Registrierkassenpflicht – noch regiert das Durcheinander
Allein schon der sperrige Namen ließ nichts Gutes aus den Amtsstuben erahnen. Herausgekommen ist ein heilloses Durcheinander. Es mehren sich die Stimmen, die auf eine Verschiebung der Gesetzeswerdung für die Registrierkassenpflicht drängen.
Als eine Maßnahme zur Gegenfinanzierung der Steuerreform ist unter anderem eine ab 1. Jänner 2016 geltende Registrierkassenpflicht für Unternehmen vorgesehen. Von der Registrierkassenpflicht betroffen sind Betriebe ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro und jährlichen Barumsätzen von mehr als 7500 Euro pro Betrieb. Diese Betriebe sind verpflichtet, alle Bareinnahmen mit einer elektronischen Registrierkasse einzeln zu erfassen. Österreichs Unternehmen stehen damit unter Generalverdacht, in die eigene Tasche zu wirtschaften: Die Finanz erhofft sich von der neuen Kassenregelung, die Steuerhinterziehung zu unterbinden und mit den daraus gewonnenen Einnahmen die Steuerreform zu finanzieren. Rund 900 Millionen Euro sollen so in die Kassen von Finanzminister Schelling fließen.
Je mehr Details bekannt wurden, desto stärker wurde der Widerstand. Selbst der mächtige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll hat seine Meinung grundlegend geändert. Noch im März war Pröll „aus Gründen der Gerechtigkeit“ Feuer und Flamme für die Einführung. Jetzt will der Landeshauptmann, nach massiver Kritik auch aus den eigenen Reihen, die Unternehmer nicht mehr per se unter Generalverdacht sehen und bemängelte vor wenigen Tagen den hohen finanziellen Aufwand.
Erst einführen, dann reparieren
Doch dieser allein ist es nicht, der die Kritiker dieser Regelung auf den Plan ruft. Vielmehr verärgert der schlampige Schnellschuss von praxisfernen Schreibtischtätern am grünen Tisch. Einmal wird von einer typisch österreichischen Vorgehensweise gesprochen: erst einmal einführen und dann hinterher reparieren. Manfred Rein, Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg: „Transparenz ist wichtig. Ein gleichberechtigter Wettbewerb muss aber auch ein machbarer sein. Unverständlich ist mir, dass die technischen Voraussetzungen nicht vor dem Gesetzeserlass überprüft wurden.“ Rein erwarte sich einen Vollzug mit Augenmaß. Nicht gegen die Einführung an sich, sondern gegen komplizierte Verordnungen und zusätzlichen bürokratischen Aufwand vor allem für Kleinunternehmer setze man sich zur Wehr.
„Die Beamten im Finanzministerium dürfen beim Thema Registrierkassenpflicht die Realität nicht komplett aus den Augen verlieren. Der administrative, finanzielle und technische Mehraufwand für die Kaufleute steht in keinerlei Verhältnis zu den von der Finanz erhofften Zusatzeinnahmen“, heißt es aus Wirtschaftskreisen. Die angepeilte Summe von 900 Millionen wackle bereits. Selbst für Experten sei das Regelwerk unverständlich und die Umsetzungsfrist viel zu kurz.
Noch gibt es nämlich keine einzige Kasse auf dem Markt, die den Anforderungen entspricht, die das Finanzministerium an die Software stellt. Auf massive Kritik stößt etwa bei der Kammer der Wirtschaftstreuhänder das zweigeteilte Inkrafttreten, wonach Unternehmen ab Jänner 2016 mit einer elektronischen Registrierkasse und ab Jänner 2017 zusätzlich mit einer technischen Sicherheitseinrichtung gegen Manipulation ausgestattet sein müssen. Die betroffenen Unternehmen – und das sind im Gewerbe um die 95 Prozent – werden dazu verpflichtet, bis Jahresende Kassensysteme anzuschaffen, von denen sie erst im Nachhinein erfahren werden, was diese dezidiert können müssen. Noch dazu sind die Kosten für neue oder für das Umrüsten bestehender Kassen gerade für die vielen Klein- und Kleinstbetriebe keine Lappalie.
Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof
Selbst die in den vergangenen Wochen erreichten Erleichterungen, wie etwa Übergangsfristen ohne Strafen, und diverse Ausnahmeregelungen in besonders unsinnigen Fällen – etwa bei Umsätzen im Freien oder für mobile Gruppen und beim Verkauf auf Messen – können nicht über den steigenden Unmut hinwegtäuschen. Drei steirische Kleinunternehmen haben dazu eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Der dortige WK-Präsident Josef Herk, der die drei Betriebe dabei unterstützt, meint: „Diese Herumwurschtlerei muss aufhören. Viele Unternehmen verlieren da einfach die Lust, unternehmerisch tätig zu ein.“
Es mehrt sich der Widerstand in den Ländern. Nach dem Burgenland fordern auch Ober- und Niederösterreich eine Anhebung der Umsatzfreigrenze auf 30.000 Euro. Ein ÖVP-Antrag an die NÖ-Landesregierung geht sogar noch einen Schritt weiter. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, „die derzeit vorliegenden Regelungen betreffend Registrierkassenpflicht und Belegerteilungsverpflichtung solange auszusetzen, bis neue Lösungen gefunden werden, die sicherstellen, dass Klein- und Kleinstunternehmen sowie mittelständische Betriebe keinen ungebührlichen finanziellen und bürokratischen Belastungen ausgesetzt werden”. Vonseiten des Vorarlberger Landtags ist bislang keine Vorgehensweise in ähnlicher Richtung bekannt.
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