Herbert Motter

125 Jahre Vorarlberg Tourismus Entwicklung in rasanten Schritten

Juni 2018

Vorarlbergs Tourismusgeschichte ist geprägt vom Pioniergeist von Familien­unternehmen und einer bedächtigen, aber beharrlichen Weiterentwicklung der Vorarlberger Tourismuslandschaft.

Im Jahre 1893 wurde in Dornbirn der Landesverband für Fremdenverkehr, die heutige Vorarlberg Tourismus GmbH, gegründet. Das Besondere: Es waren Wirtschaftstreibende und nicht Philanthropen, von denen dies ausging. Die Ziele für die neue Institution lasen sich schon damals vielschichtig: Hebung des Bekanntheitsgrades des Landes, Förderung einer positiven Tourismusgesinnung und Hilfestellung für örtliche Verkehrs- und Verschönerungsvereine. Dies verändert alles: die Landschaft, die Infrastruktur, das Leben der Menschen.
Nach 1900 ging es richtig los: In der Belle Époque kamen erstmals internationale Gäste ins kleine Ländle. Erste Werbemaßnahmen folgten. Dazu zählten Sommerprospekte, Plakate und Anzeigenwerbung. 1902 verzeichnete die neu eingeführte Statistik 48.649 Gästeankünfte. 115 Jahre später wurden allein zwischen Mai und September 2017 knapp 1,1 Millionen Ankünfte gezählt. Und ganz aktuell: Der Vorarlberger Tourismus darf in der Wintersaison 2017/2018 einen Rekord bei den Gästeankünften bejubeln: 1,25 Millionen Ankünfte wurden gezählt, mehr als je zuvor. Doch zurück zu den Anfängen.

Innerhalb weniger Jahrzehnte gelang um die Jahrhundertwende ein steiler Aufstieg von einem vorwiegend agrarisch und industriell geprägten Land zu einer bedeutenden Fremdenverkehrsregion. Voraussetzungen dafür bilden die vielfältigen landschaftlichen Reize und die günstige Lage des Landes. Dazu kam der Ausbau der Infrastruktur ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Eröffnung der Vorarlbergbahn 1872 auf der Strecke Bludenz-Lindau und die Inbetriebnahme der Arlbergbahn 1884 bildeten Marksteine beim Ausbau und der Verbesserung der Verkehrswege und Verkehrsmittel. Damit war eine verkehrsmäßige Anbindung an das benachbarte Ausland und an Innerösterreich gewährleistet. Bis in die 1920er-Jahre existierte praktisch nur eine Sommersaison. Urlaub machen zu können, war zudem ein Privileg einiger weniger. Der „klassische Tourist“ gehörte dem Adel an oder kam aus dem gehobenen Bürgertum und genoss Wanderungen und Bergtouren in Vorarlbergs Bergwelt. Erst in der Zwischenkriegszeit, als der Skilauf sich zum Volkssport entwickelte, erfolgte ein tiefgreifender Strukturwandel. Am Bödele wurde 1907 der erste Skilift der Alpen in Betrieb genommen. Der „Schlittenlift“ gilt als erster öffentlich zugänglicher Skilift Europas. 1937 erbaute man in Zürs am Arlberg einen Umlauf-Schlepplift, den ersten in Vorarlberg und Österreich. Heute verfügt Vorarlberg über circa 320 Liftanlagen.

1923 nahm ein erster Winterprospekt Gestalt an, Rundfunkwerbung wurde geschaltet. Der erste Tourismusfilm folgte 1945. In den vergangenen Jahrzehnten schlug der „Landesverband für Tourismus“, wie die Fremdenverkehrs-Organisation ab 1989 genannt wurde, innovative Wege ein: So entstand Anfang der 1970er-Jahre das erste touristische Marketingkonzept; in der sogenannten „Verbundwerbung“ kommt es zur Vernetzung der touristischen Interessen und anderen Werbebranchen.

