene Ideen zum Wassersparen entwickeln. Die drei spezifischen Tipps in der ersten Gruppe hingegen helfen tatsächlich.
In Summe wurden durch die Studie von Tonke circa 27 Millionen Liter Wasser eingespart – was dem durchschnittlichen Monatsverbrauch von rund 3000 Haushalten in Namibia entspricht – und das bei gesamten Kosten des SMS-Versands von 800 Dollar. Die Einsparungseffekte waren im Übrigen über eine Beobachtungsperiode von acht Monaten hinweg zu sehen. Es handelt sich also auch nicht um Einmal­effekte, weil die Haushalte nach dem Erhalt der SMS nur kurzfristig ihr Verhalten geändert hätten. Im Gegenteil, die Verhaltensänderung war längerfristiger Natur. Und genau darauf kommt es an, wenn es um die Nutzung knapper Ressourcen geht.

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