Wilfried Hopfner

Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Herausgeber Thema Vorarlberg

Brief des Herausgebers: Über die Notwendigkeit einer ehrlichen, umfassenden Diskussion

Februar 2023

Spätestens mit Ausbruch der Pandemie mussten wir das Management knapper Ressourcen lernen, heute können wir positiv festhalten, dass die Unternehmen am Wirtschaftsstandort Vorarlberg in diesem Management durchaus erfolgreich waren. Auch ist in Sachen Energiebeschaffung eine gewisse Entspannung eingetreten, in der mengenmäßigen Verfügbarkeit und in der Preisentwicklung; dass die Situation der Planungsunsicherheit weitestgehend beseitigt werden konnte, ist wohl auch auf den noch vor Weihnachten beschlossenen Energiekosten-Zuschuss II zurückzuführen. 
Doch die wohl vielschichtigste Herausforderung stellt die Arbeitsmarktsituation in unserem Land dar. Aus dem in Vorarlberg seit langem existierenden Fachkräftemangel ist ein genereller Arbeitskräftemangel geworden, und das aus mehreren Gründen. Zwei wesentliche Faktoren, die zu dieser Situation führen, sollen an dieser Stelle exemplarisch genannt sein: Die Demografie, sprich die Tatsache, dass die Babyboomer-Generation aus dem Erwerbsleben ausscheidet, sowie der vermehrte Wunsch der Arbeitnehmer nach Teilzeitarbeitsstellen. In Summe, das zeigt eine aktuelle Studie des österreichischen Wirtschaftsbundes, hatte es im Dezember 2022 in Vorarlberg 12.632 offene Stellen gegeben. Der Arbeitskräftemangel ist unzweifelhaft zur größten Wachstumsbremse geworden.
Angesichts dieser Entwicklung gilt es, verschiedene Lösungsansätze in konstruktive Diskussionen, vor allem aber in konkrete Umsetzungsschritte zu bringen. Die konsequente Nutzung weiterer Digitalisierungsmöglichkeiten wird zwar einen Beitrag leisten können. Aber: Damit auch mehr Frauen ihre Chancen im Arbeitsmarkt nutzen können, müssen wir im Land – mit Bundesunterstützung – in diesem Jahr Fortschritte machen, damit Familie und Beruf nicht nur Schlagworte bleiben. Und seitens der Bundesregierung brauchen wir Klarstellungen, wie es gelingen kann, für den Arbeitsmarkt auch ausländische Fachkräfte für eine langjährige Mitarbeit gewinnen zu können.
Vor allem braucht es aber eine ehrliche und umfassende Diskussion darüber, wie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die das auch wollen, länger im Arbeitsprozess bleiben können. Wir tun uns nichts Gutes, wenn wir uns zurecht darüber freuen, dass wir zwar immer älter werden, gleichzeitig aber die Tatsache ignorieren, dass die Zeiten für das Jungsein und für die Ausbildung beziehungsweise unsere Pensionsjahre mehr Zeit ausmachen als die Jahre, in denen wir im Erwerbsleben stehen. 
Daher ist der Vorstoß der Regierung nur zu begrüßen, rund um den Zeitpunkt des Pensionsantritts zeitgemäße Regelungen zu finden. Die derzeitige Diskussion greift aber aus meiner Sicht noch viel zu kurz - wir werden diese ausweiten und auf eine neue, sachliche Ebene heben müssen. Hoffentlich gelingt uns das zeitgerecht, ehrlich und umfassend, damit wir gemeinsam eine enkeltaugliche und nachhaltige Lösung finden! Für eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt und zur Budgetsanierung!

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.