Herbert Motter

„Wir nehmen uns selbst die Butter vom Brot“

April 2015

In den vergangenen Monaten kam es knüppeldick für den heimischen Tourismus. Nach der Kennzeichnungspflicht für Allergene und der endlosen Raucherdebatte folgt mit der Steuerreform nun der nächste Schlag. Besonders die Mehrwertsteuererhöhung von 10 auf 13 Prozent erzürnt die Branche, die nun genau das Gegenteil fordert.

Resignation und Demotivation machen sich breit. Die Tourismuswirtschaft, ein klarer Verlierer der Steuerreform, hat das Vertrauen in die Politik endgültig verloren.
„Wir können unsere Standorte nicht auslagern, schaffen Investitionen, Arbeit und Wertschöpfung im Land. Nun werden unsere Erfolge gegen uns ausgelegt“, ärgert sich Tourismussparten­obmann Hans-Peter Metzler. „Durch die aktuelle Steuerreform nehmen wir uns Wettbewerbsvorteile selber weg.“ Konkret ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 10 auf 13 Prozent gemeint. Aber auch durch die weitere Verlängerung der ohnehin schon als realitätsfremd angesehenen Abschreibungsdauer von 33 auf 40 Jahre sowie die Änderungen im Rahmen der Grunderwerbsteuer werden massive volkswirtschaftliche Auswirkungen befürchtet.

Laut Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) liegt das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) 2013 in der Hotellerie bei zwei bis fünf Prozent. Nach der Reform werden gemäß ÖHT nur mehr zehn bis 20 Prozent der Hotels positive Zahlen schreiben. Die aktuellen Steuererhöhungen nehmen den Betrieben die Luft, um wichtige Investitionen durchzuführen. Ohne diese wird es schwer, international konkurrenzfähig zu bleiben. In den letzten drei Jahren lag das Investitionsvolumen im Vorarlberger Tourismus noch zwischen 70 und 90 Millionen pro Jahr. Die regionalen Wertschöpfungseffekte waren enorm. All dies steht nun auf dem Spiel.

Wettbewerbsfähigkeit sinkt

Österreich baut auf, Deutschland baut ab: Die dortige Mehrwertsteuersenkung auf sieben Prozent brachte Milliarden­investitionen und 70.000 neue Jobs in die deutsche Tourismuswirtschaft. Mit einer Anhebung von 10 auf 13 Prozent wird der Mehrwertsteuersatz für die heimischen Beherbergungsbetriebe fast doppelt so hoch wie in Deutschland. In der Schweiz beträgt er gar nur 3,8 Prozent. In 22 von 28 EU-Staaten ist die Mehrwertsteuer auf Beherbergung niedriger als bei uns.

Senkung der Mehrwertsteuer bringt mehr

Nicht eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, sondern eine Senkung derselben wäre eine effektvolle Lösung. Das hat der Linzer Universitätsprofessor Friedrich Schneider bereits 2010 in einer volkswirtschaftlichen Analyse festgestellt: „Da Touristen grundsätzlich sehr preissensibel reagieren, muss auch hier der Hebel angesetzt werden, um den heimischen Tourismus preislich attraktiv zu halten bzw. zu gestalten. Die Tourismuswirtschaft ist durch personalintensive Dienstleistungen geprägt, sodass hier kaum preissenkende Rationalisierungsinvestitionen durchgeführt werden können. Eine Möglichkeit wäre eine Reduktion der Steuerbelastung in diesem Bereich“, plädiert Schneider für eine Öffnung eines Preissenkungsspielraums.

Vonseiten der Vorarlberger Tourismuswirtschaft wird ebenfalls schon länger auf eine Reduktion des Mehrwertsteuersatzes von 10 auf 5 Prozent gedrängt. Wird diese an die Konsumenten weitergegeben, kann aufgrund der Preisreagibilität der Nachfrage davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Übernachtungen ansteigen wird. Neben der Zunahme der Nächtigungen (und damit der Nächtigungserlöse) würden sich weitere positive Effekte durch die zusätzlichen Ausgaben der Touristen ergeben. Das heißt, mehr Nächtigungen und Nebenausgaben führen wiederum zu höheren Steuereinnahmen für den Staat, der deshalb mit einer Senkung der Mehrwertsteuer sogar besser aussteigen würde.

Für Vorarlbergs Tourismuswirtschaft, das macht Hans-Peter Metzler klar, hat der Kampf gegen die Belastungsflut trotz hohem Frustpotenzial jedenfalls erst begonnen. „Das können und wollen wir nicht auf uns sitzen lassen. Mit unserer Offensive gegen das Belastungspaket wollen wir die langfristigen Auswirkungen, Gefahren und Probleme aufzeigen und alle betroffenen Tourismus- und Gastronomiebetriebe zur Unterstützung aufrufen.“

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