Ein Zitat besagt, dass ein Diplomat jemand ist, der zweimal überlegt, bevor er nichts sagt, und dagegen hat Neo-Kanzler Schallenberg verstoßen, indem er in seiner Antrittsrede aus Loyalität heraus, aber in Verkennung der Realität, Vorgänger Kurz verteidigt hatte. Nun wird man Schallenberg allerdings das Recht zugestehen müssen, in sein Amt zu finden; man wird ihm auch etwas Zeit geben müssen, sich von Kurz und dessen Klüngel zu distanzieren, von diesen „eitlen Emporkömmlingen des Augenblicks“, um mit einem Ausdruck von Max Weber zu sprechen. Und warum man ihm diese Zeit zugestehen muss, das ist schnell erklärt: Weil niemand, zumindest niemand mit Verstand, an einer weiteren Destabilisierung der Demokratie Interesse haben kann. Als Schallenberg 2019 als Mitglied der Regierung Bierlein angelobt wurde, lautete der parteiübergreifende, auch mediale Tenor, der Diplomat sei ein untadliger Mensch. Im „Standard“ hieß es gar, es gebe eben auch „ein Österreich der qualitätsvollen Persönlichkeiten“ abseits der Blender, der Schreihälse, der Korruptionssüchtigen. Wenn stimmt, was damals berichtet wurde, könnte Schallenberg Österreich also in eine ruhigere, eine politisch-integre Zukunft führen. Wenn er will. Und wenn man ihn lässt.