Herbert Motter

Arbeitskräftemangel als größte Wachstumsbremse

Februar 2023

Die Wettbewerbsfähigkeit der Vorarlberger Industrie ist aufgrund der Preisexplosion bei Energie, dem permanenten Fachkräftemangel sowie einer teilweise trägen Bürokratie aktuell in Gefahr. Der Aufschwung lässt auf sich warten.

Während die Metall- und Maschinenindustrie mit der aktuellen Situation zu kämpfen hat und damit das Gesamtergebnis getrübt wird, zeigt sich in Branchen wie der Lebensmittelindustrie oder der Elektro- und Elektronikindustrie aktuell eine etwas bessere Lage.
Die Geschäftslage gesamt wird aktuell von 36 Prozent der Befragten als gut, von 33 als durchschnittlich, aber auch von 31 Prozent als schlecht beurteilt. Die Stimmung gegenüber der schlechten Lage im 3. Quartal (der drittschlechteste Geschäftsklimaindex seit 20 Jahren) hat sich nur leicht verbessert. Ähnlich ist das Ergebnis bei den Auslandsaufträgen und den derzeitigen Auftragsbeständen. Der Blick in die Zukunft verheißt bisher nichts Gutes, denn alle Industriebranchen sind sich einig: „Die Krisen hinterlassen immer noch ihre Spuren. Hoffnungen auf eine durchstartende Konjunktur sind angesichts der schwächelnden weltweiten Nachfrage verfrüht. Die kommenden sechs Monate sind von großen Unsicherheiten geprägt“, betont Industriespartenobmann Markus Comploj.
Herausforderung Arbeitskräfte
Knapp 90 Prozent der befragten Industrie-Unternehmen gaben an, dass sie im vergangenen Herbst dazu bereit gewesen wären, weitere Lehrlinge einzustellen. Größtes Hindernis dabei war und ist das Fehlen geeigneter Bewerber. „Es ist inakzeptabel, dass rund ein Viertel der Jugendlichen nach der Pflichtschule nicht sinnerfassend lesen kann. Daher haben wir uns entschieden, über Projekte wie beispielsweise das Salzburger Lesescreening und den verstärkten Einsatz von Lesepaten, gemeinsam mit der Bildungsdirektion, die Förderung der Lesekompetenz an den Schulen zu unterstützen. „Nicht lesen zu können, führt zu gesellschaftlicher Isolation, zu Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt, zu einer erhöhten Armuts- und Krankheitsgefährdung bis hin zu einer schlechteren Gesundheit“, verdeutlicht Markus Comploj die Motivation der Vorarlberger Industrie, hier aktiv zu werden.
Gerade im Fachkräftebereich gelte es, die heimischen Potenziale zu heben und qualifizierte Zuwanderung zu ermöglichen. Doch dazu müsse die Rot-Weiß-Rot-Karte – die grundsätzlich ein geeignetes Instrumentarium sei – in der Genehmigung praxistauglicher werden. Comploj: „Die Änderungen und Verbesserungen der jüngsten Anpassung werden aus unserer Sicht behördlich zu wenig und zu wenig schnell umgesetzt.“ Auch in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sieht der Industrie-Spartenobmann noch viel Potenzial. Dazu gehöre der Ausbau der Kinderbetreuung, um es mehr Frauen zu ermöglichen, in den Arbeitsmarkt einzutreten. „Ganztägige Angebote an Schulen sollten ausgebaut werden. Es braucht zudem mehr Ganztagschulen mit verschränktem Unterricht.“
Für jene, die mehr oder länger arbeiten wollen, müsse sich das auch lohnen. „Dadurch können wir das tatsächliche Pensionsantrittsalter an das gesetzliche Antrittsalter heranführen und damit das Pensionssystem sichern. Dazu braucht es finanzielle Anreize, genauso wie den Ausbau gesundheitsfördernder Maßnahmen, sodass die Menschen länger gesund und mit Freude im Erwerbsleben bleiben können“, sagt Markus Comploj.

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