Sabine Barbisch

Im Ausland – Modedesignerin in Berlin

November 2023

Die Inspiration im Alltäglichen 

Den Wunsch, Modedesignerin zu werden, hatte Elisabeth von der Thannen-Biondi bereits in der Kindheit, das belegt eine Zeichnung. Über bereichernde Umwege unter anderem ins Schauspielfach, ihre Kreationen und inspirierende Momente im Alltag berichtet die gebürtige Bregenzerwälderin im Gespräch mit „Thema Vorarlberg“.
Die 38-Jährige lebt und arbeitet seit zehn Jahren in Berlin. 

Die freischaffende Designerin Elisabeth von der Thannen-Biondi stammt aus dem Bregenzerwald. Die heute 39-Jährige wurde in Egg geboren, dort wuchs sie die ersten sieben Jahre auf, bevor die Familie ins nahe Lingenau zog: „Ich weiß noch, dass dieser Dorfwechsel als Kind sehr aufregend und spannend für mich war.“ Die Schule, die Freundinnen, die Umgebung – alles war neu, aber sie war begeistert: „Ich fand das toll! Und bin gerne zur Schule gegangen und habe sehr viele Freizeitaktivitäten gemacht, von Fußball über Theater bis zum Musikunterricht.“ Tatsächlich gibt es ein Dokument aus ihrer Kindheit im Bregenzerwald, das heute als Vorahnung interpretiert werden könnte: In der Schule sollte sie ihren Traumberuf bildlich darstellen. „Ich zeichnete mich sitzend am Tisch, wie ich designe und umgeben von Designmaterialien und Textilien bin. Ich hatte den Wunsch, Modedesignerin zu werden wohl immer schon in mir. Aber ich bin ein paar Umwege gegangen, bis ich mich traute, es auch tatsächlich zu machen“, blickt von der Thannen-Biondi zurück. 
Wien war als erstes Ziel nach der Matura gesetzt, ursprünglich wollte sie wegen ihrer Begeisterung für das Theater eine Schauspielausbildung machen. Nach einer Absage am „Max Reinhardt Seminar“ veränderte sie ihren Fokus und studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaften; aus Liebe zur Kunst kam auch noch Kunstgeschichte dazu. „Durch die viele Theorie in diesen Studiengängen fehlte mir die Praxis. Denn es war mir immer wichtig, mich künstlerisch auszudrücken und so habe ich mich für das Medium Textil und die Mode entschieden.“

Mode, Film, Kunst
Der Umzug in die österreichische Bundeshauptstadt und das Studium bedeuteten für die junge Frau auch Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. „Ich habe mein Leben in Wien sehr genossen, aber nach acht Jahren wollte ich auch wieder etwas Neues sehen.“ Mit ihrem Mann reiste sie oft nach Berlin, die Vielfältigkeit und Größe der Stadt zog das Paar an. „So bin ich für ein Praktikum bei einer Modedesignerin in Berlin gelandet, geplant waren drei Monate – nun sind über zehn Jahre daraus geworden!“ 
Ihr berufliches Engagement hat sich in den vergangenen Jahren verändert: „Ich war lange als freischaffende Schneiderin und Designerin tätig, durch die Covid-Pandemie fielen dann Aufträge weg, so wollte und musste ich mich umorientieren. Dann bin ich zum Film gekommen und habe vor der Geburt meines Sohnes im Jahr 2021 bei den Netflix-Serien ‚KITZ‘ und ‚KLEO‘ mitgearbeitet.“
Nun gefällt der Modedesignerin die Arbeit beim Film so gut, dass sie neben ihrer freischaffenden Tätigkeit als Designerin weiter dort arbeitet, beim Film in der Kostümabteilung, einerseits als Kostümbildassistentin und zum anderen als „Set Kostüm“. Das bedeutet, dass sie am Set die Schauspieler und Schauspielerinnen betreut, was das Kostüm anbelangt; etwa die Anschlüsse zu checken oder Kostümwechsel zu betreuen. „Die vergangenen Monate habe ich für die Serien ‚Doppelhaushälfte‘, ‚Plan B‘, ‚We are Familie‘ und ‚Schwarze Schafe‘ gearbeitet.“ 
Und was trägt nun eine Modedesignerin selbst? „Da muss ich sagen, dass mein persönlicher Modestil mit meinen modischen Kreationen wenig zu tun hat“, lacht die 38-Jährige. Ihre Entwürfe beschreibt sie als speziell, gerne auch in Farbe. „Ich persönlich trage sehr viel Schwarz, Weiß und Blau. Da bin ich vielleicht etwas pragmatisch, ich mag es schlicht und bequem in Form und Materialität.“ Der Designerin ist generell wichtig, nicht nur nach Trends zu designen: „Mich fasziniert es mehr, mit Materialität zu spielen und textile Flächen zu gestalten.“ 

