Risch–Lau: Frauen hinter der Kamera
Es vergeht kaum eine Woche in der Vorarlberger Landesbibliothek, in der an sie nicht eine Anfrage gerichtet wird, die sich auf die Fotografien des Postkartenverlags Risch-Lau bezieht. Es sind vor allem Werbeagenturen und Grafiker, die im Auftrag von Tourismusverbänden Publikationen herstellen, für die historisches Bildmaterial benötigt wird. Auch Zeitschriften und Zeitungen bedienen sich gerne nostalgischer Fotos, besonders dann, wenn es darum geht, veränderte Stadt- oder Landschaftsformen bildlich darzustellen. Die Fotografien sind auch Inhalt wissenschaftlicher Studien – so beschäftigt sich etwa Robert Groß vom Institut für soziale Ökologie in Wien derzeit mit der Frage, inwieweit die Risch-Lau-Fotos zum Kulturlandschaftswandel beigetragen haben.
Die traditionsreiche Firma Risch-Lau mit Sitz in Bregenz zählte 1985 noch 22 Mitarbeiter, bediente über 3000 Kunden in ganz Österreich und erzielte damals noch einen Jahresumsatz von etwa 25 Millionen Schilling. Es ist dem Weitblick des damaligen Geschäftsführers Beato Barnay zu verdanken, dass das Firmenarchiv bei der Betriebsschließung der Vorarlberger Landesbibliothek übergeben wurde und damit der Nachwelt erhalten bleibt. Es handelt sich dabei um über 40.000 Aufnahmen, die hauptsächlich touristische Motive aus Vorarlberg und dem restlichen Westösterreich zeigen. Die Negative und zum Teil auch Glasplatten wurden schon vor Jahren digitalisiert und können seit einiger Zeit komfortabel über das Portal Volare via Internet abgerufen werden.
Die Firma Risch-Lau, die in Vorarlberg jahrzehntelang den Handel mit Postkarten dominierte, kann auf eine ungewöhnlich lange Tradition zurückblicken. In einer Festschrift von 1985 zum 100-Jahre-Firmenjubiläum wird ausführlich auf die Pionierinnen – die Gründerinnen waren bemerkenswerterweise Frauen – eingegangen: 1847, die Daguerreotypie, die Vorstufe der Fotografie, war gerade erst wenige Jahre in Gebrauch, machten sich die Schwestern Katharina und Barbara Lentsch aus dem Tiroler Pitztal zu Fuß, mit der Postkutsche und einem Donaufloß auf den Weg nach Wien. Sie hatten in Innsbruck einen reisenden Fotografen beobachtet und waren überzeugt, dieses Gewerbe auch selbst ausüben zu können. Die erfolgreiche Geschäftsidee führte sie nach Deutschland, Ungarn und Rumänien und sogar bis in die Türkei. Zuletzt waren es sechs Schwestern und drei Brüder, die dem Fotografengewerbe nachgingen. Katharina heiratete den Schuster Ferdinand Back, dem sie das Fotografieren beibrachte und mit dem sie später in Sigmaringen ein Atelier eröffnete. Eine ihrer vier Töchter, Ida, lernte in Lindenberg den Fotografen Wilhelm Lau kennen, mit dem sie nach Bregenz übersiedelte und in der Römerstraße 22 ein modernes Fotoatelier gründete. Ungewöhnlich für die damalige Zeit war die Belegschaft im Atelier Lau, war ja nicht nur er als Fotograf tätig, sondern auch seine Frau, deren beiden Schwestern und die Schwiegermutter, die Fotopionierin Katharina Back. Auch nach dem frühen Tod von Wilhelm Lau 1892 wurde das erfolgreiche Geschäft weiter ausgebaut, besonders nach 1896, als sich die Witwe mit Carl Risch, ebenfalls ein ausgebildeter Fotograf, verheiratete. Um den erfolgreichen Firmennamen nicht gänzlich zu verlieren, wurde nun das Atelier in Risch-Lau umbenannt. Während auch Carl Risch 1905 früh verstarb, wurde seine Frau 95 Jahre alt, ehe sie 1955 in Bregenz verstarb. Über ihren Sohn Karl Risch ging das Geschäft später an dessen Neffen Beato Barnay über, der den Betrieb bis zu dessen Schließung leitete.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verschob sich der geschäftliche Schwerpunkt des Unternehmens mehr und mehr weg vom traditionellen Fotoatelier hin zur Herstellung von touristischen Ansichtskarten. Im Gegensatz zum ältesten Bregenzer Fotogeschäft Högler, dessen Archiv sich heute im Rohnerhaus in Lauterach befindet, beschränkt sich das überlieferte Fotomaterial von Risch-Lau leider größtenteils auf die Produktionszeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
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