Herbert Motter

Wer nicht einstellt, zahlt

Oktober 2014

Auch in den nächsten Jahren wird die konjunkturelle Entwicklung nicht stark genug sein, um den Arbeitsmarkt zu entlasten. Eine Gruppe der Leidtragenden bleiben die Älteren. Neue Modelle, wie etwa ein Bonus-Malus-System mit Strafzahlungen, sollen helfen. Bei dieser Idee kommt aber nicht nur Freude auf.

Mit 55 Jahren ist das Berufsleben keineswegs vorüber. Und doch kommt die Generation über 55 immer weniger in der Berufswelt vor. Auch hier zeigt sich die Ambivalenz des Arbeitsmarkts. Bei den über 50-Jährigen hat die Demografie deutlich ihre Spuren hinterlassen und für mehr Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe gesorgt. Aber eben nicht, wie oft fälschlicherweise vermutet, nur durch Kündigungen, denn die Anzahl der Beschäftigten in der Gruppe 50 plus ist überproportional angestiegen, weil ein geburtenstarker Jahrgang über diese Altersgrenze gerutscht ist.

Dass der Anstieg der Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe alarmierend ist, verhehlt aber keine der beiden Sozialpartnerseiten. Doch wie Modelle zur Gegensteuerung aussehen sollen, darüber herrscht kategorische Uneinigkeit.

Geht es nach Arbeiterkammer und ÖGB, muss die Quote her, um ältere Arbeitnehmer länger im Berufsleben zu halten. Jeder Betrieb soll pro 20 Mitarbeiter einen Dienstnehmer beschäftigen, der mindestens 55 Jahre alt ist. Falls nicht, fällt eine Ausgleichstaxe an. Die Idee hat längst Eingang ins Regierungsprogramm gefunden.

Insgeheim wollen Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter mit der Forderung die Folgen eines Zickzackkurses kaschieren, der zu dieser prekären Situation überhaupt erst geführt hat. Mit der Ersetzung der Forderung „Recht auf Arbeit“ durch die Devise „45 Jahre Arbeit sind genug“ folgte der Run auf Hackler-Frühpension und Invaliditätspension und damit ein Überlaufen des Fasses.

Für den Experten im Bereich Generationenmanagement, Heinrich Geissler, kann ein solches Bonus-Malus-System kurzfristig durch den Bonus etwas bewirken. Es könne aber auch wieder ausgehebelt werden, wenn dann Ältere noch früher arbeitslos werden, nur um dem Malus zu entgehen. Eine Meinung, die auch Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider teilt. Ein solches System fungiere als Verschiebebahnhof zwischen Arbeitslosigkeit und Frühpension.

Weil der Arbeitsmarkt die wachsende Zahl von Arbeitsuchenden aber kaum mehr aufnehmen kann, können ältere Mitarbeiter nur auf Kosten anderer Altersgruppen beschäftigt werden. Woher die „altersgerechten“ Arbeitsplätze in speziellen Branchen kommen sollen, ist weiter schleierhaft.

Unattraktiver dürfe die Beschäftigung älterer Mitarbeiter nicht werden, es brauche Entlastung, argumentiert die Arbeitgeberseite und lehnt ein Bonus-Malus-System ab. Quoten für Ältere und Strafen für die Nichteinhaltung werden als ungerecht eingestuft. Ein unnötiger bürokratischer Aufwand sei zudem damit verbunden. Über Anreize zur Beschäftigung Älterer und Pönalen bei Kündigung könne dagegen schon eher gesprochen werden. Davon halten die Arbeitnehmervertreter aber wenig, da Strafzahlungen für die Kündigung älterer Mitarbeiter in den meisten Fällen wirkungslos sind, weil ohnehin wenig angestellt sind. Geissler hofft immer noch auf einen gesellschaftlichen Konsens in Österreich, dass Älterwerden nicht gleichzeitig Leistungsminderung bedeutet, dass die Erfahrung der Älteren gebraucht wird und dass die Arbeitswelt so gestaltet werden kann, dass Ältere möglichst gesund das gesetzliche Pensionsalter erreichen können. Möglich machen soll dies auch der schrittweise Umbau des Entlohnungssystems, also höhere Einstiegsgehälter und deutlich flachere Einkommensentwicklung danach.

„Wenn die Arbeitswelt alternsgerecht wird, dann können Maßnahmen wie in Finnland überlegt werden: Dort entscheiden fünf Jahre vor dem gesetzlichen Pensionsalter alleine die Arbeitnehmer, ob sie weiterhin arbeiten. Das bedeutet, dass alle Unternehmen ein Interesse daran haben, Ältere sehr produktiv einzusetzen“, sagt Geissler.

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