Im Jubiläumsjahr richtet Vorarlberg Tourismus den Fokus auf die Knotenpunkte der Tourismusgeschichte. In Kooperation mit sechs Museen bündelt die Organisation Vorträge, Kamingespräche, Führungen durch die Ausstellungen und Sammlungen zur Veranstaltungsreihe „Vom Überleben zur genussvollen Lebenskunst“.

„Die heutigen Freizeitangebote waren früher reine Überlebenstechniken: Skifahren und Wandern dienten der Fortbewegung und dem Transport“, erklärt Christian Schützinger, Geschäftsführer von Vorarlberg Tourismus, und ergänzt: „Heute ist Tourismus eine volkswirtschaftliche Größe, die den ländlichen Raum in seiner wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung anregt.“

Etwa die Hälfte der Vorarlberger Export-Erlöse wurde bereits 1992 im Fremdenverkehr erwirtschaftet. Für die meisten Regionen des Landes – Arlberggebiet, Montafon, Brandnertal, Kleinwalsertal – ist er zur Existenzfrage geworden. Auch andere Wirtschaftszweige wie das Handwerk, Bau, Handel- und Dienstleistungsgewerbe profitieren stark vom Tourismus. Besonders wichtige Impulse erhält die Landwirtschaft vom Tourismus. Für einen erheblichen Teil der Landbevölkerung liefert er die Existenzgrundlage oder zumindest ein spürbares Nebeneinkommen, wodurch die Entsiedlung und Verkarstung der Vorarlberger Gebirgstäler gebremst werden konnte. Anfang der 1990er-Jahre hielt ein neuer Gedanke im Tourismus Einzug. Ein möglichst schonender Umgang mit der Natur, entsprechende Berücksichtigung des Umweltschutzes und die Erhaltung eines intakten, natürlichen Lebensraumes, stehen seither im Mittelpunkt der Tourismuskonzeptionen. Klare Vorgabe des Landes: Der „sanfte Tourismus“, der schonend mit naturgegebenen, menschlichen und wirtschaftlichen Ressourcen umgehen will, soll in Vorarlberg auch in Zukunft noch stärker Richtschnur des touristischen Wirtschaftens sein.

 

Im Zeitraffer

1893 Konstituierende Versammlung des Landesverbandes für Fremdenverkehr in Vorarlberg am 5. November in Dornbirn
1902 Beitritt zum neugegründeten Bodenseeverkehrsverein, erste Statistik: 48.649 gemeldete Gäste weilten in Vorarlberg
1923 Erster Winterprospekt, gestaltet von Walther Flaig, und erste Rundfunkwerbung
1955 Gründung der Österreichischen Fremdenverkehrswerbung mit Sitz in Wien, erster Tourismusfilm „Vom Bodensee zum Gletschereis“
1966 Erstes Vorarlberger Fremdenverkehrsgesetz
1976 Beginn der Marktforschung mit der ersten landesweiten Gästebefragung
1983 Einstieg in die elektronischen Dialogmedien (Bildschirm Text-System), erstes Corporate Design
1989 Umbenennung des Verbandes in „Landesverband Vorarlberg Tourismus“, Eröffnung der touristischen Repräsentanz in Wien (besteht bis 2014)
1995 Erstmalige Ausschreibung des touristischen Innovationspreises, Einstieg in das Internet-Zeitalter mit der ersten Homepage
2007 Mitwirkung bei der Erstellung des Tourismusleitbildes 2010+ der Landesregierung
2008 Auflösung des Landesverbandes, Gründung der Vorarlberg Tourismus GmbH als 100-Prozent-Tochter des Landes
2012 Präsentation der Tourismusstrategie 2020, erste Vorarlberg-App für Urlaub und Freizeit
2013 Die Wirtschaftskammer Vorarlberg wird 25-Prozent-Gesellschafter der Vorarlberg Tourismus GmbH
2016 Übernahme der Trägerschaft für das Programm „Gastgeben auf Vorarlberger Art“ im Sinne der Tourismusstrategie 2020

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