Herbert Motter

Industrie: Stabil in unruhigen Zeiten

Februar 2016

Anhaltender Druck auf die Verkaufspreise und eine sinkende Produktivität. Vorarlbergs Industrie setzt auf eine starke Internationalisierung. Fehlende Investitionsanreize und bürokratische Auflagen hemmen allerdings das Geschäft.

Stabil und auf einem positiven Niveau, so lässt sich die Stimmung in der Vorarlberger Industrie kurz zusammenfassen. Über 60 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnen die derzeitige Geschäftslage als gut, nur ein Prozent aktuell als schlecht. Für das nächste halbe Jahr sind die Erwartungen wegen der Belastungen aus dem politischen und wirtschaftlichen Umfeld deutlich verhaltener. Die Geschäftslage in sechs Monaten wird von nur acht Prozent als günstiger eingeschätzt, 82 Prozent erwarten eine gleichbleibende Situation. Wie sehr das internationale Umfeld die Vorarlberger Industriebetriebe beeinflusst, zeigt der immer stärker werdende Druck auf die Verkaufspreise. Rund ein Drittel der befragten Unternehmen erwarten fallende Verkaufspreise in drei Monaten. Nur acht Prozent der Unternehmen rechnen damit, dass sie ihre gestiegenen Kosten an ihre Kunden in der Form von Preiserhöhungen weitergeben können. Bei der Entwicklung der Mitarbeiterstände rechnen acht von zehn Unternehmen mit einem stabilen Mitarbeiterstand. Zwölf Prozent planen sogar, diesen zu erhöhen.

Die stabile Lage lässt sich in erster Linie durch die erfolgreiche Exporttätigkeit der heimischen Industrie erklären. 69 Prozent sprechen von guten Auslandsaufträgen, bei nur einem Prozent sind diese derzeit schlecht. „Die Exportzahlen entwickeln sich für Vorarlberg sehr gut. Wir werden 2016 die Neun-Milliarden-Euro-Grenze voraussichtlich überschreiten. Ein möglichst breit aufgestellter Export erweist sich als essenziell“, erklärt Industrie-Spartenobmann Georg Comploj. Allein für Deutschland, unseren wichtigsten Handelspartner, dürften die Exporte nach Russland um ein Viertel oder neun Milliarden Euro einbrechen. Die negative Entwicklung seit Beginn der Sanktionen bedroht in Deutschland unmittelbar 150.000 Arbeitsplätze. Comploj plädiert daher dafür, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland gemeinsam mit den europäischen Partnern neu zu bewerten und zurückzunehmen, um weiteren Schaden von Europa abzuhalten.

KÖSt-Senkung einfach und wirksam

Die mit einer Milliarde Euro höchste Lohnnebenkostensenkung seit Jahrzehnten sei nur eine erste Stufe, der weitere Maßnahmen folgen müssten. Spartenobmann Comploj: „Eine schrittweise Senkung der KÖSt von derzeit 25 auf 20 Prozent wäre eine einfache Maßnahme mit starker Wirkung gegen die andauernde Investitionszurückhaltung.“

Teuer, aber unersetzbar

Vor großen Herausforderungen steht die für die Industrie so wichtige HTL-Ausbildung. „Wir sprechen von einer vergleichsweise teuren Ausbildung, von deren Finanzierung sich der Bund immer weiter zurückzieht. Für uns ist entscheidend, dass sich die drei Vorarlberger HTL-Standorte gemeinsam und nicht nebeneinander entwickeln, das bedeutet standortübergreifend“, sagt Comploj. In der HTL Dornbirn ist man auf einem guten Weg in Richtung Ausbildung für technische Textilien. „Das entspricht auch der marktökonomischen Realität.“

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