Schlechtes Timing

Just an dem Tag, an dem die Russen ihre Invasion starteten, erschien in einer Tageszeitung ein Leserbrief, in dem stand, die Österreicher würden seit Jahren mit einer verlogenen Berichterstattung manipuliert: „In der Ost-Ukraine glaubt kaum ein Mensch an einen russischen Einmarsch.“ Die Ereignisse des Tages widerlegten den Stuss. Schlechtes Timing. Doch der Leserbrief ist mehr als nur die dokumentierte Realitätsverleugnung eines Einzelnen. Er ist vielmehr symptomatisch, für so manchen selbsternannten Querdenker, der sich sein abstruses Weltbild aus kruden Informationen fertigt. Und dann, geistig ausstaffiert von Pseudomedien im Internet, auch noch von sich behauptet, nur er, er allein kenne die Wahrheit. Auf den Gedanken, dass er selbst der Manipulierte sein könnte, kommt er erst gar nicht. Warum auch. Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen hatte einmal gesagt, er träume von einer Gesellschaft, in der Maximen des Journalismus zu einem Teil der Allgemeinbildung geworden sind. Unter anderem jene: Habe stets mehrere Quellen und analysiere deine Quellen. Aber das ist vermutlich zu hoch für den eingangs erwähnten Russland-Experten. Dem sollte man nur sagen: Internet-Recherchen können Wissen erweitern. Aber auch Dummheit festigen.