Dorothee Glöckle

 

 

Das Waldmodell der Zukunft

März 2019

Die Region Vorderwald-Egg ist eine von österreichweit 20 Modellregionen, die sich intensiv mit dem Thema Klimawandelanpassung befassen und die einzige mit dem Schwerpunkt „klimafitte Forstwirtschaft“. Grund dafür sind die besonders wertvollen und in Österreich selten vorkommenden Plenterwälder, die als widerstandsfähiger gegenüber Klimawandelrisiken angesehen werden.

Der österreichische Klima- und Energiefonds hat im Herbst 2016 gemeinsam mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) ein Förderprogramm entwickelt, das Gemeinden und Regionen unterstützt, sich mit den Folgen des Klimawandels zu befassen – sich vor den Risiken zu wappnen, aber auch mögliche Chancen auszuloten. Seit Frühjahr 2018 sind österreichweit 20 Modellregionen mit insgesamt 176 Gemeinden am Start. Vorderwald-Egg ist die bisher einzige Klimawandelanpassungs-Modellregion (KLAR!-Region) in Vorarlberg.

Veränderungen

Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Alpenraum und damit auch Österreich von den Auswirkungen des Klimawandels stärker betroffen sein wird als der europäische Durchschnitt: Mit einem Temperaturanstieg von nahezu 2 Grad Celsius seit 1880 wird die durchschnittliche globale Temperaturerwärmung um mehr als das Doppelte überschritten. Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik prognostiziert, dass der Alpenraum wärmer und feuchter (im Nordwesten), trockener (im Südosten) und insgesamt schneeärmer werden wird. Dazu kommen schleichende Veränderungen, die auch schon heute zu beobachten sind, wie beispielsweise die Verbreitung von Neophyten oder der vorzeitige Vegetationsbeginn, der zum Beispiel Schäden durch Spätfröste verursacht – düstere Aussichten für ein Land wie Österreich, in dem Land- und Forstwirtschaft sowie der (Winter-)Tourismus eine wichtige Rolle spielen.

Folgekosten

Österreichs Volkswirtschaft wird bis 2050 Schäden, die durch den Klimawandel verursacht werden, in Höhe von bis zu 8,8 Milliarden Euro jährlich zu verkraften haben. Das besagt die im Auftrag des Klima- und Energiefonds 2015 veröffentlichte Studie zu den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels „COIN – Cost of Inaction: Assessing the Costs of Climate Change for Austria“. Kommen extreme Wetterereignisse hinzu – wie beispielsweise ein Jahrhunderthochwasser –, können diese bis Ende des Jahrhunderts sogar um weitere 41 Milliarden Euro allein im Gebäudesektor ansteigen.

Strukturen und Strategien

Die kleinräumige geografische und geologische Struktur Österreichs stellt die Regionen vor ganz unterschiedliche Herausforderungen. Im Osten und Südosten werden zum Beispiel die Hitzetage zunehmen. In anderen Regionen wiederum können die höheren Temperaturen auch Vorteile bringen beziehungsweise neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel dank angenehm lauer Sommertage den Sommertourismus ankurbeln oder Wein- und Getreideanbau in höheren Lagen ermöglichen.

Auf diese klimatischen Veränderungen haben der Klima- und Energiefonds in Kooperation mit dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und mit dem Förderprogramm Klimawandel-Anpassungsmodellregionen reagiert. 2017 gingen die ersten KLAR!-Regionen an den Start. Im ersten Schritt erarbeiteten diese auf Basis der Klimadaten ihrer Region ein Konzept zur Klimawandelanpassung und definierten daraus abgeleitet konkrete Maßnahmen, die in den nächsten Jahren gesetzt werden. 
Modellregion Vorderwald-Egg

Die Region Vorderwald-Egg ist eine von österreichweit 20 Modellregionen, die sich intensiv mit dem Thema Klimawandelanpassung befassen. Es ist die einzige Region in Vorarlberg und darüber hinaus die einzige in ganz Österreich, die sich dem Schwerpunkt „klimafitte Forstwirtschaft“ widmet.
Die Gemeinden sind geprägt von Landwirtschaft, Wald, Tourismus und (Holz-)Handwerk und sind daher von den bevorstehenden Veränderungen stark betroffen. Eine für Erosionsprozesse anfällige Geologie (Molasse- und Flyschböden), die hohen Jahresniederschläge (1800 bis 2500 Millimeter) und eine zunehmende Wahrscheinlichkeit für Starkniederschläge bergen zudem ein erhöhtes Risiko für Naturgefahren. Der Wald ist für die Region eine Lebensversicherung gegen Naturgefahren, Rückgrat der Wirtschaft und auch Erholungsraum.

Seltene Plenterwälder

Das Waldbild wird geprägt von besonders wertvollen und in Österreich selten vorkommenden Plenterwäldern, die als widerstandsfähiger gegenüber Klimawandelrisiken angesehen werden. Es sind Dauerwälder, in denen Bäume aller Dimensionen kleinstflächig bis einzelstammweise vermischt sind. Im Plenterbetrieb werden einzelne Bäume gefällt und so ein permanenter Hochwald geschaffen. Trotz des vermeintlich urwald­ähnlichen Charakters ist der Plenterwald ein bewirtschafteter Forst. Dem gegenüber stehen in Tieflagen, auf wiederbewaldeten ehemaligen land- beziehungsweise alpwirtschaftlich genutzten Flächen standortuntypische Fichtenwälder, die ein erhebliches Risiko darstellen. Zentrales Anliegen der Region ist es daher, die vorhandenen Plenterwälder zu erhalten und bestehende Fichtenbestände langfristig in strukturierte, stabilere Waldbestände zu überführen.
Gemeinsam mit dem Landesforstdienst und der Universität für Bodenkultur Wien als Partner wird eine Plenterwaldfibel erarbeitet, um das Wissen für einen angepassten Waldbau, klimatolerante Baumarten und den Umbau von Fichtenwäldern zu Plenterwäldern zu erhöhen. Damit soll nicht nur der Bekanntheitsgrad der Plenterwälder an sich erhöht werden, sondern auch ihr Wert als forstliches Kulturgut und als Waldmodell der Zukunft über die Region hinausgetragen werden – untermauert mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Good-Practice-Beispielen.

Waldmodell der Zukunft

Diese Möglichkeit bot sich der Region Vorderwald-Egg in letzter Zeit gleich mehrmals: Der Klima- und Energiefonds nahm vergangenen Dezember als Partner des Österreich-Pavillons der Wirtschaftskammer Österreich bei der UNO-Klimakonferenz im polnischen Katowice teil. Die Region Vorderwald-Egg war eingeladen, ihre Erfahrungen vor einem internationalen Publikum zu präsentieren. Auch im Rahmenprogramm des Netzwerks der Klimaforschung Österreichs („Climate Change Centre Austria“) waren die klimafitten Wälder aus Vorarlberg gefragt.

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