Wilfried Hopfner

Präsident der Wirtschaftskammer Vorarlberg, Herausgeber Thema Vorarlberg

Whatever it takes!

Mai 2022

Es ist Aufgabe und Funktion der Europäischen Zentralbank EZB – eigentlich die einzige gemäß ihrer Satzung – für Geldwertstabilität zu sorgen. Als ab 2008, in Folge von Lehman und der Wirtschaftskrise, die Euro-Krise ausgebrochen war, hatte die EZB die Zinsen gesenkt, um wirtschaftspolitische Maßnahmen zu setzen und die südeuropäischen Staaten zu stützen. Der damalige EZB-Präsident Mario Draghi hatte gesagt „Whatever it takes“. Und es war diese Botschaft, die den internationalen Märkten versicherte, man werde alles tun, um zu verhindern, dass nach Griechenland ein weiterer europäischer Staat in Schieflage gerät. In Folge dieser Botschaft hatten sich die Märkte entkrampft. Und heute? 
In Zeiten der Inflation? Hätte die EZB die Zinsen längst schon wieder erhöhen müssen; wie es die FED, die US-amerikanische Notenbank bereits seit einiger Zeit tut. Die EZB hätte sich verabschieden müssen von dem ab 2008 eingeschlagenen Kurs, mit billigem Geld Wirtschaftswachstum zu erzielen, sie hätte dem Markt Geld entziehen müssen. Wenn Geld keinen Wert mehr hat, füllen Spekulanten ihre Lager, speisen diese nicht in die Wirtschaftszyklen ein, produzieren Nachfrage und verschärfen damit zusehends das Problem der Inflation. Natürlich sind Lieferkettenpro­bleme, die Verknappung von Rohstoffen und die extrem gestiegenen Energiekosten die entscheidenden Treiber der Inflation. Und natürlich hat die russische Aggression die bereits mit Beginn der Pandemie entstandenen Probleme auf drastische Weise weiter verschärft. Aber die EZB hätte auch in dieser Situation sagen müssen, was sie damals gesagt hatte: „Whatever it takes! Wir werden Inflation bekämpfen!“ Dieses Signal, es hätte die Märkte entkrampft; allein die Botschaft in die Märkte und an die Menschen wäre entscheidend gewesen. Nun hat die EZB, deren Analysten sich lange in Realitätsverweigerung übten, Zinsschritte angekündigt, endlich; sie hätte sie längst machen müssen. 
Denn die Inflation zeigt sich längst schon in den Geldbörsen der Menschen, auch deswegen ist ihre Bekämpfung so schwierig geworden. Und wie schwierig die Bekämpfung sein wird, das wird sich auch in den Gehaltsverhandlungen im Herbst zeigen: Die Arbeitnehmer werden zu Recht einen Inflationsausgleich wollen. Aber schließt man zu dieser hohen Inflationsrate ab, dann werden die erhöhten Gehalts- und Lohnkosten den Teufelskreis – die Lohn-Preis-Spirale –, weiter befeuern. Das gilt es zu verhindern! Wir müssen vernünftige Abschlüsse erzielen. Und der Staat sollte versuchen, über Steuerungsmaßnahmen – punktgenau und nicht mit der Gießkanne für alle – dort zu entschärfen, wo tatsächlich Entschärfung in den Geldbörsen notwendig ist. Politik und Sozialpartner müssen für den Herbst eine gute Lösung finden, damit die Lohn-Preis-Spirale nicht weiter ausbricht; es werden entscheidende Verhandlungen sein.

Kommentare

To prevent automated spam submissions leave this field empty.