Andreas Dünser

Chefredakteur "thema vorarlberg" (andreas.duenser@themavorarlberg.at)

Die silberne Gesellschaft

Oktober 2015

Caritas und Zukunftsinstitut präsentieren „Trendreport Arbeitsmarkt Vorarlberg“. Zukunftsforscher Gatterer: „Umgang mit älteren Menschen wird zu einem entscheidenden Faktor für Vorarlberg.“

Die Jungen werden immer weniger und die Älteren mehr. 2025 wird laut Statistik Austria ein Drittel der Österreicher im erwerbsfähigen Alter zwischen 50 und 65 Jahren alt sein. Caritas und Zukunftsinstitut gingen nun gemeinsam der Frage nach, welche Auswirkungen dieser demografische Wandel auf den Vorarlberger Arbeitsmarkt haben wird – und präsentierten im Bregenzer „Siechenhaus“ ihren „Trendreport Arbeitsmarkt Vorarlberg“. Zukunftsforscher Harry Gatterer, Autor des Reports, wies dabei darauf hin, dass Vorzeichen dieses Wandels bereits sichtbar seien: „Ältere Arbeitslose sind auch in Vorarlberg kein Randthema mehr. Jeder vierte Arbeitslose in Vorarlberg ist über 50.“ In der Tat stieg die Arbeitslosenquote der über 50-Jährigen in den vergangenen Jahren stetig, wie Angaben des AMS zeigen: Betrug der Anteil älterer Arbeitsloser an der Gesamtarbeitslosenzahl Ende 2007 noch 18,7 Prozent, waren dies Ende des Vorjahres bereits 25,3 Prozent. Aktuell, sprich Ende August, lag der Anteil bei 26 Prozent. Insgesamt waren in Vorarlberg zu diesem Zeitpunkt 2575 über 50-Jährige als arbeitslos vorgemerkt.

Gatterer mahnte in diesem Zusammenhang, die Haltung gegenüber älteren Arbeitnehmern zu ändern. Ältere Arbeitnehmer außen vor zu lassen, bedeute, „einen schnell wachsenden Pool an verschwendeten Ressourcen hinzunehmen – und nebenbei auch die Langzeitarbeitslosigkeit zu fördern.“ Wer auf ältere Mitarbeiter verzichtet, verzichtet laut Gatterer zudem auf Vorteile. Ältere etwa könnten Kontinuität und Stabilität in eine immer flexibler werdende Arbeitswelt bringen; zudem würden „generationenübergreifende Arbeitswelten die Kompetenzen der Jungen mit der Erfahrung der Älteren verbinden“. Ergebnis? „Eine höhere Widerstandskraft, eine geringere Anfälligkeit in Krisensituationen.“

Der Zukunftsforscher spricht von der „silver society“, von einer silbernen Generation, und davon, „dass wir nicht nur immer älter werden, sondern auch anders altern“. Die Phase körperlicher und geistiger Vitalität werde immer länger, „wir bleiben länger jünger, altern langsamer, die 60-Jährigen von morgen sind fit und gesund wie heute die 45-Jährigen.“ Daraus ergeben sich Fragen: Blockieren unzeitgemäße Vorstellungen vom Alter die volkswirtschaftliche Reserve der Silver Potentials? Wie können Silver Potentials nachhaltig in den Arbeitsmarkt re-integriert werden, bevor sie in die Gruppe der schwer Vermittelbaren abrutschen? Fazit des Trendreports: Der Umgang mit älteren Menschen werde zu einem entscheidenden Faktor für die Region Vorarlberg.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Raphaela Stefandl, kam da zwangsläufig auch die Rede auf das von Finanzminister Hans Jörg Schelling in diesen Tagen wieder massiv propagierte Bonus-Malus-System – also jenes umstrittene System, das Unternehmen ab einer gewissen Größe eine verpflichtende Anzahl älterer Mitarbeiter vorschreiben will. Die Wirtschaft lehnt dieses Modell als illegitimen Eingriff in unternehmerische Freiheiten konsequent ab, Christoph Jenny unterstrich dies nochmals: „Es ist der falsche Ansatz, Unternehmer dazu zwingen zu wollen, ältere Mitarbeiter einzustellen – funktionieren kann das nur über eine positive Motivation, nicht mit Zwang.“ Ein solches Quotensystem, sagt Jenny, sei Planwirtschaft, indem die Politik dem Unternehmen die Mitarbeiterstruktur vorgebe: „In einer
sozialen Marktwirtschaft kann es das nicht sein.“ Wirtschafts­landesrat Karlheinz Rüdisser legte nach: „Von Quoten halte ich gar nichts.“ Wie könnte ein alternativer Lösungsansatz lauten? „Beispielsweise Lohnnebenkosten für die Einstellung älterer Mitarbeiter reduzieren.“

Was das Bonus-Malus-System im Endeffekt bringen würde, lässt sich auch aus einem Satz von AMS-Chef Anton Strini schließen. Strini sagte, dass älteren Arbeitslosen in der Regel mindestens eine von drei Voraussetzungen fehle: Qualifikation, Motivation, Gesundheit. Im Umkehrschluss hieße das, dass Unternehmer im Rahmen des Bonus-Malus-Systems ältere Arbeitslose aufzunehmen hätten, denen mindestens eine zentrale Voraussetzung fehlt. So deutlich angesprochen wurde das freilich nicht …

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