Herbert Motter

Geld anlegen in Corona-Zeiten

Juni 2020

Das Sparbuch hat es aktuell schwer. Die einst beliebte Vorsorgeform verliert weiter an Bedeutung.
Neue Veranlagungsideen wie das „Partizipationskapital“ machen die Runde,
und auch das Thema Nachhaltigkeit ist – nicht nur krisenbedingt – im Vormarsch.

Es galt lange Zeit als beliebteste Sparform der Österreicherinnen und Österreicher: das Sparbuch. Wir schreiben das Jahr 2020. Noch liegen Millionen und Abermillionen von Euros auf Sparbüchern in den Safes und „Geheimverstecken“ des Landes – besonders bei der älteren Bevölkerung. Doch das Papier-Sparbuch hat seine beste Zeit lange hinter sich. Dass das klassische Papier-Sparbuch heute weder Sparern noch Banken (rational gesehen) relevante Vorteile bringt, ist kein Geheimnis mehr. Im Februar dieses Jahres hat sich die Hypo NÖ als erste größere heimische Bank dazu durchgerungen, es abzuschaffen.
Immer wieder raten auch hierzulande Bankberater ihren Kunden vom Sparbuch ab. Ihr Argument: Der Null-Prozent-Leitzins der EZB kombiniert mit der Inflation lässt Sparbuch-Sparer de facto Geld verlieren. Laut Umfrage der Erste Bank Group vom Mai 2020 sind Sparklassiker, wie das Sparbuch mit 58 Prozent (minus vier Prozentpunkte, PP), der Bausparvertrag mit 41 Prozent (-9 PP) oder die Pensionsvorsorge mit 27 Prozent (minus fünf PP) in ihrer Attraktivität für die Anleger zurückfallen. Dagegen legten Wertpapiere (Fonds, Aktien und Anleihen) um drei Prozentpunkte auf 30 Prozent zu. Anlageformen wie Immobilien (13 Prozent; minus drei PP) erfahren ebenfalls einen Dämpfer.
Das klassische Sparen am Sparkonto als Vorsorge ist damit aktuell keine gute Idee, weil die Zinsen weit niedriger sind als die Inflation. Es empfiehlt sich eine breit gestreute, langfristige Investition am Kapitalmarkt. Das hört sich für viele riskant und spekulativ an, es gibt aber viele Möglichkeiten, das Risiko gering zu halten. Das Sparbuch allerdings abzuschaffen, gehe völlig am Problem vorbei, meint Bernhard Spalt, neuer Chef der Erste Group. „Unser Ziel muss sein, einen Weg zu finden, wie Kunden ein Vermögen aufbauen können. Und da ist auch die Politik gefragt. Denn wir brauchen funktionierende Kapitalmärkte, und die Banken müssen Produkte anbieten, die Kunden über einen längeren Ansparmodus und mit einem bestimmten Risiko die Chance auf Erträge einräumen.“ 
Laut einer Integral-Studie im Auftrag der Erste Bank bietet die Corona-Pandemie für ein Drittel der österreichischen Anleger (34 Prozent) eine vielversprechende Gelegenheit, um an den Aktienmärkten mitzumischen.

Partizipationskapital

Und es tun sich neue Optionen für Anleger auf. Krisenbedingt. Der ehemalige Chef der Erste Bank Group und jetzige Banken-Spartenobmann in der WKÖ, Andreas Treichl, wirft die Idee des „Partizipationskapitals“ auf: Kapitalstarke Österreicher stellen Eigenkapital für geringe Renditen zur Verfügung, um der Wirtschaft zu helfen, wieder in Schwung zu kommen. Von der Politik seien zur Bewältigung der Corona-Krise bislang zwar viele gute Instrumente eingesetzt worden, auf Dauer seien Kredite aber zu wenig. Stattdessen sollten Sparer motiviert werden, ihr Geld in heimische Unternehmen zu investieren, um „der österreichischen Wirtschaft wieder Schwung zu verleihen.“ Modelle, die das ermöglichen, hätten bereits 2009 gut funktioniert.
Auch Vorarlbergs Bankensprecher Werner Böhler kann diesem System etwas abgewinnen. „Es ist höchste Zeit, einen Markt für Risikokapital zu gründen. Die Geldinstitute könnten damit entlastet und der Wirtschaftsraum belebt werden.“ Als erstes müsste dafür aber Bewusstsein geschaffen werden. Zudem müsste die Politik attraktive Rahmenbedingungen schaffen, und die Unternehmen müssten bereit sein, das Kapital anzunehmen und dadurch auch Rechte abzugeben.

