Roland Jörg

Leiter der Abteilung Kultur und Weiterbildung, Stadt Dornbirn

Plädoyer für das Buch

November 2019

Der 70. Geburtstag Michael Köhlmeiers, den man getrost zu den wichtigsten Autoren unserer Zeit zählen darf, soll Anlass sein, nicht nur ihn persönlich zu würdigen, sondern auch sein Metier: das Schreiben und damit das Buch als greifbares Medium.
Für das Schreiben braucht es die Dichterinnen und Dichter, für das Herausgeben die Verlage. Edieren, das kommt dem Besetzen eines faktischen, eines realen Raumes gleich, den es zu erobern gilt. Tradieren und Edieren stehen in einem verwandtschaftlichen Verhältnis, sie richten sich gegen das Vergessen. „Materiality Matters“: So sieht es Anne Mangen von der Uni Stavanger. Für sie ist der Akt des Lesens eng mit der Tatsache verknüpft, dass wir Körper und Geist sind. Die sensorischen Erfahrungen führen dazu, dass Inhalte länger im Gedächtnis bleiben. 
Der virtuelle Raum dagegen ist wie ein Vakuum, ein Raum, den es gar nicht erst zu erobern gilt, sondern der vermittelt, so komm doch, tritt ein in die Flüchtigkeit! Ich wage zu behaupten, dass Schriftsteller wie etwa Kafka, Proust oder auch Joyce als E-Book wohl keine Aussichten gehabt hätten, in den Kanon der Weltliteratur Eingang zu finden. 
In einem Interview hat der Leiter der modernsten Bibliothek Dänemarks, das Dokk 1 in Aarhus, sinngemäß darauf hingewiesen, dass ein Buch, das in einem Jahr nur eine Entlehnung hat, sofort wieder aus den Beständen eliminiert wird. Ich habe noch den Satz eines alten Bibliothekars im Ohr, der besagte, dass sich der Ankauf eines Buches, das einmal in einem Jahrhundert ausgeliehen wird, bereits rentiert habe. Man sieht: Was vor einer Generation für ein Jahrhundert galt, zählt heute nur noch ein Jahr.
 In diesem Sinn: Alles Gute Michael Köhlmeier! Und danke für all die Bücher, die Du geschrieben hast!