Hans-Peter Metzler

Alt-Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg

(Foto: ©Markus Gmeiner)

Sehen und verstehen

Oktober 2020

Man muss die Emotionen sehen und verstehen, man muss aber auch das Faktische berücksichtigen, so schwer das auch fällt in der aktuellen Situation. Aber Deutschland hat eben eine Reisewarnung für Vorarlberg ausgesprochen, weil in Vorarlberg in sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner aufgetreten waren. Und dadurch ist eine Situation entstanden, die bei weiterer Fortdauer unserem Bundesland schweren Schaden zufügen könnte. Der Tourismus, Handel und Gewerbe und die Industrie sind von der aktuellen Situation betroffen, die Reisewarnung der Deutschen ist in der Tat „ein harter Schlag“, wie Landeshauptmann Markus Wallner jüngst bemerkte. Vorarlberg steht unter Beobachtung der Nachbarländer. Und nur vor diesem Hintergrund sind die Maßnahmen zu sehen und zu werten, die zum Schutz des Wirtschaftsstandorts Vorarlberg getroffen wurden; es ist alles daran zu setzen, die Zahl an Neuinfektionen wieder zu senken.
Es ist, bei allem Verständnis für die Emotionen Betroffener, die Gesamtsituation des Landes in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen. Verhaltensökonom Matthias Sutter, in diesen Zeiten ein gefragter Gesprächspartner, hat in einem Interview zuletzt dazu aufgerufen, sich jetzt in Geduld zu üben, um Corona schnellst- und bestmöglich überwinden zu können. Sutter hatte dabei Geduld als „Abwägen zwischen Gegenwart und Zukunft“ definiert, aber auch angefügt, dass man sich in diesem „Geduldig-Sein“ auch immer bewusstmachen müsse, „wofür man in der Gegenwart eine bestimmte Einschränkung akzeptiert.“ Und dieses „Wofür“, das hat die Politik bisher nicht ausreichend transparent gemacht und nicht ausreichend kommuniziert, vor allem nicht bei den unmittelbar Betroffenen.
Wir alle haben uns in einer Situation, die wieder bedrohlicher geworden ist, zurechtzufinden, so gut es geht. Es heißt ja, dass es in der aktuellen Situation keine richtigen und keine falschen, sondern nur getroffene und nicht getroffene Entscheidungen gibt. Aber die von der Politik getroffenen Entscheidungen müssen künftig in einen anderen Umgang mit der Pandemie münden: Wir werden lernen müssen, mit und nicht gegen Corona zu wirtschaften und zu leben. Denn da wären wir wieder beim eingangs Gesagten: Man muss auch die Emotionen sehen und verstehen. 

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