Von Silhouetten, Skizzen und Prototypen
Als Inspiration dafür dienen ihr meist Themen, die sie in ihrem Leben beschäftigen. Da gibt es dann ein großes „Überthema“, das sie mit ihren Entwürfen behandelt, wodurch Silhouetten und Skizzen entstehen. „Am Anfang steht immer Recherche in Form von Bildern und Texten auf dem Plan, so entstehen sogenannte Moodboards für die Kollektion. Dann geht es an die Skizzen und Prototypen entstehen, nebenbei beginne ich mit der Textil-Recherche und ersten Designs für neue Textilien, zum Beispiel in Form von Digital-Prints oder Strickdesign. Nach der Überarbeitung der Schnitte der Prototypen geht es an den Zuschnitt vom finalen Material und meistens kommt es dann an eine Schneiderin zur Endfertigung“, erklärt sie ihren mehrteiligen Arbeitsprozess.
Für ihr Schaffen wurde Elisabeth von der Thannen-Biondi 2021 mit dem Förderpreis der Internationalen Bodenseekonferenz ausgezeichnet. „Ich habe mich riesig gefreut, dass meine Arbeit als Modedesignerin wahrgenommen wird und das auch in meiner alten Heimat Vorarl­berg.“
Das alles illustriert das Anliegen der gebürtigen Bregenzerwälderin, sich in ihrer Arbeit breit aufzustellen; klassisches Modedesign sei nur ein Teil davon, erklärt die Wahl-Berlinerin: „Gerade die Vielfältigkeit ist der Punkt, der mich an meiner Arbeit am meisten reizt. Ich finde den Austausch mit anderen kreativen Menschen sowie die gemeinsame Arbeit an Projekten toll. Dieser Kollektiv-Gedanke ist in der Modebranche leider nicht sehr weit verbreitet, das stört mich. Und von der Umwelt-Belastung bei der Textilproduktion abgesehen, möchte ich nicht Teil einer ‚Ellbogengesellschaft‘ sein, sondern Nachhaltigkeit in meinem Schaffen und in meinem Privatleben nicht ausklammern.“ 
Ganz losgelöst von ihrer Arbeit ist Elisabeth von der Thannen-Biondi ohnehin nie, aber das sieht sie als Teil ihres kreativen Schaffens, „denn ich fühle mich von alltäglichen Dingen und Momenten inspiriert, sammle diese Sachen zum Beispiel in Form von Fotos, um sie später in meine Arbeit miteinfließen zu lassen. Am besten abschalten kann ich, wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin und unser Sohn uns an seiner kindlichen Welt teilhaben lässt.“

Lebenslauf
Elisabeth von der Thannen-Biondi , * 27.12.1984, hat ihre Kindheit und Jugend in Egg und Lingenau verbracht. Nach der Matura am BORG Egg hat sie Theater, Film- und Medienwissenschaft sowie Kunstgeschichte studiert. Danach besuchte sie das Kolleg für Modedesign Herbststraße Wien und absolvierte ihr Bachelor­studium in Modedesign an der HTW Berlin und den Masterstudiengang an der Kunsthochschule Weißensee ebenfalls in Berlin. Die freischaffende Designerin lebt seit zehn Jahren in Berlin, seit drei Jahren ist sie verheiratet, ihr Sohn kam 2021 zur Welt.

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