Klaus Kofler

Zukunft … nennen wir es Aufbruch

Februar 2019

Würden wir aus heutiger Sicht zwei Begrifflichkeiten in den Mittelpunkt unserer Zukunftsbemühungen stellen, dann wäre es wohl die Digitalisierung und der damit verbundene Zukunftsdiskurs. Beide bilden aus heutiger Sicht den Inbegriff für Veränderung und Wandel. Wenn wir das Neue auch wirklich ernst nehmen würden, dann wäre es zielführend, im Vorfeld so etwas wie eine Art Aufklärung zu manifestieren. Andere würden an dieser Stelle jetzt die Vernunft und den Verstand ins Spiel bringen.
Egal wie, fehlt es an Aufklärung, dann fehlt es auch meist an Orientierung, Gestaltungswille und Vorstellung. Was dann dazu führt, dass sich Menschen viel lieber durch Schlagzeilen und Halbwahrheiten verunsichern lassen, als die Dinge zu hinterfragen. In der Vernunft spiegelt sich unser Denken und im Verstand das daraus resultierende Handeln. Aber beide zusammen visualisieren unseren Zukunftshorizont. 
Wirklich erkennbar wird das Ganze dann in unseren heutigen „Digitalszenarien“. Denn heute zerbrechen sich die Menschen viel lieber den Kopf darüber, wann ihnen denn intelligente Roboter in Zukunft die Arbeit wegnehmen werden, als sich mit den eigentlichen Fakten zu beschäftigen. Denn leider wissen aber aus heutiger Sicht knapp 60 Prozent der Österreicher gar nicht, was beispielsweise Künstliche Intelligenz wirklich bedeutet. Was dann natürlich auch zur Folge hat, dass sie völlig falsche Bilder für ihre Zukunftsentwürfe heranziehen. 
Und je schneller sich dann das Vorstellbare vom eigenen Bewusstsein entkoppelt, desto tiefer werden die Gräben und umso größer die Angst bei den Menschen. Ja, und das war’s dann mit der Zukunft. Aus Zukunft wird dann ganz schnell wieder Vergangenheit und Stillstand. Nur leider hat diese Gangart für unsere Zukunftsgestaltung fatale Auswirkungen. Beispielsweise haben wir dadurch rückblickend eine Vielzahl von wichtigen Technologien wie Suchmaschinen, Internetplattformen oder soziale Netzwerke um Jahre zu spät erkannt beziehungsweise zur Gänze verschlafen. 
Nur warum sind wir Menschen denn wirklich so unkreativ in unserer Zukunftsgestaltung? Klar könnte man dafür jetzt eine Vielzahl von Argumenten liefern. Aber das wohl treffendste Merkmal ist, dass wir allesamt einen expliziten Umgang mit der Zukunft nie wirklich gelernt haben. Genau das beschreibt auch unser Zukunftsdilemma. Was wir nämlich nicht lernen, können wir auch nicht anwenden. Dumm nur, dass das für unsere sogenannte Meta-Erfahrung von großer Bedeutung ist. Diese bestimmt nämlich, welche Zukunfts-Entscheidungen wir in unserem Leben treffen und welchen Bildern wir letztlich folgen. Das alles prägt unsere Haltung im Umgang mit der Zukunft und dem Neuen.

Und weil wir Menschen nun mal zutiefst soziale Wesen sind, orientieren wir uns auch immer in Gemeinschaften nach Sicherheit und Zugehörigkeit. Demnach ist der Zustand all unserer Erfahrungen auch immer ein Abbild unseres Umfeldes. Würde man das Ganze aus einer Art Vogelperspektive betrachten, dann kristallisieren sich im Wesentlichen drei Zukunftstypen heraus. Erhalter, Verwalter und Gestalter. Dieses Bild zeigt aber auch, dass dann mal magere 15 Prozent Zukunftsgestalter gegen 85 Erhalter, Verwalter und Verweigerer ankämpfen.  Das alles hat in einem industriellen Zeitalter, in dem Neues durch Optimierung und Verbesserung am Bestehenden entstand, ganz gut funktioniert. Stellen wir uns aber heute die Frage, womit wir in Zukunft unser Geld verdienen wollen - ohne zu wissen, wie diese Zukunft aussehen wird - mutiert das Ganze zum Problem.
Klar könnte man an dieser Stelle das Universalargument Bildung ins Rennen werfen. Nur leider funktioniert das so nicht, weil das eigentliche Problem dieser Thematik weit tiefer verankert ist. Die heute so wichtigen und notwendigen Skills wie Kreativität, kritisches Denken oder emotionale Intelligenz lernen wir nicht an den Hochschulen dieser Welt. All das lässt sich nicht verordnen. Das schaffen wir nur, indem wir die Menschen einladen, auch Teil eines Gestaltungsprozesses zu werden. Unumstritten, die Digitalisierung wird alles verändern. Und in den nächsten fünf Jahren wird mehr passieren, als wir in den vergangenen 20 Jahren erlebt haben. Aber die viel spannendere Frage ist doch eigentlich, wer verändert denn eigentlich die Digitalisierung – wer verändert die Welt da draußen?

Genau dafür brauchen wir aber ein Zukunftsbewusstsein, das uns hilft, diese Frage auch beantworten zu können. Technologie allein wird da nicht reichen. Auch Reisen ins Silicon Valley werden uns dafür keine Antworten liefern. Wir sollten stattdessen vielmehr selbst versuchen, unseren eigenen Weltgeist zu kreieren. Dafür brauchen wir aber dringend die dafür notwendigen Möglichkeitsspielräume, in denen sich das Neue auch entfalten und entwickeln kann. Wir müssen aufhören, ständig das Neue zu glorifizieren und gleichzeitig am Alten festzuhalten. Ein neues Denken braucht auch neue Strukturen. 
Mit Sicherheit wird eine nächste Digitalisierungswelle kulturelle Aspekte und Rahmenbedingungen in den Mittelpunkt stellen. Orte, Städte und Regionen, in denen sich Menschen entfalten, wohlfühlen und entwickeln können. Das werden jene Orte sein, die in Zukunft Menschen anziehen werden, um neue Potenziale entfalten zu können. Könnte es sein, dass uns dafür die Digitalisierung nicht als eine Art riesengroße Spielwiese voller Möglichkeiten behilflich sein könnte?

Genau dafür braucht es aber auch eine mutige Aufklärung, verbunden mit einem offenen und ehrlichen Diskurs über unsere Zukunft.

Der Text ist ein Auszug aus der Rede, die Klaus Kofler auf der „Dis.Kurs-Zukunft“-Veranstaltung im Festspielhaus hielt.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.
Klasse Artikel ... genau darin liegt das Problem im Umgang mit der Zukunft!