Thomas Feurstein

* 1964 in Bregenz, Studium der Germanistik und Geografie, Biblio­thekar und Leiter der Abteilung Vorarlbergensien an der Vorarlberger Landes­bibliothek seit 1998.

 

Jodok Finks letzter Gang

April 2016

Jodok Fink, der Politiker und Bauer aus Andelsbuch verstarb am 1. Juli 1929 nach kurzer schwerer Krankheit an einer akuten Herz- und Lungenschwäche. Was die österreichischen Zeitungen in den darauf folgenden Tage in ihren Nachrufen über den ehemaligen Vizekanzler schrieben, ist bemerkenswert. Auch weltanschaulich weit von Fink entfernte Blätter zollten ihm großen Res­pekt, der weit über eine höfliche Beileidsbekundung hinausreichte.

So schrieb die „Arbeiter-Zeitung“, Zentralorgan der Sozialdemokratie Deutschösterreichs, am 3. Juli 1929 auf Seite 1:
Jodok Fink war ein Bauer. Nicht einer jener „Kulaken“, die über Scharen von Knechten und Mägden herrschten, die aus Mühlen und Sägewerken Profite schöpften … Nein, Jodok Fink war ein echter Arbeitsbauer, der sich ganz in seinem Element nur fühlte, wenn er auf seinem Acker den Pflug führte, auf seiner Wiese die Sense schwang. Wenn die Christlichsozialen mit uns sprechen wollten, haben sie ihn geschickt; sie wussten: er hatte immer, so sehr auch unsere Ansichten uns scheiden mochten, unsere Achtung, er fand immer unser Gehör.

Und sogar die „Rote Fahne – Zentralorgan der Kommunistischen Partei Österreichs“ würdigte in ihrer Ausgabe vom 3. Juli 1929 auf Seite 3 die Fähigkeiten Finks in einem Nachruf:
Fink war einer der besten Diplomaten der Christlichsozialen Partei und verstand es glänzend, auch in den verwickeltsten Situationen die Brücke zwischen den Christlichsozialen und der Sozialdemokratischen Partei zu spannen.

Das „Vorarlberger Volkblatt“ druckte am 5. Juli 1929 alle gehaltenen Grabreden ab und vermerkte in der Einleitung auf Seite 1:
Mit Neid haben gestern die Schwestergemeinden des Bregenzerwaldes auf Andelsbuch gesehen, denn die Geschichte weiß nicht zu berichten, daß jemals eine so große Anzahl Trauergäste und darunter die höchsten Persönlichkeiten des Staates in einer Landgemeinde an der Bregenzerach zusammengekommen wären, um einem Bauern die letzte Ehre zu erweisen.

Mit dem Portal ANNO (Austrian Newspapers Online) der Österreichischen Nationalbibliothek ist es auch für den Laien ein Leichtes, solche Meldungen in historischen Zeitungen zu finden und via Internet kostenlos abzurufen. Durch die Partnerschaft der Natio­nalbibliothek mit anderen Bibliotheken in ganz Österreich können aktuell schon über sieben Millionen Seiten online angeboten werden. Der Beitrag der Vorarlberger Landesbibliothek war die Kostenübernahme für die Digitalisierung zahlreicher Vorarlberger Zeitungen (Vorarlberger Tagblatt, Vorarlberger Volksblatt, Feldkircher Anzeiger …), die nun auf ANNO benutzerfreundlich präsentiert werden. Bei einer stetig anwachsenden Zahl von Seiten kann auch der Volltext durchsucht werden. Allerdings stehen die digitalisierten Zeitungen nur bis 1946 online zur Verfügung, da es das österreichische Urheberrecht verbietet, jüngere Ausgaben frei verfügbar zu machen.

http://anno.onb.ac.at

 

Sein Lebenslauf:

1853: Jodok Fink wurde in Andelsbuch als siebtes von zehn Kindern geboren.

1886: Heirat mit Maria Katharina Meus­burger, mit der er zwölf Kinder hatte.

1888-1897: Gemeindevorsteher von Andelsbuch.

1890–1918: als Landtagsabgeordneter setzte er sich besonders für die Einführung des Verhältniswahlrechts, den Bau der Bregenzerwälderbahn und die Gründung einer Landes-Hypothekenbank ein.

1897–1918: Fink machte sich als Abgeordneter zum Reichsrat vor allem als Vertreter der Anliegen der Bauern einen Namen.

1918: Auf Finks Vorschlag hin wurde Otto Ender im November 1918 zum Vorarlberger Landespräsidenten ernannt und das Land aus der Tiroler Verwaltung herausgelöst.

1919–1920: Als Vizekanzler in den Kabinetten Karl Renner I und II unternahm er alles Mögliche, um der jungen Republik Österreich das Überleben zu sichern.

–1929: blieb er einfacher Nationalratsabgeordneter, der jedoch in seiner Partei immer noch über großen Einfluss verfügte.

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