Friederike Hehle

Gründerin und Geschäfts­führerin historizing – Agentur für Geschichte

Von der Leidenschaft beim Sammeln, Verwerten und Handeln

Februar 2019

Die Loacker Gruppe mit Zentrale in Götzis ist heute eine in sechs Ländern tätige Recycling-Spezialistin mit rund 1300 Mitarbeitern. Die Wurzeln des Unternehmens reichen in eine Zeit zurück, als noch niemand von recyclen sprach.

Die Leidenschaft fürs Sammeln, Verwerten und Handeln ist Familie Loacker in die Wiege gelegt. Seit 1876, als Gründerin Katharina Loacker eine Hausierbewilligung erwirkte und von Haus zu Haus zog, um Altwaren zu sammeln, ist die Familie in dieser Branche tätig.

Isabockers

Aus dieser Zeit stammt auch Loackers Hausname „Isabocker“. Er ist heute noch in Götzis und Umgebung ein geläufiger Begriff. Weil die Familie in Götzis einen der wenigen Geißböcke zum Besteigen hielt, war sie im Ort zunächst unter dem Hausnamen „Bocks“ bekannt. Als Katharina Loacker um 1900 offiziell in den Handel mit Alteisen einstieg, kam es wohl bald zur Erweiterung auf „Isabockers“. Beim Sammeln band sie den Geißbock zum Pferd an den Wagen, damit es Gesellschaft hatte. Während der Haltepausen konnten beide Tiere, sowohl Roß als auch Geißbock, am Wegesrand Gras fressen. So war am Ende der Sammeltour nicht nur der Wagen mit Alteisen gefüllt, sondern beide Tiere waren auch satt geworden.

Eine starke Familie

Stark war Firmengründerin Katharina Loacker vor allem im übertragenen Sinne: Als Witwe und Mutter von fünf Kindern sicherte sie ab Mitte der 1880er-Jahre den Unterhalt der Familie als Landwirtin, Gastwirtin und mit dem Sammeln und Handeln von Altwaren. Dass sie sich schließlich nach 1912 beruflich ganz auf Alteisen konzentrieren konnte, verdankte sie unter anderem dem Umstand, dass um 1910 viele Vor­arlberger Sticker auf Automatenstickmaschinen umstellten und ihre alten Maschinen verschrotteten.
Die Leidenschaft fürs Sammeln und Handeln übertrug sich auf ihren ältesten Sohn Michael, dessen körperliche Stärke legendär war. „Kraftmichel“ – wie er im Götzner Turnverein genannt wurde – stählte seine Muskeln nicht nur beim Turnen, sondern vor allem bei der täglichen Arbeit. Während der Stickereikrise soll er Hunderte Stickmaschinen demontiert und die schweren Stickwellen – zum allgemeinen Erstaunen – alleine von den Stickmaschinen heruntergehoben haben.  Stärke zeigte auch Michaels Witwe Johanna. Nachdem ihr Mann 1938 gestorben war, übernahm sie die Leitung des Geschäfts und führte es durch die schwierige Zeit des Zweiten Weltkriegs. So hatte sie nicht nur den Verlust des Gatten, sondern auch ihres älteren Sohnes Jakob zu beklagen. Eine Stütze waren ihr in dieser Zeit Tochter Maria und ihr jüngerer Sohn Reinold. Kriegsbedingt bekam er 1942, im zarten Alter von 15 Jahren, den Lkw-Führerschein. Mit einem Polster als Sitzerhöhung und der Mutter auf dem Beifahrersitz lenkte er das große Fahrzeug nun durch die Straßen. Weil sie keinen Kran auf dem Lkw hatten, sammelten sie das Alteisen miteinander ein und verluden es gemeinsam nur mit der Kraft ihrer Muskeln auf die Ladefläche.

Internationales Wachstum

Dass die Loacker Gruppe heute rund 1300 Mitarbeiter beschäftigt, ist dem Mut der Unternehmerfamilie zu Wachstum geschuldet. Reinold Loacker erkannte das Potenzial der Firma, als er Mitte der 1970er-Jahre den Betriebsstandort vom Zentrum an den Ortsrand von Götzis verlagerte. Damit stellte er die Weichen für die betriebliche Expansion und somit die Entwicklung hin zum Komplettabnehmer.
Weitere wichtige Schritte in diese Richtung setzte sein Sohn Michael Loacker Anfang der 1990er-Jahre. Er expandierte, indem er eigene Niederlassungen aufbaute beziehungsweise andere Recycling-Unternehmen übernahm. 1993 kaufte er das Feldkircher Recycling-Unternehmen Neier, ein Jahr später gründete er in Budapest die erste hundertprozentige Tochter. Denn nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erkannte er den Nachholbedarf in Osteuropa in Recycling- und Umweltfragen. Zahlreiche weitere Übernahmen, Beteiligungen und Gründungen folgten bis heute. Inzwischen sind 28 Unternehmen mit 43 Betriebsstätten in sechs Ländern unter dem Dach der Loacker Gruppe vereint. Für den jetzigen Geschäftsführer Karl Loacker hat es die Geschichte bewiesen: „Durch unser Wachstum waren wir immer vorne mit dabei und haben viele überholt.“
Wenn Karl Loacker Ende 2019 die Geschäftsführung an seinen Sohn abgibt, wird bereits die fünfte Generation die Geschicke des Unternehmens lenken. Wie haben er und sein älterer Bruder Michael es geschafft, die Leidenschaft fürs Sammeln, Verwerten und Handeln an die nächste Generation weiterzugeben? „Sie werden sie halt bei uns gesehen haben!“, stellt Michael Loacker heute lachend fest. „Da ist sicher auch Glück dabei! Das musst du zuerst schaffen, dass alle Kinder in der Firma arbeiten wollen“, ergänzt Karl Loacker.

Loacker Gruppe

  • 1876 gegründet
  • Rund 1300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • 28 Unternehmen mit 43 Betriebsstätten in sechs Ländern

Die Loacker Gruppe deckt das komplette Entsorgungsspektrum ab: vom Containerservice bis zur Aufbereitung und Vermarktung von Eisenschrott, Nichteisen-Metallen und sonstigen Wertstoffen wie etwa Kunststoff, Papier, und vieles mehr. Neben diesen drei größten und wichtigsten Geschäftsbereichen gibt es außerdem die Bereiche Dienstleistungen (Abbrüche, Veranstaltungsservice, …) sowie erneuerbare Energien. 

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