Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

„Das passt perfekt zu Vorarlberg“

September 2024

Die Fachhochschule Vorarlberg feiert am 6. September ihr 30-jähriges Bestehen. Geschäftsführer Stefan Fitz-Rankl (50) spricht im Interview über die Entstehung, den Werdegang – und die heutige Bedeutung der Fachhochschule für den Wirtschaftsstandort Vorarlberg.

Herr Fitz-Rankl, die Fachhochschule Vorarlberg (FHV) feiert bei Erscheinen dieser Ausgabe ihr 30-Jahres-Jubiläum. Drei Jahrzehnte, ein stolzes Jubiläum? 
Das ist es tatsächlich. Wir sind sehr stolz auf das Geschaffene. Diese Hochschule hat sich etabliert. Und das in einem Ausmaß, das man in den Anfangsjahren wohl für unmöglich gehalten hätte.

Der Start erfolgte 1994. Mit 45 Studenten und zehn Mitarbeitern. 
Das war damals tatsächlich eine kleine Pioniergruppe. Es war nicht immer leicht. Um eine Hochschule von Beginn an aufzubauen, braucht es einen langen Atem, Wille und Vision.

Die Wurzeln der FHV reichen weiter zurück. 1989 entstand der Verein „Technikum Vorarlberg“, aus dem dann später die Fachhochschule Vorarlberg entstand. Gründerväter waren der damalige LH Martin Purtscher und der damalige AK-Direktor Heinz Peter, wobei Peter die treibende Kraft, der eigentliche Vater der Vision war …
Ich denke, dass die Visionäre von früher auf das, was erreicht worden ist, sehr stolz wären – oder sehr stolz sind. Wir sind heute eine voll etablierte, national und international anerkannte Hochschule, mit über 1500 Studierenden. Wir sind die größte überbetriebliche Forschungseinrichtung in diesem Land, wir sind europäische Universität geworden, also tatsächlich auch auf der europäischen Landkarte sichtbar. Wir decken in der Ausbildung ein breites Spektrum ab. Und das Entscheidende: Unsere Absolventen und Absolventinnen sind gefragt. Ihre Arbeitsmarktsituation ist hervorragend. Sie sind tatsächlich sehr begehrt; am Tag der Sponsion steht fast keiner mehr für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Wer gute Leute braucht, der muss also schon sehr früh Kontakt aufnehmen, am Tag, an dem die Diplome überreicht werden, ist das in aller Regel zu spät.

Weil speziell für den Bedarf des Landes Vorarlberg ausgebildet wird?
Das ist der Kernzweck und die Grundausrichtung der Fachhochschule Vorarlberg. Wir bieten in Technik, Wirtschaft, Gestaltung sowie Soziales und Gesundheit nur Studienrichtungen an, bei denen die Arbeitsmarktnachfrage – also der tatsächliche Bedarf an ausgebildeten Spitzenkräften – nachgewiesen und auch dauerhaft groß ist. Wir orientieren uns am Arbeitsmarkt. Populär-Studiengänge, die keine Arbeitsmarkt-Sicherheit haben, gibt es bei uns nicht. Das ist nicht unsere Intention. Das ist auch nicht die Aufgabe des gesamten Fachhochschul-Sektors. Man hat damals bewusst einen zweiten Sektor neben den staatlichen Universitäten geschaffen, dessen Abschlüsse zwar gleichwertig, aber eben doch andersartig sind. Soll heißen: Der Fachhochschulsektor orientiert sich per se am Arbeitsmarkt. Er ist Studenten-zentriert. Und in der Forschung sehr angewandt. Eben bewusst eine zweite Säule. Das passt perfekt zu Vorarlberg.

Wie bedeutsam ist die FHV – mit ihren vier Fachbereichen – in diesen drei Jahrzehnten für den Wirtschaftsstandort Vorarlberg geworden?
Wir stellen jedes Jahr ungefähr 500 hochqualifizierte Spezialisten und Spezialistinnen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Seit Bestehen haben rund 7500 bei uns ihren Abschluss gemacht. Ein Drittel aller Vorarlberger und Vorarlbergerinnen, die studieren, beginnen ihr Studium an der Fachhochschule Vorarlberg, wir haben also den mit Abstand größten Marktanteil. Und wenn man dann noch sieht, dass es praktisch kein Vorarlberger Unternehmen* – auch keine Vorarlberger Organisation – gibt, das nicht in irgendeiner Weise entweder mit uns gemeinsam forscht oder zusammenarbeitet, oder Praktikumsplätze zur Verfügung stellt, dann kann ich schon sagen: Dass wir tatsächlich eine sehr, sehr hohe Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Vorarlberg haben. Im Übrigen sind wir mit unseren rund 380 Mitarbeitenden mittlerweile auch selbst ein nicht zu vernachlässigendes Unternehmen im Land.
Es heißt, dass heute in mehr als der Hälfte der FHV-Forschungs­projekte Vorarlberger Unternehmen involviert sind.
Die Kombination aus Forschung und Lehre entspricht unserer Strategie. Wir haben in allen Bereichen, in denen wir ausbilden, stets auch eine Unterfütterung mit Forschungsbereichen. Wir haben ungefähr 330 Forschungspartner und für mehr als die Hälfte unserer Projekte einen Vorarlberger Partner. Und das ist auch wichtig. Wir wollen ja kein Elfenbeinturm sein, sondern eine stark mit der Region vernetzte Hochschule. In Relation zu unserer Größe sind wir schon sehr früh auch intensiv in die Forschung eingestiegen; wir investieren dort ganz massiv; und die Unternehmen nehmen diese Forschungsleistung auch an und forschen mit uns gemeinsam. Die Fachhochschule Vorarlberg beschäftigt 100 Forscherinnen und Forscher, hat zusätzlich noch die beiden Tochtergesellschaften Digital Factory Vorarlberg und V-Research. Wir sind ein wesentlicher Faktor für die Forschungsstrategie des Landes und für den Ausbau der Forschungsstärke in unserem Land.

Ist die FHV die Universität geworden, die Vorarlberg nie hatte?
In gewisser Weise schon. Natürlich ist durch das Alleinstellungsmerkmal der FHV in Vorarlberg unser Tätigkeitsspektrum viel größer als das einer ‚normalen‘ Fachhochschule in Wien oder in Graz. Die Fachhochschule Vorarlberg hat umfassende Aufgaben. Ich würde also schon sagen, dass wir die Hochschule geworden sind, die Vorarlberg auch braucht.

Und was ist in den nächsten 30 Jahren zu erwarten?
Wir werden die FHV weiter zu einer in Europa sehr bekannten und wichtigen Hochschule ausbauen, wollen die Forschung innerhalb der Fachhochschule und bei unseren Töchtern weiter stärken, und unsere Internationalisierung, die bereits einen hohen Stand hat, weiter ausbauen.  Wir haben viel mehr erreicht als man uns in unseren Gründungsjahren jemals zugetraut hätte. Aber wir sind noch lange nicht fertig. Wir haben genug Ambition für die nächsten 30 Jahre. 

Vielen Dank für das Gespräch!

Zur Person
Stefan Fitz-Rankl
ist seit 2013 Geschäftsführer der Fachhochschule Vorarlberg (FHV) und seit 2005 in leitender Position im Hochschulsektor tätig. Zuvor unter anderem Projektleiter und Führungskräfte-Trainer am Malik Management Zentrum St. Gallen. Berufstätigkeit in Deutschland, den Niederlanden und den USA. Studium der Wirtschaftspädagogik und Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien und Ecole Supérieure de Commerce Montpellier.

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