Nachhaltige Anlageprodukte

Ganz sicher ein Trend in dieser Corona-Krise sind nachhaltige Anlageprodukte. Dabei ist das Investieren unter Berücksichtigung der Faktoren Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung nicht nur etwas für Idealisten, denn auch mit nachhaltigen Geldanlagen lassen sich Rendite erzielen, ohne dabei Waffenproduktion, Kinderarbeit oder Gentechnik zu unterstützen. Davon einmal abgesehen, wissen wahrscheinlich die meisten Menschen gar nicht so genau, was ihr Geld macht, wenn es nicht gerade in der eigenen Brieftasche liegt. 
Ökologisch und sozial nachhaltige Finanzprodukte gewinnen in Österreich zunehmend an Bedeutung. Der Bestand an inländischen Investmentzertifikaten mit dem österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte des Bundesministeriums für Klimaschutz – der aktuell bei sieben Prozent des Gesamtvolumens aller inländischen Publikumsfonds liegt – ist im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um zwei Drittel gewachsen. Dies ist sowohl auf eine Zunahme der Zertifizierungen als auch auf Preiseffekte sowie auf Nettokäufe zurückzuführen. „Diese Entwicklung zeigt, dass bei Anlage- oder Investitionsentscheidungen auf den Finanzmärkten immer mehr auf das Prinzip der Nachhaltigkeit gesetzt wird“, sagt OeNB-Vize-Gouverneur Gottfried Haber, der anhand der Zahlen auch einen Hinweis darauf sieht, dass Transparenz und vertrauenswürdige Information in diesem Zusammenhang wichtige Schlüsselfaktoren für funktionsfähige Marktmechanismen seien.

Exkurs 

Gold, das glänzende Metall, ist weder eine Aktie noch eine Anleihe oder eine Währung. Es wird zwar abgebaut, hat aber von Natur aus einen inhärenten Wert, den die meisten Rohstoffe nicht haben. Obwohl es ähnlich wie Eisenerz, Kupfer und andere Metalle – und sogar Öl – aus dem Boden gewonnen wird, ist der Wert von Gold immanent. Andere Rohstoffe sind im Wesentlichen nur wenig wert – oder sogar zeitweise völlig wertlos, wie kürzlich beim negativen Ölpreis deutlich wurde – es sei denn, sie werden später in wertschöpfenden, nützlichen Produkten verarbeitet. Trotz des jahrtausendelangen wirtschaftlichen Fortschritts und der Entwicklung moderner Fiatwährungen behält Gold seinen Glanz als wertvolle Absicherung. Die Zentralbanken des 21. Jahrhunderts halten keine Öl-, Kupfer- oder Eisen­reserven in ihren Tresoren: Sie besitzen Gold.
In Krisenzeiten flüchten Investoren oft gerade wegen dieses intrinsischen langfristigen Werts in Gold. Zudem nutzen sie es als Absicherung gegen Inflation, weil es seinen Wert behält, wenn die Kaufkraft der Währungen abnimmt – und das, obwohl es keine Zinsen bringt. Da Gold international in Dollar bewertet wird, wird die längerfristige Preisentwicklung naturgemäß durch die Veränderungen der Realzinsen bestimmt.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.